Wie ein Wiener zum zweifachen Stanley-Cup-Champion wurde

Andre Niec mit dem Stanley Cup
Andre Niec im Interview: 2005 wurde er mit den Vienna Capitals Meister. Jetzt ist er Europa Scout der Florida Panthers, die in der Nacht auf Mittwoch den Titel in der NHL verteidigten.

Am Ende war es eine Machtdemonstration, dieses letzte große Eishockey-Spiel der Saison. Die Florida Panthers gewannen das sechste Spiel der Best-of-seven-Serie in der NHL gegen die Edmonton Oilers mit 5:1 holten holten sich wie 2024 den riesigen Stanley Cup. Die wichtigstes Trophäe im internationalen Klub-Eishockey.

Mittendrin war auch Andre Niec. Der 42-jährige Wiener mit tschechischer und österreichischer Staatsbürgerschaft gewann 2005 mit den Vienna Capitals den Titel in Österreich, ist jetzt Europa Scout der Florida Panthers und verfolgte die Spieler live. Neben Niec ist übrigens auch Ex-Teamtormann Jürgen Penker als Goalie-Scout für die Panthers im Einsatz.

Im KURIER spricht Andre Niec über seine Tätigkeit für den besten Klub der Welt, über Marco Kasper und die Herausforderung, immer neue Spieler zu finden.

Sie sind Europa Scout für Florida, was machten Sie im Rahmen des Stanley Cup Finales vor Ort? 

Wir haben viele Meetings. Wir reden über ...  über manche Sachen darf darf ich gar nicht reden. Als Scout arbeite ich in Europa und suche Spieler. Das heißt, ich habe Tschechien, Slowakei, Deutschland, Schweiz, Schweden, Finnland und auch Russland. Okay. Wenn sich irgendein Spieler zum Beispiel in Österreich oder einem anderen kleinen Land befindet, der auf einmal super spielt, dann fahren wir auch immer dorthin.

In Florida ging es für Sie wohl schon um die nächste Generation?

Wir Scouts wurden eingeladen von der Mannschaft, damit wir alle zusammen einmal hier in Florida sind und uns die Spiele anschauen. Wir haben uns wie die NHL auch die AHL angeschaut, weil unsere Charlotte Checkers auch im Finale sind. Wir schreiben Berichte über Spieler, was wir denken, wie sie sich über das Jahr verbessert haben oder verschlechtert haben. Die Frage ist immer: Welcher Spieler für die Zukunft eine Chance hat, in der NHL zu spielen, wenn er aus Charlotte ist. 

Und die Stanley-Cup-Spiele?

Die schauen wir einfach nur an und genießen. Aber für uns Scouts ist es sehr wichtig, auch diese Spiele zu sehen, weil da siehst du ganz genau, was für Spielertypen wir suchen müssen, welche Spieler in unser Konzept reinpassen würden.

Dabei geht es wohl auch um die Intensität, die mit einem normalen Grunddurchgangsspiel nicht zu vergleichen ist ...

Wir müssen beurteilen können, ob ein Spieler überhaupt auf diesem Niveau hier spielen kann. Dabei geht es eigentlich nicht nur um das Eishockey, das Leben hier ist anders. Du bist die ganze Zeit auf Reisen. Also, ich sage immer, wenn ein Spieler aus Europa kommt, braucht er mindestens zwei Jahre, bis er sich integriert und auf dieses Niveau kommt. Du spielst vielleicht in Europa 20 Minuten oder 25 Minuten pro Spiel, dann kommst du hierher und nach 10 Minuten bist du komplett fertig. Das ist ein komplett anderes Spiel.

46-216131378

Und dann kommt natürlich die weitere Steigerung, wenn du im Play-off bist, beziehungsweise im Stanley Cup Finale, oder?

Das ist komplett anders. Diese Spiele, die wir jetzt hier gesehen haben, die sind auf einem ganz anderen Niveau. Das kann man mit der normalen Saison fast nicht vergleichen. Die sind viel schneller, aggressiver, viel körperbetonter. Das Niveau ist wieder um eine, vielleicht sogar um zwei Klassen höher. Es ist unglaublich, was die Spieler alles durchhalten. Auch wenn sie verletzt oder oder krank sind, die Spieler beißen durch, das ist es ist schon extrem.

 Wie sind Sie zu den Florida Panthers gekommen? 

