Damals, 1976–1983, war der ORF noch provokant, ungeniert, gemein. "Es kam vor, dass uns Leute auf der Straße angespuckt haben, andere umarmten mich überfallsartig – auch ein Schock", sagte Zeller einmal. Noch Jahrzehnte danach standen Kinder in Trauben vor ihrem Gartentürl und riefen: "Wir kennen dich! Du warst gestern im Fernsehen!"
Seit sie vor eineinhalb Jahren ihren zweiten Ehemann – Kollege Eugen Stark – verlor, lebt sie in einer eigenen Welt. Kameramann Fabian Eder(59), Sohn aus der ersten Ehe mit Regie-Gigant Otto Anton Eder, beschreibt dem KURIER ihren Ehrentag: "Heute feiert meine Mutter ihren 95. Geburtstag. Ihre Freundin Agi, die seit über achtzig Jahren in Kanada lebt, wird sie, wie jedes Jahr, anrufen, um zu gratulieren."
Und weiter: "Meine Mutter hat als Mädchen erlebt, wie jüdische Mitschülerinnen aus der Klasse ihrer Schule in der Rahlgasse mitten aus dem Unterricht deportiert wurden. Als sie heimkam, wurden ganze Familien vor ihren Augen an den Haaren aus den Wohnungen gezerrt. Das geschah nach den Buchstaben des Gesetzes und unter eifriger Beteiligung der heimischen Bevölkerung, Mitbewohner, Lehrer, Direktoren, Polizei, kurzum: unter Beteiligung aller. Nur so war es möglich."
Zu ihrer Freundin Agi hat Bibiana Zeller ein besonderes Verhältnis wie ihr Sohn erzählt. "Meine Großeltern und meine Mutter versteckten Agi, ein jüdisches Mädchen in ihrer Wohnung, in genau diesem Haus, und verhalfen ihr zur Flucht aus jenem verrohten Land, in dem ihr Leben bedroht war, in ein anders, sicheres, zivilisiertes. Glücklicherweise blieb ihre Tat unentdeckt, wären sie doch der Lage entsprechend als 'kriminelle Schlepper' schwer bestraft worden. Agi wird heute anrufen. Wenn sie noch lebt."
Fabian fand ein Foto von Agi und Bibiana, das auf einer Kanada-Reise seiner Mutter vor mehr als 20 Jahren gemacht wurde. In ihrer Biografie steht: "Ich war immer voller Scham ihr gegenüber, sie hingegen immer voller Fröhlichkeit. Ich sagte ihr oft, du musst uns Österreichern verzeihen, wir haben uns aufgeführt wie Bestien. Und sie hat darauf gesagt: Lass es doch endlich gut sein, die Welt ist schön und die einen sind so und die anderen so – und wenn die einen so sind, geh ich halt woanders hin."
Zellers letzter TV-Gemahl als Adolf Kottan, Lukas Resetarits (75), hört „heute noch ihren Flötenton. Vorwurfsvoll, aber immer g’feanzt ironisch. Liebe Bibi, Bussi vom Dolferl."
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