Vettels Leidenszeit ging mit Sieg in Singapur zu Ende

Sebastian Vettel ist nach langer Zeit wieder ein GP-Sieger und eröffnet die Fahrerdebatte bei Ferrari aufs Neue.
Der Deutsche gewinnt nach fast 400 Tagen, hatte dabei aber auch Glück. Pole-Mann Leclerc ist trotz des Ferrari-Doppelerfolgs sauer.

Sebastian Vettel ist in Singapur der Befreiungsschlag gelungen. Der seit über einem Jahr sieglos gewesene Deutsche führte am Sonntag beim Formel-1-Grand Prix von Singapur vor Charles Leclerc und Max Verstappen (Red Bull) einen Ferrari-Doppelsieg an. Vettel jubelte nach 392 Tagen über seinen ersten GP-Sieg seit Belgien 2018, hatte diesen aber auch Glück zu verdanken.

Denn Leclerc, der die jüngsten zwei Rennen in Spa und Monza gewonnen und Vettel zuletzt klar den Rang abgelaufen hatte, verteidigte auf dem vom Flutlicht erhellten Marina Bay Street Circuit seine fünfte Karriere-Pole zunächst trotz einer bemerkenswerten Bummelfahrt. Dabei fuhr Leclerc bis zu 13 Sekunden langsamer als in der Quali. Weltmeister Lewis Hamilton beschwerte sich in dieser Phase, "nicht noch langsamer" fahren zu können.

Zorniger Leclerc

Auf dem Weg zum vermeintlich dritten Triumph in Folge wurde der junge Monegasse aber dann davon überrumpelt, dass man nicht ihn, sondern den auf Platz drei fahrenden Vettel in der 20. Runde zuerst zum Reifenwechsel an die Box holte. Leclerc folgte kurz später, kam aber hinter dem Deutschen auf die Strecke zurück und war darüber verblüfft und erbost. Vettel hatte freilich eine sehr starke Outlap hinbekommen.

Obwohl am Ende des längsten Rennens des Jahres der bereits dritte Ferrari-Sieg in Serie und der erste Doppelsieg seit Ungarn 2017 herausschaute, reagierte Leclerc am Funk mehrmals zornig auf dieses teaminterne Manöver. Er war dieser an sich gegen Mercedes gedachten Taktik-Entscheidung etwas ungewollt ebenfalls zum Oper gefallen. Die Box musste den wütenden Monegassen am Ende bei einem Re-Start nach einer Safety-Car-Phase sogar auffordern, nichts Dummes gegen Vettel mehr zu riskieren. "Ich behalte den Kopf unten, okay. Aber fair war das nicht", beschwerte sich Leclerc kurz vor Rennende.

Schweigen

Der Haussegen bei Ferrari hängt also trotz der aktuellen Erfolge schief. Obwohl der zuletzt vielfach schon abgeschriebene Vettel nun erstmals auf einer Rennstrecke gleich fünf Rennen gewonnen hat und bei 53. GP-Siegen hält, reagierte auch er nach der Zieldurchfahrt mit Schweigen. Außerhalb des Autos meinte Vettel dann: "Ich bin sehr glücklich. Denn der Start in die Saison war echt schwierig. Ich bin stolz und danke jedem, der mitgeholfen hat", sprach der 32-Jährige die vergangenen Wochen und Monate an. "Viele haben mich trotzdem ermuntert."

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Neben den teaminternen Undercut profitierte Vettel bei seinem Comeback-Sieg bei der Taktik-Schlacht der Teams in Singapur auch von einem Fehlgriff bei Mercedes. Dort holte man nämlich den neben Leclerc aus der ersten Reihe gestarteten Hamilton mangels Alternativen so spät zum einzigen Stopp an die Box, dass der britische Weltmeister und WM-Leader am Ende als Vierter sogar die Siegerehrung verpasste. Man hatte bei Mercedes gehofft, dass die führenden Autos von einer zu überholenden Gruppen gebremst werden würden.