Ich habe 2015 bei der Weltmeisterschaft in Tschechien gearbeitet und die US-Mannschaft betreut, weil ich Tschechisch spreche. Da habe ich ein paar General Manager kennengelernt. Ein Jahr danach bin ich nach Amerika geflogen und war dann Trainer in einer unteren Liga. Aber der ein General Manager hat mich immer wieder kontaktiert, jedes Jahr. Er hat gesagt, wenn er einmal General Manager ist, und einen Scout braucht, bin ich der erste den er anruft. Das war Bill Zito. Und nach sechs Jahren,  - ich bin ich gerade im Autobus von New York nach North Carolina gesessen – kam ein Anruf Anruf.  Er sagte: 'Hey, hast du Lust für mich zu arbeiten?' Und ich habe gesagt: 'Natürlich!' Und dann: 'Dann fliegst du nach Florida, ich stell dir jeden vor, schaust dir mal alles an und wahrscheinlich fliegst du dann gleich weiter zur WM.'

46-216131381

Das war Floridas General Manager Bill Zito ...

Ich war komplett im Schock. Natürlich bin ich dann nach Florida runtergeflogen. Ich habe alle kennengelernt. Roberto Luongo, Bryan McCabe und die ganzen Stars. 

Und dann sind Sie getestet worden?

Jeder hat mich gefragt, was ich gemacht habe, wo ich gespielt habe. Dann musste ich zum Computer und meine Gedanken über einen gewissen Spieler sagen. Der größte Test war aber: Ich bin im Office gesessen und auf einmal kommt Sergei Bobrovski (Anmerkung: Startormann der Panthers). Er hat gesagt, ich soll mit ihm Russisch sprechen. Ich hatte es gelernt. Er hat kurz mit mir geredet und auf einmal hat er gesagt ‚er spricht gut Russisch‘. Danach haben sie mir mitgeteilt, dass sie mich nehmen. Die Sprachen waren ein großes Plus für mich.

Goalie Brobrovski testete Niec in Russisch

Goalie Brobrovski testete Niec in Russisch 

Ab welcher Altersstufe beobachten Sie Spieler? 

Ich habe als Amateur-Scout angefangen. Aber nicht, weil ich Amateur war, sondern weil du die jungen Spieler scoutest. Das heißt von 16 bis 19 Jahren suchst du Spieler für den Draft. Die ersten Jahre sind die schwersten, weil du weißt nicht ganz genau, was du suchst. Und du musst dir auch vorstellen können, wo der Spieler einmal sein wird. Mit 16 sind das noch Kinder. Manche werden schnell zum Mann, andere brauchen länger. Du musst Informationen sammeln, auch die Eltern, Oma, Opa sind wichtig. Es geht auch immer um den Charakter.

Bei Marco Kasper war es ähnlich. Als er von Detroit gedraftet wurde, sagte sein Vater Peter noch, dass er noch kein Mann sei. Zwei Jahre später wurde er zum Stammspieler.  Anders als ein Jurai Slafkovsky aus der Slowakei, der mit 18 Jahren über 1.90 Meter war.

 Ja, der war schon mit 16 Jahren von der Statur her fertig. Aber der Marco, der war da noch ein Kind. Jetzt bekommt er auch die richtigen Muskeln, er ist ein richtiger Mann geworden.

Sie haben es schon betont: Das Umfeld des Spielers ist für die Scouts sehr wichtig. Da hatte Marco Kasper mit seinem Vater einen Vorteil …

Ich habe mit dem Peter damals selbst bei den Vienna Capitals zusammengespielt. Das Gute war, dass der Marco immer dabei war, der hat alles gesehen und er wollte das auch selber. Und dann hat er auch den richtigen Weg eingeschlagen. Also, dass er nach Schweden gegangen ist.

Um Karriere zu machen, muss man Österreich früh verlassen?

Man muss sagen, in Österreich geht das Eishockey langsam nach oben, aber im Nachwuchs fehlt noch vieles. Wir müssen mehr mit der Jugend arbeiten, wir müssen mehr darauf achten, dass wir die richtigen Spieler ansprechen. Du siehst es zum Beispiel in Tschechien oder Schweden: Da sind Spieler, die zum Beispiel noch nicht so gut sind, aber die Trainer oder der Verband sagt, der könnte irgendwo hinwachsen. Also müssen sie mit ihm arbeiten und ihm eine Chance geben.

Sie sind jetzt Europa Scout. War das ein Aufstieg?

Ja. Ich habe einen Spieler gefunden, der mir gefallen hat. Ich habe das weitergeleitet und er hat im ersten Jahr gleich 26 NHL-Spiele absolviert. Das hat unserem General Manager so gefallen, dass ich einen Dreijahresvertrag als Europa Scout bekommen habe. 

Leben Sie noch in Wien?

Ich pendle zwischen Ostrava und Wien. Aber ich bin mehr als 200 Tage im Jahr auf Reisen. Vorwiegend in Europa und dann am Saisonende in Florida. 

Kommentare