Tortur auf der ATP-Tour: Wie schwer es ist als Tennis-Profi zu leben

Max Neuchrist erlebt derzeit seine beste Phase.
Die Chancen sind eher übersichtlicher Natur, dass San Luis Potosi als Tennis-Mekka in die Geschichte eingeht. Die Stadt in Zentralmexiko mit 850.000 Leuten ist aber durchaus einen Besuch wert, Historisches bildet einen bunten Mix mit der Moderne. Vor allem hat sie Bedeutung als Silberstadt erlangt.
Goldene Zeiten erlebt dort Maximilian Neuchrist. Der Wiener spielte sich beim dortigen Sandplatz-Turnier, das Horst Skoff 1993 gewann, bis ins Viertelfinale und wird am Montag erstmals in seiner Karriere in den Top 200 des ATP-Rankings aufscheinen. Erst vergangene Woche feierte er bei einem größeren Challenger in Mexiko Stadt mit dem Semifinaleinzug seinen bislang größten Erfolg.
Die Punktesammlung zahlte sich aus, Neuchrist war im Ranking noch nie so weit oben. Nichts Besonderes an sich, jeder hat einmal seine beste Phase. Aber aufgepasst: Neuchrist wird im Juli 32.
Viele Verletzungen warfen den Wiener zurück, immer wieder brachte er seinen geschundenen Körper wieder auf die Tour. Dafür gibt es Lob von höchster Stelle. "Max ist ein gutes Beispiel, was einem gelingen kann, wenn man nicht aufgibt und konsequent wie diszipliniert an sich arbeitet", sagt Martin Ohneberg, Präsident des Österreichischen Tennisverbandes.
Auffangnetz
Disziplin ist ohnehin gefragt auf der Challenger Tour, die ein Auffangnetz für Spieler darstellt, die sich zurück- oder nach oben kämpfen wollen. Spieler, die säen müssen, um dann bei den großen ATP-Turnieren ernten zu können.
Neuchrist hat heuer, in seinem bislang besten Jahr, vor dem ersten Aufschlag ohne die Peanuts aus dem Doppel rund 19.000 Dollar (17.400 Euro) verdient. Zum Vergleich: Dominic Thiem durfte sich trotz mangelnder Leistungen vor seinem Gastspiel in Estoril bereits 144.000 Dollar gutschreiben lassen. Dabei hat Offensivspieler Neuchrist 99 ATP-Punkte geholt, Thiem erst 20, bezeugt die ATP-Homepage.
Während Österreichs Bester mit einem Riesentross durch die Turnierlandschaft gondelt, muss es Neuchrist sparsamer geben. Nicht, um reich zu werden, sondern um überhaupt leben zu können. "Das Leben auf der Challenger-Tour ist leistbar, wenn man sich keinen Trainer mitnimmt, geht es sich aus."
Einen solchen hat er auch in Mexiko nicht dabei. Ist deshalb auch nicht wirklich undankbar. "In Mexiko bin ich ohne Coach, allerdings ist die Freundin mit von der Partie, die eine sehr gute Physiotherapeutin und mir damit eine riesen Hilfe ist", sagt Neuchrist. Nachsatz: "In meinem Alter ist das fast wichtiger als ein Tenniscoach."
Geldoase Grand-Slam
Möglichkeiten auf "Trainerstunden" gibt es schon. "Es würde sich für Leute wie mich auf der Tour anbieten, mit anderen Spielern Trainer zu teilen", sagt Neuchrist, der sonst in der Schweiz mit einer kleinen Gruppe die Vorbereitungsarbeit leistet, der Coach dort heißt Pablo Minutella.
Der Traum des 31-Jährigen ist klar. Erst einmal, 2018 bei den US Open durfte er in einem Qualifikationsspiel Grand-Slam-Luft schnuppern. Heuer in Paris zum zweiten Mal. "Das ist natürlich das große Ziel, in den Hauptbewerb einzuziehen, dort ist das Geld zuhause." Dann wären viele Probleme auf einmal gelöst. Denn in Paris gab es 2022 selbst für eine Erstrunden-Pleite 60.000 Euro, das ist dreimal so viel, wie er heuer verdiente.
Zumindest, was das Geld betrifft, wird Neuchrist in Mexiko nicht zum Kaiser Maximilian mutieren. Weiter geht’s dann in León.
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