Tennis-Jungstar Alcaraz: "Eine Mischung aus Federer und Nadal"

Eines ist gewiss: Das Tennis-Jahr 2023 verspricht auf Grand-Slam-Ebene enorme Attraktivität. Endgültig vergessen sind die Jahre, in denen es nur darum ging, ob Novak Djokovic, Rafael Nadal oder Roger Federer die Titel untereinander aufteilen.
Obwohl Nadal (2) und Djokovic (1) drei der vier Major-Turniere auch heuer gewannen, haben die US Open Türen geöffnet. Die Türen zu einem neuen Tennis-Zeitalter.
Carlos Alcaraz marschiert voran. Der 19-Jährige ist nach seinem 6:4-2:6-7:6-6:3-Erfolg über den ebenfalls erst 23-jährigen Norweger Casper Ruud seit Montag die jüngste Nummer eins der Geschichte.
Dass der Spanier heuer noch einen Grand-Slam-Titel holt, hatten viele Experten prophezeit, dass er so rasant an die Spitze stürmt, überrascht dann doch einige. Was aber zeichnet Alcaraz aus? Und was ist für ihn in Zukunft noch möglich? Der KURIER sucht die Antworten.
- Was zeichnet ihn aus?
Alcaraz ist mit 19 schon auf erstaunlich hohem athletischen Niveau. "Er hat schon den Körper eines 25-Jährigen", sagt Österreichs Trainerexperte Günter Bresnik. Sehr viel richtig gemacht haben muss sein Trainerteam um Landsmann Juan Carlos Ferrero. Denn der ehemalige French-Open-Champ (2003) erinnert sich: "Als Carlos mit 15 zu uns in die Akademie kam, war er spindeldürr."
Ferrero weiß, wie es geht, immerhin war er selbst die Nummer eins der Welt, immerhin war auch sein Körper das Kapital zum Erfolg. Seine Worte nach dem Triumph seines Schützlings sorgen wohl für Unbehagen bei den Gegnern. "Carlos ist erst vier Jahre bei uns. Er hat riesiges Potenzial, ist aber erst bei 60 Prozent seiner Leistung."
Auch Bresnik lobt Ferreros Arbeit. "Er ist technisch ausgezeichnet ausgebildet, er kann mit allen Schlägen Druck machen und verfügt auch über ein feines Volleyspiel sowie über Spielwitz", sagt der ehemalige Thiem-Lehrmeister. "Wenn man wohlwollend ist, ist Alcaraz eine Mischung aus Federer und Nadal. Er hat das Rüstzeug, über Jahre dominieren zu können." Im Defensivspiel erkennt Ex-Profi Alexander Antonitsch zudem "Parallelen zu Djokovic". Eine nahezu perfekte Kombination.

- Was bedeuten die US Open für das Ranking?
Ein derart junges Spitzenduo gab es noch nie. Alcaraz ist die jüngste Nummer eins und löst damit den Australier Lleyton Hewitt ab, der 2001 erst 20 Jahre alt war; Finalgegner Casper Ruud ist 23. Dritter ist der 36-jährige Rafael Nadal, der 2008 mit 22 Jahren erstmals Nummer eins wurde. Zum Vergleich: Roger Federer war ebenfalls 22, Djokovic bereits 24. Die bisherige Nummer eins, der Russe Daniil Medwedew, ist Vierter. Angemerkt soll sein, dass in Wimbledon heuer keine Punkte vergeben wurden.
- Was bedeutet das für die Zukunft?
Der Kampf der Generationen hat begonnen – und zwar von drei Generationen! Die Jungen stürmen nach oben. Ruud und den Südtiroler Jannik Sinner (21) darf man neben Alcaraz zur ganz jungen Generation zählen, auch der Däne Holger Rune (19) wird bald noch weiter vorne mitmischen. Die mittlere Generation wird von Medwedew (26) angeführt, auch der Deutsche Alexander Zverev (25) und Tsitsipas (24) passen in diese Garde.
Und natürlich auch Österreichs Star Dominic Thiem, der mit 29 theoretisch auch noch ein paar gute Jahre vor sich hat. Den 35-jährigen Djokovic, der heuer aufgrund seines Impfstatus zwei Majors auslassen musste und den 36-jährigen Nadal, der immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hat, darf man dennoch nie abschreiben.
Vor fünf Jahren betrug das Durchschnittsalter in den Top 10 29 Jahre, jetzt 26.
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