ATX-Vorstandsgagen: Wie viel ein Konzernchef wert ist

ATX-Vorstandsgagen: Wie viel ein Konzernchef wert ist
Ein ATX-Vorstandschef hat mit heutigem Tag im Schnitt schon so viel verdient wie ein Durchschnittsverdiener im ganzen Jahr.

Die Gehaltsschere zwischen Top-Management und Belegschaft ist weiter aufgegangen: Um das mittlere Jahreseinkommen (Median) eines österreichischen Arbeitnehmers zu erhalten, muss ein Vorstandsvorsitzender eines ATX-Unternehmens im Schnitt nur vier Tage lang arbeiten. Im Vorjahr waren es noch sechs. Der so genannte "Fat Cat Day" fällt damit heuer bereits auf den 8. Jänner.

Der "Fat Cat Day" (zu Deutsch: "Fette-Katzen-Tag") wird jährlich von der britischen Lobbygruppe "High Pay Centre" errechnet und bezeichnet jenes Datum, an dem die Chefs von börsenotierten Konzernen so viel verdient haben, wie ein Durchschnittsverdiener im ganzen Jahr. Als "fette Katze" werden dabei wenig schmeichelhaft Manager mit besonders hohen Gehältern bezeichnet.

ATX-Check

Die Arbeiterkammer Wien (AK) ermittelte für den KURIER die Gehaltsschere für Österreich anhand der Geschäftsberichte 2018 der 20 heimischen ATX-Unternehmen. Die Annahme erfolgte analog zur britischen Berechnung. Ein Vorstandsvorsitzender arbeitet demnach 12 Stunden am Tag, nimmt sich an einem von 4 Wochenenden frei und kommt mit 10 Tagen Urlaub plus 9 Feiertagen aus. In Summe arbeitet er 320 Tage oder 3.840 Stunden.

ATX-Vorstandsgagen: Wie viel ein Konzernchef wert ist

Demnach mussten Bawag-Vorstandschef Anas Abuzaakouk und OMV-Boss Rainer Seele für das Jahresmedianeinkommen eines österreichischen Beschäftigten (31.776 Euro brutto) nur zwei Tage arbeiten. FACC-Chef Robert Machtlinger kommt am Ende der Liste auf immerhin 16 Tage (Grafik). Zum Vergleich: Bei den Chefs börsenotierter Konzerne in Deutschland sind es 3,5 Tage, in Großbritannien zwei.

ATX-Vorstandsgagen: Wie viel ein Konzernchef wert ist

Bawag-Chef Anas Abuzaakouk war 2018 der Spitzenverdiener im ATX

Relation soll stimmen

AK-Betriebswirtin Christina Wieser kritisiert die zunehmende Schieflage bei den Gehältern. Sie fordert von den Aufsichtsräten, eine "angemessene Relation zwischen Vorstands- und Belegschaftsvergütung im Unternehmen" festzulegen, Höchstgrenzen zu definieren, sowie nicht-finanzielle Kriterien wie Sozial- und Umweltbelange stärker zu berücksichtigen.

Schon jetzt belohnen zehn der 20 ATX-Unternehmen ihre Chefs auch nach qualitativen Zielvorgaben, etwa der Umsetzung einer bestimmten Strategie oder Verbesserungen im Bereich Umweltschutz. Die meisten Ziele sind jedoch sehr vage formuliert und werden nur zu einem geringen Teil berücksichtigt. Eine Ausnahme ist hier die Post, die immerhin ein Drittel (35 Prozent) der variablen Vergütung des Vorstands an nicht-finanzielle Aspekte aus dem Bereich Kundenorientierung (z.B. Zustellqualität) knüpft. "Damit es nicht bei reiner Symbolik bleibt, sollte die Leistung des Vorstands mit mindestens 20 Prozent nicht-finanzieller Zielvereinbarung honoriert werden", fordert Wieser.

Aktionäre reden mit

Mehr Mitsprache durch die Aktionäre, aber auch mehr Transparenz in Sachen Vorstandsvergütung, soll das neue Aktienrechts-Änderungsgesetz bringen, das mit Jahresbeginn in Kraft trat. Es beruht auf einer EU-Richtlinie. Ab sofort stimmen bei allen börsennotierten Unternehmen die Aktionäre auf der Hauptversammlung über die Vorstandsgehälter ab. Mögliche Gehaltsexzesse, die in der Öffentlichkeit nicht gut ankommen, können so per Abstimmung verhindert werden.

Der Aufsichtsrat muss ferner einen ausführlichen Vergütungsbericht mit detaillierten Angaben über die finanziellen und nicht-finanziellen Kriterien zur Leistungsbeurteilung vorlegen. Dadurch soll für Investoren transparenter sein, wie ernst es der Konzern in Sachen Umweltschutz, Nachhaltigkeit oder soziale Gerechtigkeit nimmt.

Kommentare