Wälder leiden unter dem Klimawandel

von Vitus Ortner und Katharina Salzer
Der Rekord-Hitzesommer 2022 ist vorüber, doch er hinterlässt seine Spuren. Der Wald in Österreich wurde diesen Sommer schwer getroffen und könnte uns das im Winter spüren lassen.
Wer aktuell etwa in Osttirol wandern geht, sieht an vielen Hängen keinen prächtigen Wald, sondern nach Schlachtfeld anmutende kahle Holzzacken. Das ist das Werk des Borkenkäfers und anderer Schädlinge. Nun gibt es tote Wälder – und Sorgen um den Lawinenschutz für ganze Dörfer und Gemeinden.

Artenreiche Gruppe
In Europa sind etwa 300 Borkenkäferarten heimisch. Viele Arten pflanzen sich unter der Borke in selbstgebohrten Gängen fort
Wie man Befall erkennt
Harzfluss oder kleine Harztropfen an der Rinde sind ein Zeichen genauso wie kleine kreisrunde Einbohrlöcher am Stamm, braunes Bohrmehl am Stammfuß oder Verfärbung der Krone (fahlgrün bis rot)
Die Forstwirte stehen vor einem Dilemma: Normalerweise würde man befallenes und totes Holz aus dem Wald holen und nutzen. So könnte man auch die weitere Ausbreitung der Schädlinge eindämmen, denn Schadholz ist der ideale Nährboden für sie. Der Befall ist inzwischen jedoch so stark, dass dann nicht mehr genug Wald da wäre, um sich zwischen Lawine und Siedlung zu stellen.
Priorität
Entsprechend schauen einige Waldstücke in Osttirol oder dem Kärntner Mölltal inzwischen aus. Karge Holzgerippe, wo kräftige Bäume standen. Der Lawinenschutz hat jedoch Priorität, erklärt Felix Montecuccoli, Präsident des Branchenverbandes Land&Forst-Betriebe Österreich. In so einem Fall von schweren Schäden würde man querschlagen. Das heißt, man schneidet die Bäume höher als üblich ab und legt die Stämme quer zum Hang an die stehengelassenen Baumstumpfe. Dadurch entsteht etwas ähnliches wie eine Lawinenverbauung.
Ist die aber so sicher wie ein gesunder Wald? Andreas Pichler von der Wildbach- und Lawinenverbauung beruhigt: „Jede Erhöhung der Rauigkeit im Gelände ist ein Gewinn, der Schutz ist gegeben. Man muss solche Situationen aber genau beobachten. Wenn der Wald zu sehr ausdünnt, braucht es technische Verbauung.“ Diese sei aber sehr teuer, etwa 300.000 bis 500.000 Euro Kosten können pro Hektar anfallen. Deshalb muss das Ziel sein, dass im Schutz des Querschlags ein neuer Wald entsteht, entweder natürlich oder durch Aufforstung. Der bietet dann wieder günstigen und nachhaltigen Schutz.
Extrem
Damit ihm aber nicht wieder dasselbe passiert, wird sich der Wald verändern müssen. Denn der Klimawandel macht Sturm- und Hitzeereignisse häufiger.
Heuer ist es nicht nur der Sommer, der heiß war. Dieser Oktober dauert zwar noch eine Woche. Doch schon jetzt steht laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) fest, dass er einer der wärmsten in Österreichs Messgeschichte ist, wenn nicht der wärmste. Und im Süden und Osten Österreichs verläuft er ausgesprochen trocken. Wie schon der Herbst 2021, der der trockenste seit 35 Jahren war.
Was passiert bei anhaltender Dürre mit den Bäumen? In den Leitungsbahnen des Baumes entstehen irreversible Embolien. Dann kann die Wasserversorgung oberhalb zusammenbrechen und Teile des Baumes oder der gesamte Baum absterben. Die trockenen Blätter und Nadeln haben dann Pilzinfektionen oder Insekten weniger entgegenzusetzen.
Widerstandsfähig
Mit Extremereignissen steigt also die Gefahr für starken Schädlingsbefall. Mischwälder sind deutlich widerstandsfähiger als die in Österreich weitverbreiteten Fichten-Monokulturen – der Wald besteht fast zur Hälfte aus Fichten. Deshalb empfiehlt das Bundesforschungszentrum für Wald, mit artenreichen Mischwäldern wieder aufzuforsten (siehe rechts). Die Schädlinge haben nämlich Schwierigkeiten, von einer Baumart zur anderen zu hüpfen.
In einigen Jahrzehnten sind an Osttiroler Hängen also hoffentlich wieder nur im Herbst kahle Wälder zu sehen.
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