Wie die Nähmaschine zum Millionengeschäft wurde

Wie die Nähmaschine zum Millionengeschäft wurde
Josef Madersperger, Pionier in diesem Bereich, wurde vor 250 Jahren geboren.

Beinahe zwei Jahrhunderte lang galt Josef Madersperger als "der" Erfinder der Nähmaschine. Mit Sicherheit war der vor 250 Jahren geborene Tiroler ein Pionier der mechanischen Schneiderkunst. Die erste für den Gebrauch taugliche Nähmaschine erfanden jedoch die Amerikaner Elias Howe und Isaac Merrit Singer 1850. Für seinen Prototyp verfeinerte Madersperger zahlreiche vorhergehende Erfindungen.

Geboren am 6. Oktober 1768 in Kufstein trat Madersperger beruflich in die Fußstapfen seines Vaters und wurde Schneider. Nach einem Brand, der das Elternhaus zerstörte, zogen Vater und Sohn nach Wien, wo der gebürtige Tiroler blieb. Über sein Leben ist nicht allzu viel bekannt, die Erfindung einer mechanischen Vorrichtung zum Nähen muss ihn aber unglaublich interessiert haben. Beinahe sein ganzes Leben widmete er seiner "Nähhand".

Nur gerade Linien

Bis zur Einreichung seiner ersten Konstruktion für ein Privileg (Patent, Anm.) am 26. April 1814 tüftelte er 14 Jahre an der Verbesserung von früheren Nähapparaten. Denn bereits zuvor hatten etwa Thomas Saint (1790) in England und Thomas Stone und James Henderson (1804) in Frankreich Patente für als Nähmaschinen bezeichnete Apparate angemeldet. Madersperger erhielt das Patent im Jahr darauf für sechs Jahre. Als die Behörden 1818 aber feststellten, dass er sein Privileg nicht kommerziell genutzt hatte und auch mit den Gebühren im Rückstand war, erlosch der Rechtsschutz wieder.

Abgesehen von der Nadelform - das Öhr an der Spitze der Nadel, die der deutsche Strumpfwirker Balthasar Krems erfunden hatte - enthielt Maderspergers "Nähhand" aber keine wesentlichen Elemente einer modernen Nähmaschine. Einen wichtigen Schritt in diese Richtung hatte er aber allemal unternommen. Seine Vorrichtung spannte den Faden mit gleichmäßiger Kraft, die Nadel mit zwei Spitzen stach bei jedem Stich senkrecht durch den Stoff. Sie nähte aber nur gerade Linien, per Hand musste mit einer weiteren Nadel ein Faden durch die Schlingen gezogen werden. Auch war der Faden nur 45 Zentimeter lang und musste regelmäßig gewechselt werden.

Durchbruch: Kontinuierlicher Stofftransport

Bis 1839 entwickelte der Tiroler Tüftler fünf Versionen seiner "Nähhand". Die letzte vermachte er, damals bereits über 70 Jahre alt, dem Polytechnischen Museum. Von dort kam sie ins Technische Museum, wo sich ein Teil des Apparats heute noch befindet. Doch erst die Amerikaner Elias Howe und Isaac Merrit Singer verhalfen der Nähmaschine mit senkrechter Nadelstange und kontinuierlichem Stofftransport zum Siegeszug in Wirtschaft und Privathaushalten und scheffelten damit Millionen. Madersperger gilt seither als der verkannte österreichische Erfinder schlechthin, der 1850 verbittert und verarmt in einem bürgerlichen Versorgungshaus in St. Marx verstarb und in einem Schachtgrab beigesetzt wurde.

Diesem Mythos widersprachen in jüngster Zeit allerdings einige Wissenschafter. Zum einen gebe es kein einziges Selbstzeugnis Maderspergers über seine Gemütslage, zum anderen dürfte der Erfinder keineswegs verarmt gestorben sein, schreibt Hubert Weitensfelder in "Die großen Erfinder". Ein Versorgungshaus sei in der damaligen Zeit für viele Menschen ohne Familie die letzte Station gewesen und nicht mit einem Armenhaus gleichzusetzen. Auch seien individuelle Grabstätten im 19. Jahrhundert noch nicht allgemein verbreitet gewesen. Mit Sicherheit lässt sich aber sagen, dass Josef Madersperger am Anfang einer Entwicklung stand, die erst nach seinem Tod so richtig einsetzte.

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