Weinstein-Prozess: "Erwarten Urteil am Montag"

Weinstein-Prozess: "Erwarten Urteil am Montag"
Rechtsexperten halten es für möglich, dass die Geschworenen bald ihre Entscheidung bekannt geben.

Die Geschworenen im Prozess um Harvey Weinstein gehen am heutigen Montag in die zweite Woche ihrer Beratungen. Rechtsexperten gehen davon aus, dass ein Urteil nun unmittelbar bevorsteht.

Am Freitag sandte die Jury eine Nachricht an den Richter des Obersten Gerichtshofs von Manhatten, um zu erfragen, ob sie in den zwei Hauptanklagepunkten zu verschiedenen Schlüssen kommen dürften. In untergeordneten Punkten sei man sich jedoch bereits einig geworden.

Bedeutsame Anfrage?

Für den ehemaligen Staatsanwalt Michael Bachner deutet diese Anfrage darauf hin, dass ein Urteil nun unmittelbar bevorstehen könnte. "Es klingt für mich danach, basierend auf der Nachricht und der Tatsache, dass sie in einigen Punkten ein Urteil gefällt haben. Ich denke, man sollte am Montag mit einem Urteil rechnen", sagte er gegenüber der New York Post. "Es wird entweder ein Teilurteil, bei dem die Jury in einzelnen Punkten nicht zu einem Ergebnis kommen konnte, oder es wird ein vollständiges Urteil geben."

Weinsteins Vertreter wies indes darauf hin, dass es von Juryseite üblich sei, per Notiz rechtliche Möglichkeiten zu erfragen. Dies müsse nicht auf ein baldiges Urteil hindeuten. "Sie haben eine hypothetische, akademische Frage gestellt, die nicht auf die eine oder andere Weise auf eine endgültige Entscheidung hinweist. Wir prüfen jede mögliche Option", so Krisen-PR-Manager Juda Engelmayer.

5. Oktober 2017: Die New York Times bringt den Fall ins Rollen. Die Zeitung berichtete als erste über den Vorwurf der sexuellen Belästigung, gestützt auf die Aussagen von mehreren Frauen. Die Vorfälle reichen demnach fast drei Jahrzehnte zurück. Außerdem soll Weinstein in acht Fällen Schweigegeld gezahlt haben.

Weinstein entschuldigte sich in einer Erklärung für sein "Benehmen gegenüber Kolleginnen in der Vergangenheit". Er nimmt eine Auszeit, um - wie er sagt - seine "Dämonen" in den Griff zu bekommen. Drei Tage später feuert ihn sein eigenes Filmstudio, das er zusammen mit seinem Bruder Bob Weinstein führte.

10. Oktober 2017: Die Ehefrau des inzwischen auch unter Vergewaltigungsvorwürfen stehenden Hollywood-Produzenten trennt sich von ihrem Mann. Georgina Chapman gibt eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Magazin People ab. Das Magazin New Yorker hatte zuvor berichtet, drei Frauen beschuldigten Weinstein der Vergewaltigung, darunter die Schauspielerin Asia Argento, die von einem Fall im Jahr 1997 berichtet.

Immer mehr Frauen erheben Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen den Hollywood-Mogul: Unter ihnen namhafte Schauspielerinnen wie Gwyneth Paltrow, Angelina Jolie, Rosanna Arquette, Rose McGowan und Selma Hayek. Über seine Sprecherin Sallie Hofmeister lässt Weinstein erklären, dass er alle Vorwürfe wegen nicht einvernehmlich erfolgter sexueller Handlungen zurückweise.

11. Oktober 2017: Wegen der Vergewaltigungsvorwürfe setzt die britische Filmakademie Bafta die Mitgliedschaft des US-Filmproduzenten aus. Weinsteins Verhalten sei "völlig inakzeptabel und unvereinbar mit den Werten der Bafta" und habe "absolut keinen Platz" in der Filmindustrie. Die Bafta vergibt die wichtigsten Filmpreise Großbritanniens.

14. Oktober 2017: Hollywood kehrt Weinstein endgültig den Rücken: Die Oscar-Akademie schließt den Produzenten aus ihren Reihen aus. Nach einer Dringlichkeitssitzung in Los Angeles erklärt der 54-köpfige Vorstand, die Entscheidung solle die Botschaft aussenden, dass "sexuell aggressives Verhalten" in der Filmbranche nunmehr "vorbei" sei.

Die Welle der Empörung schlägt immer höher, der Zorn kanalisiert sich in diesen Tagen im Internet vor allem in einem Hashtag: #MeToo wird zum Schlachtruf der Debatte und des Kampfes gegen sexuelle Gewalt.

