100 Jahre Mazda: Vom Lastenrad zum Elektro-SUV
Hiroshima, 1945. Die Stadt liegt nach dem Atombombenabwurf der US-Amerikaner im August in Trümmern. Doch langsam kommt wieder Leben in die Stadt. Die Japaner resignieren nicht, sondern beginnen mit dem Wiederaufbau. Schon bald wird in den ersten Betrieben die Arbeit wieder aufgenommen. Auch bei Mazda.
Die Firma fertigt motorisierte Lastendreiräder und ist auf dem Sprung zum Autohersteller, ehe der Start der Serienfertigung mit Ausbruch des Krieges platzt. Es sollte bis 1958 (Lkw) bzw. 1960 (Pkw) dauern, bis Mazda auch vierrädrige Gefährte anbieten kann.
Heute ist Mazda mit seinen 50.000 Mitarbeitern eine Weltmarke und feierte dieser Tage sein 100-jähriges Bestehen (siehe Infokasten links). „Mazda ist in den 70-iger und 80-iger Jahren, der großen Zeit der japanischen Autoindustrie, gewachsen“, sagt der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer.
„Damals konnte Mazda die Schwäche der US-Amerikaner ausnutzen“, sagt er zum KURIER. „Die USA machen heute noch etwas mehr als 25 Prozent der weltweit rund 1,56 Millionen Verkäufe im Jahr aus.“
270.000 Stück wurden im Geschäftsjahr 2018/19 (per Ende März) in Europa abgesetzt, davon 11.060 in Österreich. Insgesamt waren es seit Verkaufsstart 650.000 Stück. Apropos: Im Land der VW-Käfer war Mazda bis Ende der 60er-Jahre völlig unbekannt (der Name ist seit 1930 in Verwendung und steht nicht nur für Gründer Matsuda, sondern auch für Ahura Mazda, den altpersischen Gott des Lichts).
„Dann hat ein Senftubenhersteller begonnen, einige Fahrzeuge nach Österreich zu importieren“, erinnert sich Burkhard Ernst, Chef von Mazda Rainer und Österreichs größter Mazda-Einzelmarkenhändler, an die Anfänge.
Dieser Importeur ging später Pleite und Ernst startete mit seinem Vater mit dem Verkauf der auf Halde stehenden Mazda. „Ich war begeistert“, so Ernst. Ein Mazda kostete damals rund 60.000 Schilling und hatte 100 PS – ein Käfer nur 34.
Ölkrise
Die Autobranche schlitterte mit der Ölkrise Mitte der 70er-Jahre ebenso in Probleme. Mazda benötigte frisches Kapital. Dieses kam vom US-Konzern Ford, der dafür rund ein Drittel der Anteile übernahm. Gemeinsam entwickelte man neue Modelle, darunter den MX-5. Der Roadster wurde mit weit mehr als einer Million Verkäufen der bis heute weltweit meistverkaufte zweisitzige Sportwagen.
2008 verhielt es sich umgekehrt. Ford benötigte Kapital und trennte sich sukzessive wieder von den Anteilen. An dessen Stelle trat Toyota. Seit 2010 besteht eine Kooperation, die zunächst mit der Entwicklung von Motoren begann und bis dato mit einem gemeinsamen Werk in den USA und der Forschung in Sachen Elektroantrieb mündete. Toyota hält zudem fünf Prozent am kleineren japanischen Mitbewerber.
Gemutmaßt wird, dass in nächster Zeit noch mehr daraus wird. Schließlich ist Mazda nur noch die weltweite Nummer 16 (in den 70er-Jahren noch auf Rang 10), Toyota Nummer zwei hinter VW. Die Autoindustrie steht angesichts teurer Investitionen in neue Technologien vor großen finanziellen Herausforderungen.
Kein Wachstum
Und was hinzu kommt: „In der jüngeren Zeit bis 2014 gab es bei Mazda kein Wachstum“, sagt Dudenhöffer. Die Zeiten großen Wachstums kämen auch nicht wieder. Die Umsatzrendite sinke, die Gewinne blieben passabel. Toyota bringe Kostenvorteile, aber die technologische Eigenständigkeit leide.
Diese könne sich Mazda von seiner Größe her auch nicht erlauben. „Mazda ist an Toyota gebunden. Und das spürt man. Mazda hat bisher keine vollelektrischen Autos, eben weil Toyota das elektrische Auto verschlafen hat.“ Erst heuer kommt mit dem SUV MX-30 das erste reine E-Auto von Mazda.
Dudenhöffer: „Die Stärke der letzten 10 Jahre war das Design. Die Autos sind eine Augenweide.“ Auch deshalb sei der Chefdesigner von Tesla abgeworben worden. Daher dürfte der Design-Vorteil schwächer werden.
Weniger skeptisch ist Ernst. „Mazda ist absolut gut aufgestellt, sowohl von der Qualität her als auch von den Innovationen, auch wenn man mit dem E-Antrieb spät dran ist.“ 1986 etwa gab es von Mazda das erste Auto in Österreich mit einem serienmäßigen Katalysator und an Wasserstoff werde schon seit zehn Jahren gearbeitet.
Und die Qualität der Autos passe. „Mazda und Toyota haben seit Jahren die geringste Pannen-Anfälligkeit.“ Freilich: „In 10 bis 15 Jahren wird es nur noch 10 eigenständige Marken geben.“ Ob Mazda darunter sein wird, bleibe zu hoffen, sagt Ernst.
1920: Gründung der Toyo Cork Kogyo Co. Ltd. am 30. Jänner 1920 in Hiroshima. Der Industrielle Jujiro Matsuda übernimmt ein Jahr später den Hersteller von Korkersatz. Er transformiert die Firma zum Maschinenbauer und Hersteller von Dreirad-Transportern.
50.000 Mitarbeiter sind heute weltweit beschäftigt
29,6 Milliarden Euro Umsatz erzielte der börsenotierte Autobauer im Geschäftsjahr 2018/19 (Ende März)
690 Millionen Euro betrug der Gewinn.
Um 1930
Gründer Jujiro Matsuda
1938
Typ GA
Um 1940
Produktionshalle in Hiroshima
1949
Typ GB
1960
Mazda startet mit seinem ersten Pkw-Modell R360
Frühe 60er-Jahre
Motorenproduktion
1963
Familia 800
1963
Mazda Familia 800
1967
Mazda 110 S Cosmo Sport
1967
Familia 1000 (zweite Generation)
1971
Savanna Coupe GS.
1978
Savanna RX-7
80er-Jahre
Das Designen erfolgt ab jetzt auf PC.
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