Kabarettist Gery Seidl über Humor in sensiblen Zeiten – und was ihn bewegt

Kabarettist Gery Seidl
Der (Bau)Meister des Kabaretts spricht über seine erste Kinofilmhauptrolle, was ihn aufregt und seinen 50. Geburtstag.

Von der Bauwirtschaft ins Rampenlicht – „zweiter Bildungsweg, weil das in meiner Familie keinen Stellenwert hatte. Da wurde mir nicht vorgeschlagen: Werde doch Kabarettist. Obwohl es mir immer schon gefallen hat“, so Gery Seidl, der neben seiner Bauleitertätigkeit Schauspielunterricht genommen hat, in der KURIERTV-Sendung „Herrlich ehrlich – Menschen hautnah“ (jeden Sonntag um 18:30 Uhr auf KURIERTV - zum Nachhören auch auf Spotify).

Die ganze Sendung: 

Herrlich ehrlich: Gery Seidl

Schlussendlich hat er sich aber für seine „Berufung Kabarettist“ entschieden – und ist sehr froh darüber.

„Am Ende des Tages bist du immer Werkzeug eines Regisseurs und schaust, dass du die Rolle da oder dort bekommst. Wenn dich der nicht will, dann hast du die Rolle nicht. Und aufgrund dessen, dass mir nie jemand eine Rolle gegeben hat, hab ich die alle selber geschrieben. Insofern kann ich mich maximal selbst fallen lassen – und das will ich nicht“, so Seidl.

„Meine Tochter kennt den Begriff ,Arbeiten gehen' nicht, weil sie sagt immer, jetzt geht der Papa spielen. Und ich sehe es auch immer noch so – zum Glück. Weil Arbeiten finde ich jetzt nicht so zwingend lässig. Du gehst da raus und probierst und schaust, wie es gelingt, und es ist jeder Abend anders.“

Kabarettist Gery Seidl über Humor in sensiblen Zeiten – und was ihn bewegt

Lisa Trompisch im "Herrlich ehrlich"-Studio mit Gery Seidl

In Zeiten wie diesen würde aber jedes Wort extrem auf die Waagschale gelegt werden. 

„Wir haben meines Erachtens diese Pastelltöne verloren. Es ist alles Schwarz-Weiß und jeder macht sein Ding und wir ziehen alle den Kopf ein und dann haben wir alle ein steifes Genick. Der Erste, der aufschaut, hat verloren. Und da glaube ich, hab ich mit dem Kabarett eine Bühne gefunden, weil ich im Herzen niemanden beleidigen will. Ich will niemanden diskreditieren oder jemandem was auswischen. Ich bin keinen Deut intelligenter als jeder, der da unten sitzt, und gehe mit offenem Visier da raus und hoffe, dass ein gelungener Abend daraus wird. Dann kann ich auch reinen Herzens sagen, was ich mir denke.“

Hauptrolle in Kinofilm

Seidl, der derzeit mit seinem siebenten Programm „beziehungsWEISE“ unterwegs ist, hat jetzt auch seine erste Kinofilmhauptrolle ergattert. Als Inspiration dafür diente sein Weihnachtskabarett „Aufputzt is!“ – und genau so heißt auch der Film (zu sehen ab 17. November in den heimischen Kinos). 

„Es ist eine wunderschöne Reise geworden mit einem noch schöneren Ende. Drei Monate Ausnahmesituation in meinem Leben mit lauter lieben Menschen. Ich spiele die Hauptrolle, weil ich sie mir geschrieben habe, sonst hätte ich in Österreich keine Hauptrolle“, meint er lachend. 

Ein Weihnachtslied, welches er gemeinsam mit Christopher Seiler singt, hat er auch dazu komponiert.

Der Grundoptimist („Aber auch der Optimist macht Blödsinn.“) kann sich aber durchaus auch schon mal über etwas aufregen. „Wenn ich das Gefühl habe ungerecht behandelt zu werden, dann setze ich Kräfte frei, weil ich es nicht verstehe.“ 

Und wenn mal was auf der Bühne nicht gelingt, dann ärgert das auch. „Ich würde mir wünschen, dass ich es besser wegstecken kann. Wenn das Stück einmal da ist und es möge nicht gelingen, dann liegt’s daran, dass du nicht konzentriert warst. Und das ärgert mich dann. Das darf eigentlich nicht sein.“

Am 11. Mai feiert er seinen 50er, Probleme mit dem Älterwerden hat Seidl aber keine. 

„Wenn der Tag dann da ist, ist es vielleicht anders, aber ich fühle mich fitter als mit 40 und mir gefällt mein Weg. Vielleicht werde ich 60, vielleicht werde ich 90, vielleicht werde ich 52. Ich plane schon, aber nicht um jeden Preis. Es hat einmal jemand gesagt, das Ziel setzt den Weg in Gang. Und ich bin eigentlich ständig am Gehen.“

Warum seiner Meinung nach das Schulsystem reformiert gehört, warum das Gender-Sternchen schön ist, aber nicht wirklich etwas nach sich zieht und er „jede Verächtlichkeit, um jemand anderen zu denunzieren“ strikt ablehnt, sehen Sie im Video oben.

Kommentare