3. November: Die New Yorker Polizei kündigt an, einen Haftbefehl gegen Weinstein wegen Vergewaltigung vorzubereiten. Konkret geht es um den Fall der Schauspielerin Paz de la Huerta. Sie hatte Weinstein beschuldigt, sie 2010 zwei Mal in New York vergewaltigt zu haben.

24. Mai 2018: Weinstein will sich angeblich den New Yorker Behörden stellen: Das berichtet die Zeitung New York Times unter Berufung auf namentlich nicht genannte Strafverfolger. Die Zeitung Daily News berichtet, Weinstein drohe mindestens eine Anklage wegen sexueller Gewalt. Der Fall reiche in das Jahr 2004 zurück.

31. Oktober 2018: In den USA sind neue Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein bekannt geworden. Eine aus Polen stammende Frau wirft Weinstein einen sexuellen Angriff im Jahr 2002 vor, als sie erst 16 Jahre alt war.

26. April 2019: Das Strafverfahren gegen Weinstein wegen sexueller Übergriffe soll erst am 9. September beginnen, teilt das Gericht in New York mit, vor dem der Prozess stattfindet. Verteidigung und Anklage hatten US-Medien zufolge mehr Vorbereitungszeit erbeten. Zunächst war der Prozessauftakt für Mai geplant gewesen, dann auf Juni verschoben worden.

23. Mai 2019: Weinstein erzielt in seinen Zivilverfahren wegen sexueller Übergriffe eine vorläufige Vereinbarung über eine Millionenentschädigung. Die außergerichtliche Regelung, die sämtliche Opfer und Gläubiger betrifft und auch die Verfahren in Kanada und Großbritannien einschließt, beläuft sich laut Medien auf 44 Millionen Dollar (39,4 Millionen Euro). Die strafrechtliche Verfolgung des Ex-Filmproduzenten bleibt davon unberührt.

12. Juli 2019: Weinstein präsentiert ein neues Anwaltsteam für seinen Prozess. Die Anwälte Donna Rotunno und Damon Cheronis aus Chicago würden nun zusammen mit Arthur Aidala aus New York seine Verteidigung übernehmen. Von mehr als einem halben Dutzend Anwälten hatte sich Weinstein zuvor schon getrennt - oder sie hatten selbst das Handtuch geworfen.

23. Oktober 2019: Rose McGowan, eine der Vorkämpferinnen der #MeToo-Bewegung, zieht gegen Weinstein vor Gericht. Die US-Schauspielerin ("Charmed - Zauberhafte Hexen") reicht vor einem Bundesgericht in Kalifornien Klage gegen den Ex-Hollywoodmogul ein.

11. Dezember 2019: Weinstein schließt eine weitere Vereinbarung über Entschädigungszahlungen an dutzende Frauen, die ihm sexuelle Gewalttaten vorwerfen. 25 Millionen Dollar (22,4 Millionen Euro) soll den Angaben seines Anwalts zufolge unter mehr als 30 Schauspielerinnen und früheren Angestellten Weinsteins aufgeteilt werden, die juristisch gegen den ehemaligen Hollywoodmogul vorgegangen sind. Die Anschuldigungen reichen von sexueller Belästigung bis Vergewaltigung.

16. Dezember 2019: Es wird bekannt, dass der Prozess gegen Weinstein am 6. Jänner 2020 in New York beginnen soll. Dies kündigte eine Anklägerin, das italienische Model Ambra Battilana Gutierrez, an.

Am vergangenen Dienstag zogen sich die Geschworenen nach mehrwöchigen Zeugenbefragungen für ihre Beratungen zurück. In den vergangenen Wochen hatte die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren versucht, mithilfe von insgesamt sechs Hauptzeuginnen in teils drastischer Detailtiefe ein Muster Weinsteins offenzulegen - das eines Mannes, der seine Macht in der Filmindustrie systematisch ausnutzte, um sich junge Frauen gefügig zu machen. Die Anklage lautet auf Vergewaltigung, schwere sexuelle Nötigung und räuberischen sexuellen Übergriff. Weinstein droht bei Schuldspruch eine lebenslange Haftstrafe.

#MeToo

Die Anschuldigungen gegen Weinstein, im Herbst 2017 von der New York Times und dem Magazin New Yorker veröffentlicht und später mit dem Pulitzer-Preis gekrönt, traten die MeToo-Bewegung los. Überall auf der Welt erkannten viele Frauen und auch einige Männer ihre eigenen Geschichten in denen der Weinstein-Opfer wieder und begannen, sie unter dem Schlagwort "Me too" zu sammeln. Aus dem Internet erwuchs daraus eine mächtige Bewegung gegen Machtmissbrauch, gegen Gewalt gegen Frauen und für Gleichberechtigung.

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