Als ich auszog, um einer Diva zu begegnen…

Zwei Frauen posieren für ein Foto bei einer Veranstaltung.
Nina Ellend hat Operndiva Anna Netrebko interviewt. Ein Erfahrungsbericht.

Warten. Das gehört dazu, wenn man auf Anna Netrebko treffen möchte. Ich habe " Bella Anna" schon zuvor gesehen. In Wien und in Salzburg. Diesmal soll ich erstmals ein Gespräch mit ihr führen. Aber alles schön der Reihe nach: Staunen auch von meiner Seite, als sie nicht in einer bodenlangen Robe ihrer Lieblingdesignerin Irina Vitjaz erscheint. Das kurze, Gold glänzende Cocktailkleid sieht ja lieb aus, aber für eine Diva zu schlicht.

Zwei Frauen unterhalten sich auf einer Veranstaltung, eine hält ein Smartphone in der Hand.
Nina Ellend, Anna Netrebko 19.04.2013, Wien, Hofburg, Modenschau
Wie in Zeitlupe schreitet sie die Treppe hinauf. Perfekt sieht sie aus, nur der Träger ihres BHs ist verrutscht. Soll ich es ihr sagen? Später, denke ich. Langsam schwenkt sie den Kopf von einer Seite zur anderen. Vergleichbar nur mit einer Kamerafahrt am Filmset. Kein Lächeln. Kein Wimpernzucken. Die Fotografen schreien "Anna, Anna". Selbe Mimik. Was ist bloß mit ihr los?

Divenhaft der Auftritt. Abhoben. Erhaben. Bei der Modenschau nimmt sie in der ersten Reihe Platz. Ein Glas Champagner wird ihr gereicht. Ich atme auf. Vielleicht hilft heute nur Alkohol, denke ich. Während der Show tratscht sie mit ihrer russischen Freundin, nippt am Glas und beginnt ab und zu zu lächeln. Gott sei dank. Temperamentvoll, lustig und gesellig habe ich sie in Erinnerung. Ist sie das noch?

Zwei Frauen sitzen nebeneinander und schauen auf ihre Smartphones.
Nina Ellend, Anna Netrebko 19.04.2013, Wien, Hofburg, Modenschau
Die Show dauert länger als angekündigt. Schöne Kleider, toller Schmuck, aber meine 14-Zentimeter-Absätze beginnen sich bemerkbar zu machen. Jeannine Schiller sitzt hinter Netrebko und macht sie aufmerksam, dass der Träger verrutscht ist. Die Schiller traut sich das.

Nach der Show heißt es für mich Augen zu und ab zu Anna. "Hello, I am Nina!" "Ist es nicht zu laut hier?", fragt sie. "Ja, aber mein I-Phone packt das schon", antworte ich. Toll, wie Anna während des Gesprächs auftaut. Natürlich, ungezwungen, als würden wir uns schon lange kennen, erzählt sie über ihre Styling-Präferenzen: Große Roben, bunte Farben, verrückte Freizeitkleidung, extrem kurze Kleider, teure Klunker und schweres Parfüm mag sie. "Ich verwende wenig Make-up", sagt sie. Ich denke: "Im Vergleich zu einem Opern-Auftritt vielleicht." An ihr Gesicht läßt sie nur "teure Cremen", keinen Schönheitschirurgen. Ob die 41-Jährige das auch noch in 10 Jahren sagen wird?

Eine Frau in einem goldenen Kleid hält eine glitzernde Handtasche.
Anna Netrebko 19.04.2013, Wien, Hofburg, Modenschau
"Jeans mag ich nicht, die sind langweilig". Das erstaunt mich. Dann wieder nicht. Dann erinnere ich mich: Eine Diva trägt keine Jeans, oder?

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