Conchita Wurst: "Hab nie Probleme bei der Passkontrolle"

Porträt von Conchita Wurst mit langem, dunklem Haar und Bart.
Österreichs Exportschlager über das Reisen als bärtige Frau und die neue Rolle beim Eurovision Song Contest.

Die Aufregung um Conchita Wurst reißt nicht ab. Die 26-jährige Travestiekünstlerin hat etwas erreicht, was wenige Gewinner vor ihr geschafft haben: Die Welt spricht von ihr. Und das auch am anderen Ende der Welt. Dort rührte sie als Gast bei den "Logie Awards", dem australischen Fernsehpreis, die Werbetrommel für ihr am 15. Mai erscheinendes Debütalbum "Conchita", ihre ins Englische übersetzte Biografie und den 60. Eurovision Song Contest, der am 23. Mai in Wien stattfindet. Bevor die Romy-Preisträgerin das Melbourne-Konzert von Ricky Martin besuchte, bat der KURIER zum Interview im Hotel.

Conchita Wurst zeigt mit dem Finger auf eine Person.
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KURIER: Die Regenbogen-Community ist in Melbourne sehr groß. Sind hier speziell Auftritte geplant?
Conchita Wurst:Dieses Mal leider nicht. Die Einladung nach Australien war dafür viel zu kurzfristig. Aber deswegen komme ich auch wieder zurück, um das nachzuholen. Wir Europäer haben ja ein sehr liberales Bild von Australien. Aber Tatsache ist, dass sie hier in vielen Dingen auch gerade Österreich noch hinterher hinken. Das hat mich sehr überrascht.

Bleiben Sie "Down Under" als Conchita noch unerkannt?
Als Conchita ist das schwierig, als Tom geht das schon eher. Ich bin auch als Tom nach Australien gereist. Aber als ich in Sydney ankam, hat mich die Dame vom Security-Check angeschaut und gesagt: "You’re the bearded lady, right?". Sie muss wohl ein großer Eurovision-Fan sein.

Haben Sie das Gefühl, dass die Menschen in Australien am Eurovision Song Contest sehr interessiert sind?
Absolut. Die Australier sind nicht nur Fans, sondern feiern das richtig. Die Euphorie hier steht den Schweden, die den ESC ja lieben, in nichts nach. Wegen der Zeitverschiebung stehen die Australier für den Song Contest extra früh auf. Das in Kauf zu nehmen, spricht für wahre Liebe.

Was wird Ihre Aufgabe beim heurigen Song Contest sein?
Ich bin im sogenannten Green Room stationiert. Dort landen die Kandidaten, sobald sie performt haben. Ich bin dann die wahnsinnig mühsame Reporterin, die sie interviewt. Deshalb mühsam, weil ich weiß, wie das ist, wenn man dort als Künstlerin sitzt und eigentlich mit niemandem reden mag, weil man so konzentriert ist. Ich bin auch nervös: Moderieren ist nicht unbedingt meine Komfortzone. Aber prinzipiell ist es für mich doch entspannter als letztes Jahr.

Conchita Wurst sitzt in einem Raum und lächelt einen Mann an.
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Nach Ihrem Sieg haben Sie viel Support von anderen Musikern erfahren. Erwartet uns auf Ihrem Album das ein oder andere Duett?
Leider nein. Ich möchte das in Zukunft machen, für dieses Album fehlte aber die Zeit dazu. Es hat ja so schon ein Jahr gebraucht, bis das Album fertig wurde. Das lag auch ein bisschen an meinem Kalender. Ich hätte auch sagen können, ich sperre mich für die nächsten Monate ein und arbeite nur am Album. Ich wollte aber diese ganzen Möglichkeiten, die mir geboten wurden, nicht außer Acht lassen. Somit haben wir uns nach langem Hin und Her entschlossen, dass dieses Album ein reines Solo-Debüt wird. Aber Kooperationen werden nicht ausgeschlossen. Die Namen, mit denen ich singen möchte, sind genauso surreal wie groß. Aber ich arbeite daran.

Haben Sie das Album in Österreich aufgenommen oder ist es auf Ihren Reisen entstanden?
Es wurde komplett in Österreich aufgenommen. Wobei ein Zehntel eines Liedes habe ich tatsächlich in Los Angeles eingesungen.

Sie sind viel in Europa unterwegs, waren zu Jahresbeginn bei den Golden Globes, jetzt in Australien. Welchen Teil der Erde wollen Sie als nächstes erobern?
Ein Ziel, an dem wir gerade sehr intensiv arbeiten, ist Asien. Wir werden sehen, ob das noch dieses Jahr funktioniert. Aber prinzipiell sind noch sehr, sehr viele Reisen geplant, vor allem da mein Album weltweit veröffentlicht wird. Und darauf freue ich mich, da ich sehr gerne reise. Es ist schön zu wissen, dass man nach dem Song Contest immer noch gut zu tun hat.

Haben Sie nie Probleme bei der Passkontrolle, wenn Sie als Conchita reisen?
Es ist wirklich sehr selten, dass ich in Drag reise, weil es erstens unkomfortabel ist und zweitens viel mehr Vorbereitungszeit in Anspruch nimmt. Wenn die Termine aber so knapp gelegt sind, dass ich schon in Maske erscheinen muss, dann reise ich auch mal als Conchita. Bis jetzt hatte ich deswegen nie Probleme. Nicht mal in Südafrika.

Conchita Wurst sitzt in einem eleganten Zimmer mit Blick auf eine beleuchtete Stadt.
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Ihr Buch wurde nun in sechs Sprachen übersetzt. Haben Sie Passagen streichen müssen, weil Menschen nicht erwähnt werden wollten?
Nein. Meine Familie und Freunde waren sehr involviert bei der Entstehung. Ich habe jeden angerufen und gefragt, ob es in Ordnung ist, diese oder jene Geschichte zu erzählen. Im Endeffekt lüfte ich in dem Buch keine wahnsinnig großen Geheimnisse, da ich immer offen über alles spreche. Trotzdem denke ich, dass das Buch für viele Menschen interessant sein könnte, weil es sehr detailliert schildert, warum ich das hier mache und wie alles passiert ist.

Buch, Album, Australien, Song Contest, Life Ball: Wann ist der nächste Urlaub geplant?
Nach dem Song Contest. Das war das Erste, was ich am Anfang des Jahres gebucht habe. Es wird keine lange Auszeit von Conchita sein, aber immerhin ein bisschen Abstand.

Martin Bauer traf Conchita Wurst für den KURIER in Melbourne.

Eine Sängerin mit Tänzerinnen in silbernen Kostümen auf einer Bühne unter blauem Licht.

Conchita Wurst singt auf einer Bühne mit einer Tänzerin im Hintergrund.

Conchita Wurst posiert auf einem roten Sofa in einem roten Raum.

Eine Sängerin mit Mikrofon steht mit Tänzerinnen in silbernen Kostümen auf einer Bühne.

Dragqueens posieren mit aufgeklebten Bärten in einem rot beleuchteten Raum.

Conchita Wurst und weitere Künstlerinnen in glitzernden Kostümen auf einer Bühne.

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