Was "Minisex"-Frontmann Rudi Nemeczek an seinem 70. Geburtstag verblüfft

Eine Person mit langen, blonden Haaren lacht und zeigt mit dem Finger nach vorne, trägt helle Kleidung und hält eine Brille in der Hand.
47 Jahre nach Gründung ist "Minisex" mit Seiler & Speer unterwegs. Heute wird der Frontman unfrisierte 70.

Schon erstaunlich, wenn nicht gar historisch: Die Vorgruppe (heute heißt das Supporting Act) der allerersten Falco-Tour (mit "Kommissar", 1982) ist auch 2026 noch in der Umlaufbahn am "Sternenhimmel" österreichischer Populärmusik.

Ein Musiker mit langen Haaren singt und hält ein Instrument, während ein Gitarrist im Hintergrund steht.

Rudi Nemeczek

Denn die Band Minisex, 1978 in Wien gegründet, wird im Sommer des kommenden Jahres die längst ausverkauften Kärntner Gigs von Seiler & Speer (Moosburg und Burg Clam) auf deren "Hödn Tour" eingeigen ... Was Mastermind Rudi Nemeczek, genau heute, Dienstag, 70, daran gleichermaßen verzückt wie verblüfft: "Dass so viele Menschen, die zu Zeiten unserer größten Hits noch nicht einmal geplant waren, Wort für Wort mitsingen."

Die größten Hits glückten der einst als "Gegenpol zum Austropop" erdachten Formation Anfang der 1980er mit minimalistischen, doch massentauglichen Missverständnissen wie: "Rudi, Rudi, gib acht" (vielleicht der erste Stalker-Song), "Ich fahre mit dem Auto" (ein fataler Unfall), "Du kleiner Spion" (Persiflage auf Macho-Getue) und "Eismeer" (Parabel auf die Polschmelze).

Blick zurück, großes Glück

Berauschende Erinnerungen, etwa an Donauinsel-Auftritte vor 100.000 Fans, aber auch Fehleinschätzungen wie etwa die Ablehnung, mit Nena auf US-Tournee zu gehen: All das klebt im Album des großen, frühen Glücks ... Dabei hatte Nemeczek den Band-Namen Minisex nur als Satire auf die "Schundheftl-Kleinanzeigen" für Penis-Vergrößerungen erfunden.

Zwei Männer lächeln, einer hält ein Buch mit einem Porträt auf dem Cover, im Hintergrund weitere Personen.

Rudi Nemeczek und Joesi Prokop

Dass er – dank eines Tipps von Joesi Prokopetz – in der Werbebranche Fuß fassen sollte (bis hin zum Kreativ-Konsul), klingt da wie Karma. Erster Job: Texte für Camelia-Damenbinden. Heute ist Nemeczek "Star-Vorleser" an der publizistischen Fakultät.

Blick nach vorn ohne Zorn

Schon zum 60er (2015) verriet er dem KURIER: "Ich habe nicht jede Sünde der Welt ausgelebt – aber viele." Drei Packerln Tschick täglich sind Vergangenheit, Asthma allerdings Gegenwart, ebenso wie ein Hörschaden von tausendundeiner Nacht mit Aberdutzenden Dezibel. 

Seine dritte Ehefrau Dagmar ist auch als Yoga- und Ernährungscoach ein Segen: "Mein größter Luxus ist längst die Gelassenheit." Nicht einmal der Badezimmerspiegel weckt Zweifel oder vertieft Zornfalten: "Wie gibt’s des, dass ma mit 70 no so guat ausschaut?" 

Das Phänomen Minisex erklärt sich Nemeczek lapidar: "Uns gibt es nur deshalb so lang, weil wir echt sind." Unverwechselbar, unverwüstlich, unfrisiert. Auf den aktuellen Plakaten findet sich sogar der launige Warnhinweis "Schöner Lärm, famoser Krach und unvergessliche Melodien". 

Und wie lange noch Frontman? "Mein Idol war schon immer Iggy Pop – mit 78 ein Beispiel dafür, dass man in Würde altern kann. I’m a Real Wild Child (1986) ist auch meine Kennmelodie."

Man darf also getrost auf den rüstigen Remix im Jahr 2035 hoffen: Rudi, Rudi, gib achtzig!

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