Material-Doping: Die Nordische WM in Trondheim hat ihren Riesenskandal

„Ich glaube nicht, dass ich so was noch einmal erleben werde“, meinte Mika Vermeulen und der steirische Langläufer sprach damit stellvertretend für alle Sportler und Fans, die der Nordischen WM in Trondheim beiwohnen durften.
Wie oft läuft man schon ein Rennen vor 100.000 begeisterten Besuchern? Wo sonst werden Nachzügler wie Sieger gefeiert?
Bis Samstag war die WM in Trondheim ein Skifest, das alle in den Bann zog und jeden mitriss. Doch dann legte sich ein dunkler Schatten über Trondheim, der diese Titelkämpfe und vor allem das dominante Gastgeberteam in ein fragwürdiges Licht rückt.

Zu früh gefreut: Marius Lindvik wurde disqualifiziert
Verarschung
Die norwegischen Springer haben dreist geschummelt und im Kampf um die Medaillen offenbar vorsätzlich betrogen. Am Samstag wurden Silbermedaillengewinner Marius Lindvik und zwei weitere Norweger nach dem Bewerb auf der Großschanze aus der Wertung genommen.
Sie alle trugen Sprunganzüge, an denen Manipulationen vorgenommen worden waren. Das wurde bei der Kontrolle augenscheinlich, als die norwegischen Anzüge auseinandergeschnitten wurden und die FIS-Verantwortlichen große Augen machten.
FIS-Renndirektor Sandro Pertile sprach von Materialien, die nicht erlaubt seien. „Und das ist der schwierigste Moment in meiner Karriere. Ich bin schockiert.“
Eine der Profiteure dieses Skandals ist Jan Hörl, der auf Grund der Disqualifikation von Marius Lindvik auf den zweiten Platz vorrückt und seine zweite Einzelmedaille nach Bronze auf der Normalschanze gewann.
„Ich habe mich nicht aus der Ruhe bringen lassen, weil ich gewusst habe, dass ich es drauf habe“, meinte der 26-Jährige.

Jan Hörl gewann Silber
Video-Beweis
Schön während des Wettkampfs hatte große Aufregung geherrscht, nachdem ein Video aufgetaucht war, in dem norwegische Teammitglieder beim kreativen Umgestalten der Anzüge zu sehen waren.
Der ÖSV legte unverzüglich Protest ein, andere Verbände zogen mit. Ohne diese Offensive, die nicht allen bei der FIS gefallen haben durfte, hätte das unfaire Treiben des norwegischen Skisprungteams keine Konsequenzen gehabt. "Die ganze WM hat nun einen faden Beigeschmack", sagt ÖSV-Geschäftsführer Christian Scherer.
Droht Medaillen-Aberkennung?
"Es ist für mich eine Verarschung. Es ist eine klare Manipulation und klarer Sportbetrug, ähnlich wie Doping. Es tut mir echt leid um ein paar Leute, die hier vielleicht eine Medaille gewonnen hätten, wenn diese Kontrollen früher passiert wären", sagt Thomas Thurnbichler, der Trainer der Polen.
Der norwegische Chefcoach Magnus Brevig beteuerte zwar: „Es ist kein Betrug, sondern ein Regelverstoß." Aber es ist schwer vorstellbar, dass das norwegische Team erst beim letzten WM-Wettkampf auf die glorreiche Idee kam, die Anzüge zu manipulieren.
Das Material-Doping der Norweger könnte noch weitreichende Folgen haben. Nun stehen auch die bisherigen Erfolge der Skispringer bei der Heim-WM in Zweifel. Auch gegen die Wertungen im Frauen-Skispringen und in der Nordischen Kombination wurde ein Protest eingelegt.
Der Weltverband FIS wurde schriftlich aufgefordert, sämtliche Anzüge der norwegischen Springer und Kombinierer einzusammeln und noch einmal zu testen.
Norwegen droht im schlimmsten Fall die Aberkennung vieler Medaillen und ein sportlicher Supergau. Der Ruf der Norweger als faire Sportnation steht nach diesem Skandal bei der Heim-WM nämlich auf dem Spiel.
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