Thiem schlägt ein neues Kapitel auf
Vielleicht werden sie auch langsam fad, diese Wortspielchen: Thiemensionen, Thiem-Geist, Thiemonstration oder Nationalthiem.
Tatsache ist aber, dass der Name Thiem in welchen Variationen auch immer mittlerweile nicht nur in österreichischen Medien zu lesen ist. Heute mehr denn je. Denn der Viertelfinalsieg in Rio de Janeiro gegen den Spanier David Ferrer, nicht unbedingt ein Unbegabter auf Sand, sorgte für Staunen. Nicht der Sieg an sich, sondern das Wie: Der 22-Jährige fegte die Nummer sechs der Welt und Nummer zwei des Turniers mit 6:3 und 6:2 vom Platz. Irgendwie nahm er Revanche für Rapid, denn Ferrers Heimatstadt heißt Valencia, sein Lieblingsklub ist der Rapid-Bezwinger. Eine Anekdote, die für Österreichs Tennis aber wurscht ist.
Vielmehr von Bedeutung ist der Vorstoß in der Weltrangliste. Thiem wird unabhängig von den restlichen Partien in Rio (heute Nacht geht es im Semifinale gegen den Argentinier Guido Pella) ab Montag zumindest die Nummer 15 der Welt sein. Mit österreichischem Pass waren vor ihm nur Thomas Muster (Nummer eins, 1996) und Jürgen Melzer (Nummer 8, 2011) besser klassiert. Den nimmermüden Grundlinien-Spezialisten Gilbert Schaller wird er am Montag überholen (der Steirer war im Oktober 1995 die Nummer 17).
Grund für den Vorstoß sind nunmehr acht Siege in Folge. "Im Moment läuft es einfach sensationell, die gute Vorbereitung hat sich ausgezahlt", sagt der Lichtenwörther, der Ende des vergangenen Jahres in der Aufbauphase nichts dem Zufall überließ. Da wurde bei Hans Holdhaus trainiert, da wurde mit Alex Stober ein Physiotherapeut hinzugezogen, der bereits mit Pete Sampras und anderen Kapazundern zusammengearbeitet hat. Und als Touringcoach wird Joakim Nyström beschäftigt. Der Schwede, der einst selbst in den Top Ten war und unter dem Jürgen Melzer seine sportliche Hochblüte erlebte.
Der Mann für alles
Für den Rest sorgt sowieso Trainer Günter Bresnik. Oft entscheidet er gleich für Thiem mit. Deshalb sagt er in dessen Namen für den Daviscup (ab 4. März) noch nicht zu. Sein Schützling wird aber aller Voraussicht nach in Portugal aufschlagen, und Bresnik tut das, was er (lange zu Recht) seit zehn Jahren tut: Er ortet Aufholbedarf beim Verband. Auch, wenn dort unter Präsident Robert Groß vieles besser geworden sei als unter dessen Vorgängern Ernst Wolner und Ronnie Leitgeb.
Thiem, dessen Eltern Wolfgang und Karin jahrelang um Fördermittel gekämpft haben, kann es mittlerweile egal sein, immerhin hat er inzwischen 2,2 Millionen Euro an Preisgeldern in der Tasche, dazu kommen Sponsoren, denen sein Spielstil gefällt. "Die Tennis-Foren sind weltweit voll mit Dominic, er fasziniert", sagt Eurosport-Experte Alexander Antonitsch. Andere Österreicher stehen derzeit im Schatten des mächtigen Thiem. Gerald Melzer zum Beispiel, der in den vergangenen Wochen auf kleiner Ebene groß aufspielte. Oder Andreas Haider-Maurer. Dem wird die mangelnde Aufmerksamkeit egal sein, er wird nach seiner Fersenverletzung erst Ende April auf die ATP-Tour zurückkehren.
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