„Auch Grüne posieren im Dirndl“
Wenn jemand zu einem Geschäftstermin in Tracht erscheint, ist das ziemlich ungewöhnlich. Nicht für Max Gössl. Der 34-jährige Salzburger tritt prinzipiell in Tracht auf. „Das gehört zu mir dazu“, sagt er im KURIER-Gespräch lachend. Kein Wunder: Gössl ist Geschäftsführer der gleichnamigen Trachtenmarke und nichts verkörpert das besser, wenn der Chef seine eigenen Kollektionen zur Schau stellt.
Nicht nur beruflich, sondern auch privat trägt er fast nur Kreationen aus dem eigenen Haus. Von konservativ/klassisch bis modernen Varianten sei in seinem Kleiderschrank alles vorhanden.
Gössl ist seit 2014 in der Geschäftsführung des Familienbetriebs, vor kurzem hat er die Chefposition in dritter Generation von seinem Vater übernommen, der noch beratend zur Seite steht. Das Unternehmen gibt es bereits seit mehr als 70 Jahren. Zunächst wurden nur Blusen hergestellt, seit Anfang der 80er gibt es Trachtenbekleidung von Kopf bis Fuß (inklusive Schuhe) für Frau, Mann und Kind.
Franchisepartner
Vor knapp 20 Jahren begann man auch eigene Shops zu entwickeln, inzwischen sind es knapp 40 im deutschsprachigen Raum. „Ein paar weiße Flecken gibt es hier noch“, sagt Gössl. Rund die Hälfte der Shops werde von Franchisepartnern geführt. „Wir suchen laufend neue Partner.“ Auf dem Weg in die Selbstständigkeit würden die Betreiber, zum Teil Quereinsteiger aus anderen Branchen, dahingehend ausgebildet, auf was es bei Trachtenkleidung ankommt.
Onlineshop offline
Der Onlineshop ist seit geraumer Zeit wegen einer technischen Umstellung nicht in Betrieb. Gössl sieht den Vertrieb übers Internet ohnehin deutlich nachrangig. „Er ist vor allem ein Informationstool. Wesentlich mehr wird in Geschäften gekauft.“ Neben dem deutschsprachigen Klientel würden sich vor allem US-Amerikaner, Briten, Araber und Inder für Gössl-Trachten interessieren.
Für eine vollständige Einkleidung zahlt ein Kunde laut Gössl im Durchschnitt zwischen 700 bis 2000 Euro, wobei es auch Ausreißer nach oben gibt. Eine Hirschlederhose oder ein Dirndl kommt auf zwischen 1000 und 3000 Euro. Das Material für rund 100.000 gefertigte Stück komme großteils aus Österreich, die Fertigung erfolge in Ungarn.
Nicht nur aus Preisgründen. „In Österreich gibt es schon seit den 80er-Jahren kaum noch Näherinnen, in Ungarn wird es auch langsam eng.“ Mit rund 100 Mitarbeitern erwirtschaftet Gössl jährlich rund zwölf Millionen Euro Umsatz.
Premium-Marke
Gössl versteht sich als Premium-Marke, die Billiganbieter aus Supermärkten stören ihn daher nicht. „Für all jene, die Tracht nicht nur zu Oktoberfesten anziehen, sondern dauerhaft Gefallen daran finden, ist das ein Einstieg.“ Mit einer Tracht sei man nie underdressed, findet Gössl, sie sei salonfähig, egal ob beim feierlichen Abendessen oder beim Opernbesuch.
Dass manche mit Tracht mehr verbinden als reine Tradition – nämlich Deutschtümelei –, ist für Gössl ein Ärgernis. „Die Tracht wurde von den Nazis missbraucht, aber das ist eine veraltete Denkweise, die medial hochgekocht wird. Auch die Grünen posieren inzwischen im Dirndl.“
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