Als Satireprojekt gedacht, persifliert die Facebook-Seite "Hunde raus aus Österreich" rechte Hetz-Kampagnen. Eigentlich. Mit wachsendem Erfolg laufen immer mehr Hundebesitzer Sturm.
29.06.15, 13:58
Hunde raus aus Österreich!" Die Forderung der gleichnamigen Facebook-Seite ist absurd - und doch nicht ganz aus dem Blauen gegriffen.
Das heißt, eigentlich schon, wurde die Seite doch "als Satireprojekt gegen Rechts" ins Leben gerufen, wie einer der drei Administratoren von "Hunde raus aus Österreich!" (HRAÖ) im KURIER-Gespräch erklärt.
Uns so wird mit ähnlich vertrauten Phrasen, mit denen hierzulande Asylwerbern ("Asylanten") begegnet wird, unverblümt gegen Hunde gehetzt. "Es findet derzeit eine massive Überhundung statt", heißt es etwa in einem der Postings. "Laut einer Studie der UNICEF gibt es im Jahr 2058 mehr Hunde als Menschen in Österreich. Um 2070 wird der Mensch landesweit ausgestorben sein". Die Hetze funktioniert mit System - und mit neuen Opfern.
Mehr als 10.000 Menschen "gefällt das" inzwischen. Tendenz steigend. Natürlich auch, weil Medien inzwischen auf die Seite aufmerksam geworden sind. So brachteThe Gap etwa ein Interview mit KC Streichel - die blauäugige Katze kämpft auf HRAÖ für die
Abschiebung der Hunde. Ein gelungenes Projekt also, das die Mechanismen rechter Rhetorik offenlegt, indem es den "besten Freund des Menschen" an die Stelle echter Menschen stellt? Sicher.
Doch HRAÖ stößt auch auf massive Kritik - und zwar von durchaus unerwarteter Seite. Weniger die FPÖ-Sympathisanten, die sich durch die (auch grafisch) im Stil der Partei gehaltenen Bilder und Postings auf den Schlips getreten fühlen könnten, protestieren. Es sind vor allem Tierschützer und Hundefreunde, die keinen Spaß verstehen, wenn es darum geht, dass "Hunde abgeschoben werden sollen" - so offensichtlich abstrus diese Forderung auch sein mag.
"Was habt ihr eigentlich gegen Hunde?" ist da noch die harmloseste Reaktion, sagt M. Bis zu 50 Aufrufe zur Gewalt, darunter auch Morddrohungen würden inzwischen täglich auf der Seite gepostet. Der 33-jährige arbeitet in der Behindertenbetreuung und betreibt die Facebook-Seite gemeinsam mit zwei Freunden. Seinen Namen will er lieber nicht nennen. Das sei zu gefährlich. "Das Thema Hund emotionalisiert offenbar mehr als das Thema Asylant", sagt M. konsterniert. Ein Shitstorm von Hundehaltern, das kannte man bis dato nur von Wiener Gehsteigen.
M. und seine Kollegen haben sich dazu entschlossen, offensiv mit den Anfeindungen umzugehen, machen Screenshots von den Kommentaren und posten diese wiederum auf ihrer Seite - mitunter auch ohne die Namen oder Profilbilder der Hundefreunde zu verpixeln. "Wieso auch?
Facebook ist schließlich ein öffentlicher Raum. Jeder, der hier postet, muss wissen, was er tut." Von der politischen Satire heraus, die bisher in den Medien thematisiert wurde, habe sich HRAÖ so inzwischen zu einer Plattform für Gesellschaftskritik ausgewachsen.
Und zu einem Vollzeitjob. Die Seite wird aufwendig kuratiert, jedes Posting gelesen. Es geht um den viel-diskutierten Umgangston im Internet. Und um radikale Tierschützer, von deren Vehemenz sich M. im Gespräch mit dem KURIER überrascht zeigt. Wobei HRAÖ auch nicht gerade zimperlich sind. Dass es sich bei der Seite um Satire handelt, darüber werden empörte Poster nicht aufgeklärt. "Das wäre ja wie die Pointe vor dem Witz zu verraten."
Bleibt die Frage, weshalb es ausgerechnet Hunde sein müssen, die da aabgeschoben werden sollen. "Der Hund ist natürlich komplett austauschbar", sagt M. Man wollte eben ein Projekt starten, das mehr Leute als nur die üblichen Verdächtigen erreicht. "Facebook-Gruppen wie dieBlutgruppe HC negativ erreichen nur die eigene Wählerschaft."
Die Inspiration dazu habe man sich in Deutschland geholt, wo es bereits seit längerem eine ähnliche Seite gibt. Also raus aus dem linken Soziotop, rein in die Hundezone? Wie gesagt: Das Thema Hund emotionalisiert offenbar mehr als das Thema Asylant.
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