Goldgrube "Direct Seeding": Was steckt hinter den Massen-Live-Streams?

Direct Seeding TikTok: Was steckt hinter den Massen-Live-Streams?
Auf der Startseite der Videoplattform TikTok werden Usern auch immer wieder bizarre Videos und Live-Streams ausgespielt, die den Betrachter mit staunendem Blick zurücklassen.
So auch beispielsweise jene kurzen Clips, die dutzend junge Leute unter Brücken oder an viel befahrenen Straßen Chinas zeigen, die aneinandergereiht alle das Gleiche machen: "Direct Seeding".
Unterschiedliche Standorte, ähnliche Szenarien: Junge Frauen und Männer sitzen in Campingstühlen am Boden vor einem Stativ, auf dem ihr Smartphone befestigt ist. Besonders auffällig: Die ringförmigen Leuchtquellen, die für optimale Beleuchtung und weichgezeichnete Konturen in der Kamera sorgen sollen.
Was hat es mit dieser befremdlichen Szenerie auf sich?
Was ist "Direct Seeding"?
Der Begriff stammt ursprünglich aus der Landwirtschaft. Dabei werden Samen direkt in den Boden gepflanzt, ohne zuvor das Feld durch intensive Bodenbearbeitung vorzubereiten. Es wird auch darauf verzichtet, die Samen vorher in eine Saatschale zu legen, um die Setzlinge anschließend zu verpflanzen. Effizienz und Kostenersparnis sind unter anderem Vorteile dieser Methode.
Douyin – das chinesische TikTok
In diesem Fall bezeichnet das "Direct Seeding" etliche Content Creator, die sich massenhaft an einem belebten Ort in einer reichen Gegend Chinas sammeln, ihr Equipment aufbauen und einfach "draufloslegen". Die Live-Streams werden vorwiegend auf der App Douyin übertragen. Dabei handelt es sich um eine zensierte Version von TikTok, die ausschließlich in der Volksrepublik China verfügbar ist.
Wohlhabende Gegenden werden gezielt ausgesucht
Bei den jungen Content Creators handelt es sich meist um Studierende, die sich nebenbei mit Live-Streams Geld verdienen möchten. Da sie ein Zielpublikum erreichen wollen, das wohlhabend ist und weniger darüber nachdenkt, wofür es sein Geld ausgibt, streamen die "Direct Seeder" aus einem Viertel mit hohem Einkommen, um die Zielgruppe organisch zu erreichen und nicht dafür bezahlen zu müssen. Mit dieser Methode wird auch sichergestellt, dass sie über den Algorithmus sichtbar bleiben.
Unter anderem betreiben sie in ihren stundenlangen Live-Streams, die oft die ganze Nacht andauern, Produktwerbung oder bieten Gesangseinlagen und hoffen auf Geldspenden in Form von virtuellen Geschenken.
Streamer schlafen auf der Straße
Manche der Streamer schlafen auch im Freien, um sicherzugehen, dass sie ihren Platz nicht verlieren und damit sie nach einem Powernap ohne viel Aufwand gleich wieder mit ihren Zusehern in Kontakt treten können. Sie schützen sich mit dicken Jacken und warmen Decken vor der Kälte.
Die lauten Hintergrundgeräusche, vorbeifahrende Autos und das bizarre Szenario wirken hierbei nicht abschreckend – im Gegenteil. Es weckt zunächst das Interesse der User, die dann im besten Fall dem Live-Video länger beiwohnen. Ein weiterer Vorteil: An den öffentlichen Plätzen ist häufig kostenlosen WLAN unbegrenzt verfügbar.
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