Quereinsteiger mischen die österreichische Beautybranche auf

Tanja Gruber von Max & Me bei der Herstellung von Beautyprodukten in ihrer Manufaktur
Immer mehr Autodidakten machen ihre Leidenschaft zum Beruf. Was sie anders als andere machen.

"Ich habe einfach losgelegt, ohne jegliches Vorwissen", erinnert sich Karin Singer an ihre Anfänge in der Beautybranche. Die Wienerin hatte jahrelang als PR- und Unternehmensberaterin gearbeitet, bis sie vor zwei Jahren beschloss: Jetzt oder nie. Die 38-Jährige mietete sich im Labor ihrer Schwiegereltern ein und begann mit Ingredienzien zu experimentieren. Vor Kurzem hat Singer ihr eigenes Parfumlabel namens Meckiie lanciert.

Sie ist in guter Gesellschaft: Immer mehr Autodidakten mischen die österreichische Beauty-Branche mit ihren Nischenprodukten auf. Sie verstehen, was Kunden wollen, weil sie ihre Produkte meist aus Eigenbedarf entwickelt haben.

Von der Küche ins Regal

So auch Monika Hofer und Beate Bösch. Nachdem die beiden Freundinnen ein Buch über gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe in Kosmetika gelesen hatten, beschloss Erstere, einfach einmal selbst ein Produkt in der Küche anzurühren. "Ich habe das eigentlich nur gemacht, um zu schauen, ob es wirklich funktioniert", sagt Monika Hofer. Es funktionierte. Die Produkte waren ursprünglich nur für den Eigengebrauch vorgesehen, doch als immer mehr Verwandte und Nachbarn ihre Naturkosmetik nutzen wollten, beschloss die frühere Chefsekretärin, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Heute sind die Rezepturen von Blubonbon in Reformhäusern und im firmeneigenen Onlineshop erhältlich.

Weit über die Grenzen Österreichs hinaus ist mittlerweile die Arbeit von Tanja und Max Gruber bekannt. Ihre Naturkosmetik unter dem Namen Max & Me steht heute in den Regalen von Beauty-Stores in Beirut bis Hongkong. Statt wie früher als Kreativdirektorin einer Werbeagentur hinter dem Schreibtisch zu sitzen, tüftelt Tanja Gruber in ihrer Manufaktur an neuer Naturkosmetik.

Was Autodidakten wie Karin Singer, Monika Hofer, Beate Bösch und das Ehepaar Gruber vereint? Sie alle folgen bei der Arbeit ihrer Intuition. "Mein Gefühl sagt mir, welche Zutaten ich verwenden soll", verrät Tanja Gruber. "Ich gehe das Ganze nicht kognitiv an." Nach dem kreativen Teil folgt die offizielle Qualitätskontrolle. Karin Singer sieht in ihrem anfänglichen Unwissen heute einen Vorteil: "Zu viel Wissen kann auch einschränken. Da steht man sich oft selbst im Weg."

Österreichs Beauty-Rebellen im Portrait

Blubonbon: Vorarlberger Naturkosmetik

Vor sechs Jahren begann Monika Hofer umzudenken. Nachdem sie  Marion Schimmelpfennigs Buch "Giftcocktail Körperpflege" über schädliche Inhaltsstoffe in herkömmlicher Kosmetik  gelesen hatte, war ihre erste Reaktion: Kann das sein? Für Naturkosmetik hatte sich die Vorarlbergerin zu diesem Zeitpunkt ebenso wenig interessiert  wie ihre Freundin Beate Bösch. "Die Verpackungen waren einfach nicht schön. Kosmetik soll ja auch Spaß machen", sagt die 55-Jährige.

Quereinsteiger mischen die österreichische Beautybranche auf

Beate Bösch und Monika Hofer

Ein genauer Blick auf die Inhaltsstoffe diverser Formulierungen zeigte: "Bei Reinigungsprodukten steht fast immer irgendein Sulfat." Dieses wollte sie aus ihrer Pflege ebenso verbannen wie Mineralöle. Die ersten Produkte wurden in den eigenen vier Wänden für den Eigenbedarf angerührt. In Naturkosmetik-Seminaren und Fachliteratur fanden die beiden Frauen die dafür benötigten Informationen, bis  Hofer später eine Berufsausbildung zur Kosmetikherstellerin absolvierte.

