"Axel Witsel ist mein Chef auf dem Spielfeld"

Am 30. August 2009 wurde Axel Witsel für viele Belgier von einem beliebten Nationalspieler zu einem Geächteten. Im Spiel zwischen Standard Lüttich und Anderlecht brach der Mittelfeldspieler Gegner Marcin Wasilewski Schien- und Wadenbein. Der Verteidiger schrie vor Schmerzen. Sein Fuß baumelte nur noch an seinem Bein. Einige auf dem Rasen hatten Tränen in den Augen.
Witsel musste durch die Hölle gehen. Der Verband sperrte ihn für acht Partien, die Hetzjagd dauerte länger. Vor dem Zwischenfall war ihm das Land zu Füßen gelegen. Plötzlich aber behandelten ihn vor allem Anderlecht-Fans wie einen Verbrecher. Er erhielt Morddrohungen. Im Haus seiner Eltern flogen Steine durch die Fensterscheiben. Die Medien stellten ihn an den Pranger. Es war ein Albtraum. "Das Lamm hatte das Bein des Metzgers gebrochen", erinnerte der Guardian kürzlich in einem WM-Porträt. Wasilewski galt damals als eisenhart, Witsel nicht. Er kam zu spät. Sein Bein war gestreckt. Dennoch war es eher ein Unglück.
WM-Hype
Der Sturm der Entrüstung hat sich längst gelegt. Der WM-Hype ist groß. Am Sonntag (18.00 Uhr MESZ, live ORFeins, ZDF) kann das Team von Marc Wilmots mit einem Sieg im zweiten Gruppenspiel in Rio de Janeiro gegen Russland vorzeitig in die K.-o.-Runde einziehen.
Für Mittelfeldspieler Witsel ist das Duell mit der Sbornaja ein besonderes. Seit 2012 kickt er in Russland bei Zenit St. Petersburg. Dort wäre er ohne die damaligen Ereignisse eher nicht gelandet. "Der Vorfall hat Axel verändert. Es gibt einen Axel vor diesem Zweikampf und einen Axel danach", erzählte Witsels Vater. Der Sturm habe seinen Sohn sehr getroffen. Irgendwann habe er aber den Schalter umgelegt. Er habe ein dickes Fell entwickelt und sei mental stärker geworden. Nichts könne ihn nun mehr verrückt machen.
Diese Eigenschaft schätzt Wilmots sehr. Witsel gilt als sein Leutnant. "Er ist mein Chef auf dem Spielfeld. Wir verstehen uns mit nur einem Blick", erklärte der Coach und lobte vor dessen 50. Einsatz: "Momentan erfüllt er seine taktische Rolle perfekt."
Der 25-Jährige sei nicht zu ersetzen. Vor der WM erklärte Wilmots ihn mit Thibaut Courtois, Vincent Kompany, Eden Hazard und Kevin De Bruyne zu den "Unberührbaren". Er meinte: Die spielen immer.
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