Was machen Österreichs Olympia-Hoffnungen in Heim-Quarantäne?

PK ÖOC LUKAS WEISSHAIDINGER
Segler Thomas Zajac zog sich in eine Hütte am Neusiedler See zurück. Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger trainiert am Hof seines Bruders.

Die Veranstalter haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die Olympischen Spiele trotz der Coronavirus-Pandemie in diesem Sommer stattfinden können. Die Sportler selbst zweifeln daran. "Ich glaube schon, dass Olympia abgesagt wird, die Spiele durchzuführen wäre verantwortungslos. Ich glaube, sie sollten ein Jahr verschoben werden, das wäre das Gescheiteste", erklärte Ruderin Magdalena Lobnig, die als einzige ÖRV-Athletin bereits ein Ticket für Tokio in der Tasche hat. Die Kärntnerin muss sich trotz der überall vorherrschenden Unsicherheit fit halten.

Am Wochenende trainierte die Ex-Europameisterin noch mit dem Boot auf dem Völkermarkter Stausee. Mittlerweile ist der Betrieb ihres Rudervereins eingestellt worden. "Ich weiß noch nicht, wie es weitergeht", so Lobnig auf mögliche künftige Einzeltrainings am Wasser angesprochen und betonte: "Wir halten uns natürlich an die Vorgaben."

Ab sofort muss sie aber wohl mit Indoor-Einheiten vorlieb nehmen. Zumindest das Kardio-Training sei für sie indoor leicht zu bewerkstelligen. "Ich bin daheim mit Ruder- und Rad-Ergometer super versorgt", erklärte die 29-Jährige. Problematischer seien hingegen die Krafteinheiten, da sie keine eigene Kraftkammer habe. Einzeltraining im Kraftraum und am Wasser würde sie aber für gefahrlos durchführbar halten. "Im Einer kann ich keinen anstecken. Und alleine in der Kraftkammer besteht auch keine Gefahr."

Zajac: Nach Heim-Quarantäne auf den Neusiedler See

Eine andere österreichische Olympia-Hoffnung hat sich in eine Hütte am Neusiedler See zurückgezogen. Der Olympia-Dritte von 2016 in Rio in der Segelklasse Nacra-17, Thomas Zajac, ging am Wochenende nach seiner Rückkehr aus Palma de Mallorca in eine vierzehntägige freiwillige Heim-Quarantäne. Das hatte der Österreichische Segelverband seinen Aktiven auferlegt, für die Heeressportler kam diese Order auch vom Bundesheer.

Österreichs Segler packten am Donnerstag als erstes Team in Palma zusammen und wurden von anderen Nationen noch belächelt. "Was dann erfolgte, war eine Kettenreaktion", schilderte Zajac im Gespräch mit der APA, spätestens Freitag hatten alle zusammengeräumt. Die WM der 470er-Klasse und die Princess Sofia Trophy waren abgesagt worden. Die Coronavirus-Infektionszahlen in Spanien stiegen rasant an und viele Länder drohten, ihre Grenzen dichtzumachen.

"Wichtig war, das Material nach Hause zu bringen, weil wir theoretisch Anfang April den Olympia-Container einpacken", sagte Zajac, der sich fürs Heim-Fahren statt -Fliegen entschieden hatte und mit dem Anhänger 38 Stunden durch Spanien, Frankreich und die Schweiz unterwegs war. Italien musste ja gemieden werden. Die Sicherheitsbedenken seien überall wahrnehmbar gewesen. An den diversen Tankstellen hätte sich das Personal an der Kassa nach jedem Kunden die Hände desinfiziert, die Reisenden hätten alle Abstand voneinander gehalten.

Gegen Wohnung in Wien entschieden

Zu Hause hatte der Segelverband bereits vorgesorgt und Essen für die Quarantänezeit eingekauft. Auch die Unterkunft im Seglerheim wurde vorbereitet, falls jemand aus Rücksichtnahme vor einem zur Risikogruppe zählenden Familienmitglied nicht zu Hause sein wollte. Wie alle Sportstätten bleibt auch das Leistungszentrum am Neusiedler See für zumindest eine Woche geschlossen.

Zajac entschied sich zwischen den Möglichkeiten Wohnung in Wien ("Meine Nachbarn sind alt, da würde ich nur ungern auf den Gang gehen"), Seglerheim und die Hütte eines Freundes am See für Letzteres. Dort hat er auch keine Kraftkammer, aber zumindest kann er rausgehen und sich aktivieren, vom Konditionstrainer bekommt er Pläne übermittelt.

Kein Sportler dürfe sich beschweren oder aufregen, wenn er die Augen aufmache und sehe, dass ältere Menschen sterben und viele andere um ihre Existenz bangen. Das müsse er als Sportler nicht, Freunde indes hätten schon ihre Jobs verloren. Deshalb werde er das mit den beschränkten Trainingsmöglichkeiten auch hinbekommen. "Als Segler ist man es gewöhnt, flexibel zu sein und zu reagieren. Wenn ich es mir aussuchen könnte, wäre ich jetzt nicht in der Hütte, aber das sind die Umstände."

Was machen Österreichs Olympia-Hoffnungen in Heim-Quarantäne?

