Verstappen im Aufwind: Red Bull glaubt noch an WM-Titel

Verstappen im Aufwind: Red Bull glaubt noch an WM-Titel
Silverstone ist das zweite Heimrennen der Bullen binnen einer Woche. Teamchef Horner: "Wir sollten die Meisterschaft anführen"

Noch vor einem Monat war Max Verstappen das Sorgenkind der Formel 1. Drei Rennen später schlagen dem 20-jährigen Niederländer Bewunderung, Lob und Anerkennung entgegen. Sein Sieg im Grand Prix von Österreich war auch Ergebnis eines erstaunlichen Reifeprozesses.

Mit Verstappen im Aufwind hat sein Team Red Bull selbst die WM-Titel noch nicht abgeschrieben. "Ich denke, wir haben definitiv eine Außenseiterchance", betonte Teamchef Christian Horner vor dem zehnten von 21 Saisonrennen am Sonntag (15.10 Uhr MESZ/live ORF eins) in Silverstone. Es ist das zweite Heimrennen für den österreichisch-englischen Rennstall innerhalb einer Woche.

In der Konstrukteurswertung fehlen Red Bull 58 Punkte auf Ferrari und 48 auf Mercedes. Bei den Fahrern kommt Verstappen mit 53 Zählern Rückstand auf WM-Leader Sebastian Vettel nach Großbritannien, bei seinem Teamkollegen Daniel Ricciardo sind es 50. "Unsere Achillesferse war, dass wir nicht immer mit beiden Autos in den Punkten waren - entweder durch die Standfestigkeit oder andere Vorfälle", meinte Horner.

Kritik nagte an Verstappen

Die anderen Vorfälle, das waren auch die ungestümen Aktionen, mit denen Verstappen im ersten Saisonviertel aufgefallen war. Selbst Horner verlangte ein Umdenken. Denn ohne die Un- und Ausfälle der ersten sechs Rennen hätte Verstappen aus dem Titelduell der Vierfach-Weltmeister Lewis Hamilton im Mercedes und Vettel im Ferrari schon in dieser Saison einen Dreikampf machen können. Als kommender Champion gilt das Ausnahmetalent, stets angetrieben von Vater und Ex-Pilot Jos Verstappen, ohnehin.

Besonders laut geworden war die Kritik an Verstappen junior nach dem Wochenende in Monaco. Im Fürstentum hatte er die Chance auf einen Doppelerfolg von Red Bull vergeben, als er im dritten freien Training seinen Wagen in die Mauer setzte. Er konnte keine Qualifikation fahren und fand sich am Schluss der Startaufstellung wieder. Verstappen schaffte es im Rennen noch auf Rang neun, Ricciardo holte den zweiten Saisonsieg.

Die Kritik nagte an Verstappen. Vor dem Rennen in Montreal Anfang Juni reagierte der Jungstar gereizt. Als ein britischer Journalist ihn erneut auf seine Fahrweise ansprach, meinte er, wenn er noch mehr solche Fragen höre, "werde ich jemandem einen Kopfstoß verpassen". Seither hat Verstappen die Antwort auf Kritik und Zweifel gegeben. Platz drei in Kanada, Platz zwei in Le Castellet in Frankreich und Platz eins in Spielberg - drei fehlerfreie Rennen.

"Haben noch nichts abgeschrieben"

Sein vierter Karrieresieg in Österreich wurde zwar erst durch den Mercedes-Doppelausfall von Hamilton und Valtteri Bottas möglich. Doch als die Chance da war, nutzte Verstappen sie konsequent. Erst sein Überholmanöver in der ersten Runde gegen Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen, dann seine kluge Fahrweise am Ende, als seine Reifen abzubauen drohten - in Spielberg zeigte Verstappen sein ganzes Potenzial. "Ich habe noch nie so gutes Reifenmanagement gesehen, bestimmt nicht von einem 20-Jährigen", lobte Red Bulls Motorsport-Konsulent Helmut Marko. "Max hat seinen Kritikern gezeigt, dass er nicht nur von der Strecke fliegen kann."

Dennoch stellt sich die Frage: Was wäre wenn? In den vergangenen fünf Rennen hat Verstappen so viele Punkte wie Hamilton geholt. Hätte sich der Niederländer von Beginn an so fehlerlos präsentiert, wäre er in der WM zumindest knapp dran. "Die Formel 1 ist voller Wenn und Aber. Aber wenn man sich die Positionen ansieht, in denen wir waren, dann sollten wir die Meisterschaft anführen", meinte Horner. Es gebe aber noch eine Chance - sowohl bei den Fahrern als auch bei den Konstrukteuren. Horner kurz vor Saisonhalbzeit: "Wir haben zu diesem Zeitpunkt im Jahr noch nichts abgeschrieben."

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