Warum die Wiener Skisportler auf Plastik abfahren

Eine junge Wiener Skirennläuferin fährt um ein blaues Riesentorlauf-Tor.
Die Wiener Skisportler können schon lange nicht mehr in Wien auf Schnee trainieren. „Die Matte ist alternativlos“, sagt ihr Präsident.

Dave Ryding. Immer wieder fällt der Name Dave Ryding im Gespräch mit Roland König. Der britische Slalomläufer sei das beste Beispiel dafür, dass es möglich ist: Skifahren lernen auf Matten.

Roland König ist seit 2022 Präsident des Wiener Skiverbandes (WSV) und leitet hauptberuflich das Haus der Barmherzigkeit im 16. Bezirk. „Die Matte ist alternativlos“, sagt er. „Es können definitiv gute Skifahrer von der Matte kommen. Wir brauchen die Tage in den Skischuhen.“

Die Großstadt Wien und Skifahren? Passt das zusammen? Es passt. Etwa 120 Athletinnen und Athleten fahren im Nachwuchsbereich aktiv Skirennen. Dazu kommen 30 Skispringer der Stadtadler und 20 Snowboarder. Einst machte sogar der Ski-Weltcup Station in Wien. 1986 fuhren noch Marc Girardelli, Ingemar Stenmark oder Helmut Höflehner auf der Hohe Wand Wiese einen Parallel-Slalom.

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Roland König, Präsident des WSV

Es können definitiv gute Skifahrer von der Matte kommen. Wir brauchen die Tage in den Skischuhen.

von Roland König

Präsident des Wiener Skiverbandes

Doch der Klimawandel ist gnadenlos, der Schlepplift seit fast zehn Jahren im Winter nicht mehr in Betrieb, der Schnee zieht sich auf die Berge zurück. „Früher haben die Vereine im Hochwinter auf der Hohe Wand Wiese trainiert“, sagt Präsident König. „Jetzt organisiert der Verband, dass wir zwei Mal pro Woche unter Flutlicht in St. Corona oder am Semmering fahren können. Aber die Möglichkeiten werden weniger.“

Schnee nur in den Bergen

Die Wiener Topfahrer profitieren von einer Kooperation auf der Turracher Höhe mit dem Hotel Hochschober, „unserem wichtigsten und aktivsten Partner“, wie König sagt. „Und auch die Bergbahnen unterstützen uns dort sehr.“ Ab Mitte November ist die Trainingspiste für die Skiklubs offen, bis Ende April kann trainiert werden. Und erst ab Mai weicht der WSV dann nach Sölden aus.

Im letzten Winter probierten die Wiener aber in Wien etwas aus. Sie legten die Matten vom Kinderland auf der Hohen Wand Wiese hinauf auf den Hang. „Sechs Slalom-Tore sind sich da ausgegangen“, sagt König. „Da kann man ganz normal drauf fahren und geschnittene Schwünge machen.“ Das Experiment wurde begeistert angenommen. „Wenn man dort von Oktober bis Juni trainieren würde, ist man mit 12, 13 anders ausgebildet, als wenn man nur in den Ferien Rennlauf trainiert. Da könnten wir gute Skisportler herausbringen.“ Und auch auf Ski-Maschinen kann man trainieren. „Das ist wie ein Laufband, auf dem dir ein Teppich entgegenkommt.“

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Gut aufgestellt: Die Wiener Skifahrer vor ihrer Basis auf der Turracher Höhe.

Allerdings: Die Großstadt verändert sich, Interessen werden verschoben, Kinder mit Migrationshintergrund haben kaum eine Beziehung zum österreichischen Traditionssport. „Diese Kinder aus aller Welt gehören auch zu Österreich“, sagt König. „Wir wollen niemand ausschließen, wir wollen diese Kinder bewegen und ihnen das Skifahren zugänglich machen, quasi vor der Haustüre.“ Eben auf einer Piste mit Matten.

Konkrete Pläne für eine Mattenpiste

Auf der Hohen Wand Wiese gibt es konkrete Pläne für die Errichtung einer ständigen Trainingspiste auf Skimatten. Die ganzjährige gemeinsame Nutzung des Areals gemeinsam mit den Mountainbikern und die konkrete Umsetzungsvarianten sind gerade in Prüfung.

Gespräche mit der Stadt gibt es außerdem um die Errichtung einer Skisprung-Anlage für die Stadtadler. König: „Im Nachwuchsbereich und auch bei den Freestylern könnte man mit einer Mattenschanze viel bewirken.“

Denn eines ist völlig klar, und das ist auch die große Hoffnung von Ski-Präsident König: Der Pool an potenziellen Nachwuchssportlern ist im direkten Umfeld der Skigebiete deutlich kleiner, als in der Millionenstadt Wien.

Hinweis: Die Reise erfolgte auf Einladung von WSV und Hotel Hochschober.

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