"Zwischenparken" beim AMS kostet jährlich 700 Millionen Euro
Der Vorschlag von AMS-Chef Johannes Kopf, die Kurzzeit-Arbeitslosigkeit stärker zu bekämpfen, sorgt für zahlreiche Reaktionen. Wie Kopf im KURIER-Interview ausführte, würden Betriebe im Winter oft keine Aufträge annehmen, weil sie ihr Personal für einige Wochen mit Wiedereinstellzusage zum AMS geschickt hätten.
Der Chef einer Baufirma mit 60 Mitarbeitern bestätigt gegenüber dem KURIER das „Zwischenparken“ von Personal. Verstärkt würde die Praxis durch den Umstand, dass der 24. 12. und der 31. 12. keine Feiertage mehr seien, sondern voll bezahlt werden müssten. „Man überlegt sich ganz genau, welcher Arbeitnehmer sich die freien Tage in umsatztoter Zeit innerhalb von zwei Wochen verdient hat“, schildert der Firmenchef. „Mit mehr Feiertagen wäre die Beschäftigungsquote in meinem Betrieb jedenfalls höher.“
64.500 „Stempler“ über den Winter
Die Praxis des „Stempelns“ wie es in der Baubranche heißt, ist trotz immer schneeärmerer Winter ungebrochen. Im Schnitt der vergangenen drei Jahre gab es über die Wintermonate Dezember bis Februar 64.500 Arbeitslose mit Wiedereinstellzusage beim AMS. Das sind immerhin 20 Prozent aller Vorgemerkten, die gar keinen Job suchen. Am Höhepunkt im Jänner waren es 71.000. Auffallend ist, dass die Zahl auch während des Jahres nie wirklich unter 15.000 sank, sogar über die Sommermonate gab es 20.000 „Stempler“. Neben der Baubranche überbrücken vornehmlich Arbeitskräfteüberlasser, die Landwirtschaft und der Tourismus Konjunkturschwankungen mit temporären Kündigungen.
Einer WIFO-Studie im Auftrag der AK Oberösterreich zufolge, verursacht das „Zwischenparken“ jährliche Kosten von rund 700 Millionen Euro und erhöht die Arbeitslosenquote um einen Prozentpunkt, sogar kurze „Zwischenpark“-Phasen von weniger als drei Monaten um etwa einen halben Prozentpunkt. Würden die Betriebe stattdessen weiterbeschäftigen oder weiterbilden, könnte die Arbeitslosigkeit spürbar gesenkt werden, so das WIFO.
Kostenauslagerung
Durch Kündigen und Wiedereinstellen wälzten die Betriebe Personalkosten auf das AMS ab, kritisiert Silvia Hofbauer, Leiterin der Abteilung Arbeitsmarkt und Integration bei der AK Wien. Besonders in der Arbeitskräfteüberlassung werde dieser Missstand schon lange angeprangert. Im Tourismus werde die Saisonverlängerung sogar gefördert, für viele Betriebe sei es aber „die bequemste Lösung“, das Personal zum AMS zu schicken. Die Beschäftigten hingegen würden durch die Kündigung einen massiven Einkommensverlust erleiden.
Ministerin für mehr Ganzjähresbeschäftigung
Wie AMS-Chef Kopf fordert Hofbauer eine Kostenbeteiligung der Betriebe über höhere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Arbeitsministerin Korinna Schumann benötigt dringend Einsparpotenzial in ihrem Ressort und ist offen für Vorschläge. Zwischenparken verursache hohe Kosten und könne keine Lösung sein. Ziel müsse es sein, mehr Menschen in Ganzjahresbeschäftigung zu bringen.
Wirtschaftskammer: Betriebe brauchen gewisse Flexibilität
Die Wirtschaftskammer (WKO) will die Arbeitslosigkeit ebenfalls reduzieren, gibt aber zu bedenken, dass in typischen Saisonbranchen wie Bau, Tourismus und Landwirtschaft eine durchgehende Beschäftigung oft nicht möglich sei. „Hier braucht es eine gewisse Flexibilität, um auf saisonale Schwankungen reagieren zu können“, sagt Rolf Gleißner, Leiter der Abteilung für Sozial- und Gesundheitspolitik in der WKO. Die Entwicklung sei aber rückläufig. Seit 1990 habe sich der Anteil der Kurzzeit-Arbeitslosen an der Gesamtarbeitslosigkeit in etwa halbiert.
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