Grünes Gold aus Südamerika

Der Rücken schmerzt bereits bedenklich. Die Arbeit in der dünnen Luft auf 3500 Meter Seehöhe ist anstrengend, aber Jan Spille kann jetzt nicht aufhören. Der Hamburger Goldschmied schwenkt den Flusssand in seiner Waschschüssel herum, immer wieder und wieder dreht er das Blech in seinen Händen. Der Lohn nach vielen Stunden in gebückter Haltung fällt mager aus, ein Drittel Gramm Gold kann Spille als Andenken aus den argentinischen Anden mit nach Deutschland nehmen.
Aber es geht ihm heute nicht ums Geld. Spille ist auf Erkundungstour. Er verarbeitet daheim in seiner Trauring-Manufaktur fair produziertes Gold. Auf der Puna-Hochebene liegt eine seiner neuen Bezugsquellen. Die „Eco Andina“-Mine soll demnächst das Fairtrade-Gütesiegel erhalten. „Den Menschen hier geht es jetzt schon besser als normalen Schürfern. Die haben hier Solarenergie, Strom, Wärme, Fernsehapparate mittlerweile auch. Vor allem haben sie keine Quecksilbervergiftungen und Staublunge gibt es hier auch nicht.“
Das grün-schwarze Fairtrade-Logo, bisher eher auf Bananen, Kaffee und Textilien zu finden, garantiert seit wenigen Jahren auch, dass Goldschürfer zu anständigen und gesundheitsverträglichen Bedingungen arbeiten, dass sie Handschuhe tragen, wenn sie mit Chemikalien hantieren, Gesichtsmasken gegen den Staub, dass es keine Kinderarbeit gibt. Die Arbeiter sind sozialversichert, reich werden sie aber auch durch Fairtrade nicht. Der Konsument zahlt für die gute Sache einen Aufschlag von zehn Prozent des Weltmarktpreises. Kanada, Holland, Großbritannien und Deutschland sind die wichtigsten Absatzmärkte für korrekt produziertes und gehandeltes Gold. Fairtrade Österreich wird auf absehbare Zeit nicht in Gold machen, erklärt Geschäftsführer Hartwig Kirner auf KURIER-Anfrage.
Goldschürfen ist ein Knochenjob – und gefährlich. Die Fairtrade-Schürfer der Puna-Hochebene im äußersten Norden Argentiniens verwenden kein Quecksilber, das üblicherweise verwendet wird, um den Goldstaub zu Amalgam-Klumpen zu formen. „Bis hierhin wäre ja alles noch nicht so tragisch, die Probleme beginnen, wenn die Goldgräber daheim das Quecksilber wieder auskochen und die giftigen Dämpfe einatmen“, sagt Experte Kirner. Nicht nur die Familien der Goldgräber, die ganze Umwelt werde so verseucht.
Winzig kleine Nuggets
Fairtrade-Gold wird hingegen mit der „Schwerkraft-Methode“, also mit Waschschüsseln und -rinnen gewonnen. Die winzigen Nuggets müssen einzeln aus der Wanne geklaubt werden. Das Zyanid, mit dem die Schürfer das Gold aus dem Gestein herauslösen, wird in der Öko-Mine aufgefangen, anstatt es wegzuschütten.
Für interessierte Konsumenten in Österreich ist der Bezug von Fairtrade-Gold in Zeiten des Internets kein unüberwindliches Problem. „Ich habe Kunden sowohl aus der Schweiz als auch aus Österreich“, erklärt Spille, der für heiratswillige Paare aus dem Ausland eine dreitägige Hamburg-Reise anbietet, inklusive Anprobe in seiner Werkstatt. Wer die Umwelt schonen und nicht so weit fahren will: In Karlsruhe (Baden-Württemberg) hat heuer die Galerie „Goldaffairs“ geöffnet, das erste Geschäft, in dem ausschließlich ethisch unbedenklicher Schmuck verkauft wird.
Hochzeitsringe aus Anden-Gold: www.oekofaire-trauringe.de

Der gerecht gefertigte Fußball ist auch in österreichischen Weltläden zu kaufen, im Onlineshop läuft er unter „Dies&Das“. Im heimischen Fairtrade-Sortiment sind Sportartikel eine Randerscheinung, 95 Prozent der Waren sind Lebensmittel. „Wir konzentrieren uns aufgrund begrenzter Ressourcen auf das Kerngeschäft“, sagt Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich. Und wie läuft dieses Geschäft? „Im Grunde waren die vergangenen Jahre für Fairtrade sehr erfolgreich, die Wirtschaftskrise hat den Menschen gezeigt, dass es so wie bisher nicht weitergeht. Wir haben in den vergangenen zehn Jahren immer Wachstum gesehen.“
Der Traum von einer besseren Welt treibt die Fairtrade-Mitarbeiter auch 20 Jahre nach der Gründung an. Der Mangel an verbindlichen arbeitsrechtlichen Standards und international einklagbaren Gesetzen ist hochaktuell. Bei einem Brand einer Bekleidungsfabrik in Dhaka (Bangladesch) starben im November 2012 mehr als 100 Menschen. Ein Ex-Kunde, der US-Konzern Walmart, hatte bereits 2011 vor Sicherheitsmängeln im Werk gewarnt. Hasran Ashraf, Südasien-Experte, sagte in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: „Die Arbeiter werden zur Reduzierung der Raumkosten so eng wie möglich zusammengepfercht, so dass die Notausgänge bei weitem nicht ausreichen.“
Dabei habe die betroffene Fabrik vor dem Brand sogar als positiver Ausnahmefall gegolten, weil dort Sicherheitsstandards der Europäischen Union eingehalten wurden. So habe es mehrere alternative Treppenaufgänge gegeben. „Trotzdem waren die Arbeitsbedingungen wohl furchtbar“, sagte Ashraf. Die Lösung? Es sei an kritischen Konsumenten, Preise zu vergleichen, sagt Kirner. „Wenn jemand ein T-Shirt für 4 Euro kauft, dann kann man sich ausrechnen, dass daran kein Arbeiter viel verdient.“
10 Prozent
Um so viel liegt der Fairtrade- über dem aktuellen Weltmarktpreis. Dieser wird nicht unterschritten.
1700 US-Dollar
Das ist der ungefähre Weltmarktpreis der Feinunze (31 g) Gold.
7,5Millionen
So viele Produzenten arbeiten unter dem Fairtrade-Gütesiegel.
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