"G'sunde Watsche"

Hamilton führt nach 15 Saisonrennen mit 296 Punkten in der Fahrer-WM natürlich weiter klar vor seinem Teamkollegen Valtteri Bottas (231), insgesamt ist man derzeit aber nur noch die Nummer zwei hinter Ferrari. "Zu viele Fehler gemacht. Das war eine g'sunde Watsche", fasste Teamchef Toto Wolff ein missratenes Wochenende zusammen.

Vettel hingegen brachten selbst drei Safety-Car-Phasen in der zweiten Rennhälfte nicht mehr aus dem Konzept. Dass das Nachtrennen in Singapur immer speziell ist, bewies auch etwas anderes. Zwischendurch führte - noch vor seinem Boxenstopp - Alfa-Pilot Antonio Giovinazzi als erster Pilot seit über vier Jahren ein Formel 1 Rennen an, der nicht in einem Mercedes, Ferrari oder Red Bull saß.

Endstand Grand Prix von Singapur (61 Runden zu je 5,063 km = 308,706 km):

1.

Sebastian Vettel (GER)

Ferrari

1:58:33,667 Std. (Schnitt: 156,969 km/h)

2.

Charles Leclerc (MON)

Ferrari

+2,641 Sek.

3.

Max Verstappen (NED)

Red Bull

+3,821

4.

Lewis Hamilton (GBR)

Mercedes

+4,608

5.

Valtteri Bottas (FIN)

Mercedes

+6,119

6.

Alexander Albon (THA)

Red Bull

+11,663

7.

Lando Norris (GBR)

McLaren

+14,769

8.

Pierre Gasly (FRA)

Toro Rosso

+15,547

9.

Nico Hülkenberg (GER)

Renault

+16,718

10.

Antonio Giovinazzi (ITA)

Alfa Romeo

+17,855

11.

Romain Grosjean (FRA)

Haas

+35,436

12.

Carlos Sainz jr. (ESP)

McLaren

+35,974

13.

Lance Stroll (CAN)

Racing Point

+36,419

14.

Daniel Ricciardo (AUS)

Renault

+37,660

15.

Daniil Kwjat (RUS)

Toro Rosso

+38,178

16.

Robert Kubica (POL)

Williams

+47,024

17.

Kevin Magnussen (DEN)

Haas

+1:26,522 Min.

Ausgeschieden: Sergio Perez (MEX) Racing Point, George Russell (GBR) Williams, Kimi Räikkönen (FIN) Alfa Romeo

Schnellste Runde: Kevin Magnussen (DEN) Haas in der 58. Runde in 1:42,301 Min. (Schnitt: 178,170 km/h)

WM-Stand (nach 15 von 21 Rennen):

1.

Lewis Hamilton (GBR)

Mercedes

296

2.

Valtteri Bottas (FIN)

Mercedes

231

3.

Charles Leclerc (MON)

Ferrari

200

4.

Max Verstappen (NED)

Red Bull

200

5.

Sebastian Vettel (GER)

Ferrari

194

6.

Pierre Gasly (FRA)

Toro Rosso

69

7.

Carlos Sainz jr. (ESP)

McLaren

58

8.

Alexander Albon (THA)

Red Bull

42

9.

Daniel Ricciardo (AUS)

Renault

34

10.

Daniil Kwjat (RUS)

Toro Rosso

33

11.

Nico Hülkenberg (GER)

Renault

33

12.

Lando Norris (GBR)

McLaren

31

13.

Kimi Räikkönen (FIN)

Alfa Romeo

31

14.

Sergio Perez (MEX)

Racing Point

27

15.

Lance Stroll (CAN)

Racing Point

19

16.

Kevin Magnussen (DEN)

Haas

18

17.

Romain Grosjean (FRA)

Haas

8

18.

Antonio Giovinazzi (ITA)

Alfa Romeo

4

19.

Robert Kubica (POL)

Williams

1

Konstrukteurs-WM (nach 15 von 21 Rennen)

1.

Mercedes

527

2.

Ferrari

394

3.

Red Bull

289

4.

McLaren

89

5.

Renault

67

6.

Toro Rosso

55

7.

Racing Point

46

8.

Alfa Romeo

35

9.

Haas

26

10.

Williams

1

Nächstes Rennen: Grand Prix von Russland am 29. September in Sotschi

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