Sport im Hintergrund

Die gute Planung und das Krisenmanagement des Segelverbandes strich Zajac im Gespräch positiv hervor. Nach der Rückkehr aus Spanien nun in diese freiwillige Heim-Quarantäne zu gehen und Kontakte zu meiden, nennt er "mit gutem Beispiel vorangehen". Gerne hätte er als Bundesheersportler auch bei Hilfstätigkeiten ausgeholfen, allerdings geht das derzeit vonseiten des Heeres nicht, weil er zuvor in Spanien war.

Freilich trete der Sport derzeit in den Hintergrund, spätestens dann, wenn man auf sein weltweites Netzwerk schaue. "Ich habe mit Santi telefoniert, der ist nach Argentinien geflogen und glaubt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis es dort schlimmer wird. Er hat ja auch schon einen Lungenflügel weniger."

Gemeint ist Santiago Lange, ein langjähriger Freund von Österreichs Seglern. Er war über viele Jahre im Tornado Kontrahent von Roman Hagara/Hans Peter Steinacher und ist nun im Nacra-17 erfolgreich. Nach überstandener Krebserkrankung gewann Lange 2016 in Rio Gold. Als Person mit Vorerkrankung zählt er zur Risikogruppe dieser neuen Lungenkrankheit.

Weißhaidinger: Training "zwischen Fuchs und Hase"

Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger ist Sonntagnachmittag mit einem ausgeliehenen Bus aus Oberösterreich in die Südstadt gereist, um diesen mit wichtigen Trainingsgeräten zu beladen. Er wird wegen der Corona-Verordnungen in der kommenden Zeit daheim am Hof seines Bruders in Taufkirchen an der Pram trainieren - "zwischen Fuchs und Hase", so wie er es früher immer gemacht hat.

Ein kleines feines Trainingszentrum mit beheizbarer Wurfhalle und kleinem Fitnessraum hat sich Weißhaidinger mit familiärer Hilfe daheim gebaut. Die Geschichte ist mittlerweile legendär, dass er im Winter den Diskus ins aufgehängte Netz geknallt hat, und im Sommer durch das geöffnete Rolltor in die Wiese. Die freilich vom Bruder ständig gemäht werden musste.

Mittlerweile findet der WM-Bronzemedaillengewinner im Bundesleistungszentrum in der Südstadt beste Trainings- und Regenerationsmaßnahmen sowie spezielle Kraftmaschinen vor. Ein paar dieser für ihn so entscheidenden Puzzlestücke für den Erfolg holte er sich nun nach Hause. Dazu zählen u.a. Hanteln, Disken, Kugeln, Stäbe, Hantelscheiben, die richtigen Schuhe, Strümpfe für Regeneration und das Kältebecken plus Aggregat.

"Das oberste Ziel ist, gesund zu bleiben"

Denn auf Massagen und Physiotherapie muss der 28-jährige Weißhaidinger wie alle Sportler derzeit wegen der Ansteckungsgefahr verzichten, umso wichtiger sind - notfalls improvisierte - regenerative Maßnahmen, um Verletzungen vorzubeugen.

"Wir leben in einer schnelllebigen Zeit, es gibt ständig neue Maßnahmen. Das oberste Ziel ist, gesund zu bleiben. Es ist für mich aber ganz wichtig, dass ich in einen normalen Trainingsalltag und Rhythmus komme und weiter trainiere. Mit Stand jetzt finden die Olympischen Spiele statt und darauf will ich mich bestmöglich vorbereiten, sagte Weißhaidinger im Gespräch mit der APA. Notfalls werde es halt ein Training aus dem Kofferraum werden.

Da er bereits für die Sommerspiele qualifiziert sei, habe er es einfacher als all jene, die dies noch vor sich haben und bei denen jetzt möglicherweise das Schwimmbecken gesperrt ist. "Aber sicher, es gibt Sachen, die sind momentan wichtiger. Jeder muss seinen Beitrag leisten, der springende Punkt ist, dass möglichst viele Leute die sozialen Kontakte minimieren, daheimbleiben und das aussitzen."

Er wollte betonen, dass Sportler zu sein, sein Beruf sei. Und er sein Geld dafür bekomme, bei Olympia zu starten und Österreich dort so gut wie möglich zu vertreten. Mit seinem Trainer Gregor Högler werde er per Skype kommunizieren und alles so gut es geht optimieren. "Ich werde zum Beispiel eine zweite Kamera aufstellen, dass er von der Seite zuschauen kann. Ich will die Sache, so gut es geht, meistern."

Bis die Sportstätten dann wieder aufgesperrt werden. "Man darf nicht vergessen, dass das unser Arbeitsplatz ist. Es wird jetzt schwierig werden, den Fokus zu behalten", vermutet der ÖLV-Rekordler.

Denn die Situation jetzt sei ein Ausnahmezustand, wie es auch die Regierung gesagt habe. "Es müssen alle mithelfen. Wenn alle zusammenhelfen, schaffen wir das. Das Virus ist eine unsichtbare Gefahr. Wir müssen es so schnell wie möglich eindämmen." Vielleicht schade es auch einmal nicht, mit den Lieben daheim zu sein und runterzukommen. Der eine oder andere Spieleabend im kleinsten Kreis wird folgen.

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