Höhere Hürden für Wohnkredite

Höhere Hürden für Wohnkredite
Mit 1. August werden die Vergaberichtlinien für Immobilienkredite verschärft.

Lange Wartezeiten, immens gestiegene Preise für Baumaterial - von Holz über Stahl bis Beton: Es sind keine leichten Zeiten für Häuslbauer. Ab heute wird es zudem noch ein wenig schwieriger, sich den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen. Die Vergaberichtlinien für Immobilienkredite werden mit 1. August verschärft. Für Kredite unter 50.000 Euro gelten die neuen Vorschriften nicht.

Im Wesentlichen gelten drei neue Obergrenzen: So muss man für den Kauf einer Wohnimmobilie ab sofort mindestens 20 Prozent des Kaufpreises (inklusive Nebenkosten) als Eigenmittel mitbringen, die maximale Laufzeit der Finanzierung darf nicht länger sein als 35 Jahre und die Schuldendienstquote darf 40 Prozent nicht übersteigen. Letzteres heißt: Die Tilgung des Kredits samt Zinsen darf nicht mehr als 40 Prozent des Nettoeinkommens betragen.

Leistbarkeit im Vordergrund

Banken dürfen jedoch in allen drei Bereichen Ausnahmen gewähren. "Die Bank kennt ihre Kunden, sie weiß um besondere Situationen und hat mit diesen Ausnahmekontingenten eben die Möglichkeit auf diese speziellen Situationen einzugehen", erklärt Eduard Müller, Vorstand der Finanzmarktaufsicht FMA im Ö1-Morgenjournal.

"Die Leistbarkeit ist das Kriterium, das für uns im Vordergrund steht", so Müller weiters. Bei der Kreditvergabe soll somit künftig nicht mehr die hypothekarische Besicherung, also dass sich die Bank ins Grundbuch eintragen kann, im Vordergrund stehen, sondern es soll gewährleistet werden, dass sich Kreditnehmer die Rückzahlung auch leisten können. 

Ziel der Anhebung der Vergaberichtlinien soll sein, Häuslbauer, Wohnungskäufer & Co. vor "bösem Erwachen" schützen. "Wir wollen, dass sich Kreditnehmer die Kredite auch leisten und rückzahlen können." 

Kredit-/Preis-Spirale

Derzeit werden in Österreich bei "mehr als der Hälfte" der vergebenen Kredite die FMSG-Richtlinien, also die empfohlenen Mindestkriterien, "nicht vollständig erfüllt", erklärte OeNB-Vizegouverneur Gottfried Haber in einem Gespräch mit Journalisten vor rund einem halben Jahr in Wien. Mehr als die Hälfte der Kreditnehmer hat weniger als 20 Prozent Eigenfinanzierungsanteil und fast ein Fünftel wendet für die Tilgung der Rate mehr als 40 Prozent des Nettoeinkommens auf. Die Laufzeiten betragen jedoch "nur in wenigen Fällen" mehr als 35 Jahre.

Seit 2010 haben sich die österreichischen Immobilienpreise laut OeNB um 199 Prozent erhöht, seit Anfang 2007 bis zum dritten Quartal 2021 waren es 248 Prozent; alleine im vierten Quartal 2021 legten sie im Jahresabstand um weitere 12,6 Prozent zu.

Das Kreditwachstum sei in den vergangenen fünf Jahren stark gewachsen und habe zuletzt knapp 7 Prozent erreicht - auch hier gebe es seit Ende 2019 eine "deutliche Beschleunigung", so Haber.

"Wir befinden uns in einer Kredit-/Preis-Spirale", hielt OeNB-Abteilungsdirektor Markus Schwaiger fest. Für den Kauf einer durchschnittlichen Wohnung braucht man in Österreich den Angaben zufolge 10,6 Jahresbruttogehälter - noch mehr sind europaweit nur in Tschechien und der Slowakei nötig.

Banken haben Kreditzinsen erhöht

Heimische Banken drehen schon seit einem Jahr an der Zinsschraube, Zinsen in Österreich sind leicht gestiegen. Mit der aktuellen Rekordinflation hat sich auch die Verteuerung der Kredite noch einmal deutlich beschleunigt, zeigt eine Erhebung von Österreichs größtem Tarifvergleichsportal durchblicker aus Ende Juli.

Laut durchblicker-Daten haben sich die Fixzinsen in Österreich seit Jahresbeginn verdoppelt bis fast verdreifacht. Je nach Bank und Bonität zahlen Kunden für einen Fixzinskredit mit einer Laufzeit von 10 Jahren statt 0,750 Prozent im Vorjahr nun im Juli aktuell 2,25 bis 3,50 Prozent Zinsen, bei 15 Jahren 2,50 bis 3,625 Prozent und bei 20 Jahren 2,55 bis 3,75 Prozent.

„Ein Fixzins-Wohnkredit in Höhe von 300.000 Euro kostet die Konsumentinnen und Konsumenten jetzt über 25 Jahre Laufzeit in Summe um 65.000 Euro mehr als noch zu Jahresbeginn. Pro Monat bedeutet das schon heute eine Mehrbelastung von 220 Euro. Alles deutet aber darauf hin, dass die Zinsen in den kommenden Monaten bis zum Spätsommer noch weiter steigen werden“, so Martin Spona, Leiter des Bereichs Consumer Finance bei durchblicker.

Problem für einkommensschwache Haushalte 

Auch Konsumkredite sind bereits um bis zu zwei Prozentpunkte teurer geworden. “Alle Banken haben in den vergangenen Monaten ihre Konditionen angepasst und bieten derzeit eher fixe als variable Verzinsung an”, berichtet Spona. Für viele einkommensschwache Haushalte könnte das im Herbst zu einem ernsten Problem werden.

“Wir gehen davon aus, dass wegen der Inflation schon im August immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten einen kurzfristigen Kredit benötigen werden, um ihre laufenden Fixkosten zu decken und ihre Rechnungen zu bezahlen. Wenn jetzt auch die Kredite noch einmal teurer werden, können sich Haushalte, die bereits in den vergangenen Wochen kaum über die Runden gekommen sind, auch die Überbrückungsfinanzierung nicht mehr leisten und erhalten noch schwerer einen Kredit”, warnt Spona.

Während bei Konsumkrediten die Banken bereits verstärkt auf die Bonität achten, wird dies auch bei Immobilienkrediten ab dem 1. August der Fall sein. Ab dann gelten in Österreich strengere Kreditvergaberichtlinien: Künftig müssen Kreditnehmer:innen demnach 20 Prozent des Kaufpreises in Form von Eigenkapital aufbringen, die Kreditrate darf 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens nicht überschreiten, und die Kreditlaufzeit wird auf maximal 35 Jahre begrenzt.

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