Mit 70 zur Afterhour

Kein Hipster, sondern viel mehr ein Dandy: Günther Anton Krabbenhöft (70) geht am Sonntag gerne in den Techno-Club.
Günther Krabbenhöft ist ein Internet-Star und der älteste Raver Berlins.

Günther Anton Krabbenhöft sitzt in einem schicken Café in Berlin-Kreuzberg und genießt sein Frühstück. Er ist einer von vielen Gästen, aber jener, der einem sofort ins Auge springt: Das Hemd und das Jackett sitzen perfekt, die Melone verdeckt sein graues Haar und das Mascherl um den Hals passt perfekt zur Brille.

So stylisch hat sich der ehemalige Koch zwar schon immer gekleidet, aber durch ein Foto wurde der 70-jährige Berliner über Nacht zum Internet-Star: Ein Bild von Krabbenhöft, aufgenommen von einem Touristen am Kottbusser Tor, ging um die ganze Welt und machte ihn zum "Hipster-Rentner vom Kotti" (Tagesspiegel). Dabei sei er ja überhaupt kein Hipster und schon gar kein Star, sondern eher ein Dandy, sagt er im KURIER-Gespräch.

KURIER: Was sagen Sie zum Hype um Ihre Person?
Günther Krabbenhöft: Ich frage mich täglich: Was ist das für ein Hype? Denn ich habe nichts geleistet und plötzlich wird mir so viel Aufmerksamkeit entgegengebracht. Aber ich muss es eben zur Kenntnis nehmen, dass andere Leute ganz wild darauf sind, mit mir etwas auf die Beine zu stellen.

Was ist der Grund für Ihre Beliebtheit?
Die Leute bewundern mich, weil ich mich anders kleide und präsentiere als der normale 70-Jährige. Sie bewundern meine Offenheit gegenüber Neuem: Ich bin neugierig auf das, was im Hier und Jetzt passiert. Ich will einfach am aktuellen Leben teilnehmen und alte Gedankenmuster neu überdenken. Ich gehe noch immer in Clubs tanzen, weil ich das Verlangen danach habe.

Wie reagieren die Leute im Club auf Ihre Anwesenheit?
Was andere davon halten, ist mir egal. Wenn jemand eine Leidenschaft für etwas hat und diese nicht mehr auslebt, weil er sich denkt, er wäre dafür bereits zu alt, dann ist das nicht in Ordnung. Man muss das tun, was einem Spaß macht und antreibt, auch wenn es untypisch für sein Alter ist. Die meisten Leute geben mir sehr positives Feedback, sind nett und sprechen mir ihren Respekt aus.

Was sagen Ihre Freunde?
Sie freuen sich für mich und finden es toll, weil ich ihnen zeige, dass das Leben mit 70 Jahren noch einmal richtig losgehen kann. Schon Udo Jürgens hat gesungen: "Mit 66 Jahren fängt das Leben an".

Mit 70 zur Afterhour
Günther Krabbenhöft, Berlin, Gratis,
Wie halten Sie sich fit?
Die körperliche Fitness hole ich mir beim Tanzen: Ich bin ein leidenschaftlicher Raver. Das ist für mich mein Herz-Kreislauf-Training. Ich kann sechs, sieben Stunden lang ununterbrochen durchtanzen. Zusätzlich mache ich noch Krafttraining und schwinge ein paar Hanteln im Fitnessstudio.

Sie bezeichnen sich als Dandy. Woher kommt das Interesse für Mode?
Kleidung ist für mich mehr als die Tatsache, nicht nackt rumlaufen zu müssen. Sie soll meine Persönlichkeit unterstützen, das Bild rund machen. Menschen, die sich Gedanken zu ihrem Äußeren machen, gelten leider oft als oberflächlich. Natürlich weiß ich, dass es im Leben Wichtigeres gibt als Mode, aber das schließt nicht aus, dass ich mich freue, wenn ich gut angezogen bin. Die Welt ist grau genug, das muss sich bei mir nicht fortsetzen.

Können Sie Menschen in der Jogginghose auf der Straße etwas abgewinnen?
Nein. Es mag ja sein, dass so eine Jogginghose bequem ist, aber bequem ist selten schön. Wenn ich Leute auf der Straße damit sehe, dann gehe ich davon aus, dass die zum Sport gehen. Und wenn mir Leute mit Flip-Flops entgegen kommen, dann weise ich sehr gerne mal drauf hin, dass der Strand noch 300 Kilometer entfernt ist. Ich gehe ja auch nicht im Schlafanzug in die Oper.

Ihr Lieblingsclub ist das Berghain, eine Berliner Techno-Institution. Wie oft sind Sie dort?
Ich gehe so gut wie jeden Sonntag zu Mittag hin und tanze sieben, acht Stunden. Die Nächte durchtanzen und erst um ein Uhr nachts anfangen, wie das die Jugend macht, könnte ich nicht.

Tanzen Sie auch Walzer?
Nein, aber ich finde es wunderbar, wenn ich anderen beim Tango- oder Walzertanzen zusehen kann. Für mich ist das nichts. Ich gehe lieber in Clubs und höre Techno, tanze dazu und gehe danach beseelt nach Hause, weil ich mich gespürt habe: Die Bässe haben meine Leber hin und her geschleudert. Es ist wie high sein – high von der Musik.

Kommentare