Auch heute noch werden die Blubonbon-Produkte  in der Vorarlberger Manufaktur in Lustenau in Handarbeit hergestellt. Zu den Bestsellern gehören die Gesichts- und Körperöle, die sie auch in ihrem Onlineshop vertreiben. Bei Autodidakten stehe die Passion an erster Stelle, sagt Monika Hofer. "Da wächst  eine Leidenschaft – ohne das Gefühl zu haben, etwas kreieren zu müssen."

Meckiie: Biozertifizierte Parfums für Individualisten

Nach vielen Jahren in der PR-Branche wuchs bei Karin Singer irgendwann der Wunsch, ein eigenes Produkt zu entwickeln. "Ich hatte 2016 gerade mit der Idee eines eigenen Parfums geliebäugelt, doch dann wurde meine Mutter plötzlich schwer krank", sagt die Wienerin. "Kurz vor ihrem Tod ermahnte sie mich, Dinge, die ich tun möchte, nicht mehr aufzuschieben. In diesem Moment hat es bei mir Klick gemacht."

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Karin Singer gründete Meckiie nach dem Tod ihrer Mutter

Eine offizielle Ausbildung zur Nase hat Singer nie absolviert, vielleicht sind ihre Düfte gerade deshalb sehr außergewöhnlich. "Ich habe im Labor einfach herumprobiert", sagt die 38-Jährige. Sie traute sich bewusst an Inhaltsstoffe heran, die normalerweise nicht in Parfums zu finden sind. Singer: "Gin habe ich schon immer geliebt – und seinen  Duft. Ich fand es interessant mit Destillaten zu arbeiten." Ihr Lieblingsgetränk ist Bestandteil ihrer drei biozertifizierten Düfte, die sie für ihr Label Meckiie kreiert hat.

Warum es die PR-Expertin ausgerechnet in die Duftwelt verschlagen hat? "Ich habe eine Klosterschule besucht, da musste ich immer Uniformen tragen", verrät Singer. Während andere Schüler ihre Persönlichkeit mittels Make-up zum Ausdruck brachten, war sie von außergewöhnlichen Parfums fasziniert. "Ich wollte immer anders riechen als alle anderen."

Max & Me: Hautpflege für Körper und Seele

Es war ein schleichender Prozess, der dazu führte, dass Tanja und Max Gruber heute zu den erfolgreichsten Autodidakten in Österreichs Beautybranche zählen. Sie eine Kreativdirektorin in einer Werbeagentur, er in der IT-Branche tätig – dennoch waren sich beide vor sieben Jahren einig: Sie wollen eine Kosmetiklinie gründen, die Körperpflege und energetische Heilkräfte miteinander verbindet.

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Tanja und Max Gruber sind ein eingespieltes Team

Tanja Gruber hatte zuvor eine Ausbildung zur Kinesiologin gemacht und im Alltag schon lange auf ätherische Öle vertraut. Mit viel Hinwendung sucht sie heute für die Gesichts- und Körperpflege  das Beste, was die Pflanzenwelt zu bieten hat, heraus. Besonders zugute kommt ihr dabei das Wissen, das sie auf ihren vielen Reisen gesammelt hat. Gruber: "Ich habe vor Ort immer Kontakt zu den Ursprungsvölkern gesucht, um zu sehen, welche heilenden und schönheitsfördernden Rituale sie pflegen." 

So stieß sie auf Murumuru-Butter aus den Tiefen des Amazonas-Regenwaldes oder  Palo Santo, den heiligsten Baum Südamerikas. Sein Öl soll nicht nur die Haut verbessern, sondern auch Energien reinigen und heben. Tanja Gruber ist überzeugt: "Es geht nicht nur darum, wie die Haut aussieht, sondern auch, wie sich der Mensch fühlt, wenn er die Produkte verwendet."

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