Argentinien: Die Krisenboten sind zurück

Argentinien: Die Krisenboten sind zurück
Droht eine Schwellenländer-Krise? Argentinien kämpft mit 40-Prozent-Zinssatz gegen Inflation und Peso-Verfall.

Österreichs Franken-Kreditnehmer kennen das Problem aus leidvoller Erfahrung: Wenn die Fremdwährung, in der man verschuldet ist, an Wert zulegt und die Zinsen steigen, steht man plötzlich viel tiefer in der Kreide als erwartet. Das kann bis zur Überschuldung oder Pleite führen. Exakt mit solchen Schwierigkeiten haben große Schwellenländer zu kämpfen.

Akut betroffen ist Argentinien: In der Vorwoche hatte die Landeswährung Peso gut 10 Prozent an Wert zum US-Dollar verloren. Investoren ergriffen schlagartig die Flucht, riesige Geldbeträge flossen aus dem Land. Um die Abwärtsspirale zu stoppen, setzte die Zentralbank in Buenos Aires einen spektakulären Schritt: Sie hob den Leitzinssatz, der Tage zuvor bei 27,25 Prozent lag, mit radikalen Sprüngen auf 40 (!) Prozent an. Zuvor hatte sie versucht, den Absturz mit Stützungskäufen zu verhindern. Ohne Erfolg. Das ließ lediglich die Währungsreserven schmelzen wie Eisberge vor den Falkland-Inseln. Binnen weniger Tage wurden so 6,4 Milliarden Dollar verpulvert.

Mit dem extremen Zinssprung wurde der Peso-Verfall zumindest vorerst gestoppt. „Wir mussten eine Entscheidung treffen und haben eine Krise abgewendet“, sagte Finanzminister Nicolas Dujovne. Er räumte ein, dass die prohibitiv hohen Zinsen drohen, das Wachstum abzuwürgen. Die Prognosen waren für heuer mit zwei Prozent BIP-Plus ohnehin eher schwach. Eine schwere Dürre hatte große Teile der für den Export gedachten Soja- und Maisernte vernichtet.

Vom Tempo überrascht

Ökonomen stellen bereits Vergleiche mit der lateinamerikanischen Schuldenkrise von 1982 an. Die argentinische Bevölkerung denkt eher sorgenvoll an 2001, als das Land zuerst einen Ansturm auf die Banken erlebte und dann in die Pleite schlitterte. Jahre mit Hyperinflation waren damals die Folge.

Warum aber kehrt gerade jetzt die Krise zurück? Dass der Dollarkurs steigt und die US-Notenbank die Zinsen anhebt, kam nicht überraschend. Dennoch dürfte das Tempo institutionelle Investoren auf dem falschen Fuß erwischt haben – wie 2013, als der damalige US-Notenbankchef Ben Bernanke die Märkte mit einer unbedachten Äußerung schockte.

Argentinien ist verwundbar: Das Land stand nach der Pleite unter dem linkspopulistischen Kirchner-Clan zwölf Jahre mit der Finanzwelt auf Kriegsfuß. Erst der Ende 2015 gewählte, liberale Präsident Mauricio Macri konnte das Vertrauen zurückerlangen und an den Finanzmarkt zurückkehren. Das dafür gleich mit einem Paukenschlag: Anleger zeichneten in Scharen eine 100-jährige Anleihe. Das Vertrauen, dass das notorische Hochschaubahn-Land diese Schulden 2117 zurückzahlen kann, waren vielleicht doch etwas voreilig. Denn auch Macris Kurs ist umstritten. Das Ende staatlich gestützter Preise für Treibstoff oder Nahrung treibt die Inflation erneut auf Rekordwerte.

Sehr krisenanfällig

Besonders anfällig für Krisen sind Länder mit hohen Staats- und Unternehmensschulden in Fremdwährungen, analysiert die Finanz-Denkfabrik IIF. Das gelte gerade besonders für Argentinien, Türkei und Indonesien. Ungarn und Russland liegen ebenfalls weit vorn, haben ihren Anteil an Auslandsschulden seit 2009 aber kräftig reduziert.

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