Klettern: Der Dreierweg auf den Olymp

Klettern: Der Dreierweg auf den Olymp
Wer 2020 in Tokio Olympiasieger werden will, der muss gleich drei Disziplinen beherrschen.

„Stell dir vor, du bist ein 100-Meter-Läufer und musst dann auf einmal auch im Marathon starten.“

Dieser Vergleich von Jessica Pilz erklärt am besten das Dilemma, in dem sich gerade alle Kletterer befinden, die in diesem Sport hoch hinaus wollen. In der Leichtathletik käme wohl niemand auf die Idee, die Zeiten aus Sprint, Mittelstrecke und Marathon zu addieren und so den Champion zu küren. Im Sportklettern ist aber genau das der Fall.

Wenn die Kletterer 2020 in Tokio erstmals um olympische Medaillen kraxeln dürfen, dann sind von den Athleten nicht nur Fingerfertigkeit und Trittsicherheit gefragt, sondern vor allem Allrounderqualitäten. Denn für die Wertung werden die Einzelergebnisse in den drei Kletterdisziplinen Lead, Bouldern und Speed zusammengezählt.

Große Unterschiede

„Da sind drei völlig unterschiedliche Disziplinen“, erklärt Jessica Pilz, „das sieht man ja schon daran, wie verschieden der Körperbau der einzelnen Kletterer ist.“ Die Niederösterreicherin ist die Nummer zwei der Welt im Lead, der klassischen Variante des Sportkletterns. In der Königsdisziplin müssen die Sportler eine Steilwand (15 bis 20 Meter ) empor klettern. Echte Lead-Spezialisten erkennt man sofort an ihrem vergleichsweise grazilen Körperbau. „Jedes Kilo mehr spürst du sofort in der Wand“, weiß Jessica Pilz.

Wegen Olympia sind die 21-Jährige und ihre Kletter-Kollegen nun gezwungen, sich auch vermehrt den anderen Disziplinen zu widmen. Dem Bouldern etwa, wo Eigenschaften wie Athletik, Kraft, Beweglichkeit und Dynamik verlangt werden, wenn die Athleten schwierige Kletter-Aufgaben in Bodennähe lösen müssen. Auf Grund dieser speziellen Anforderungen sind Boulder-Spezialisten auch deutlich muskulärer als ausgewiesene Lead-Kletterer.

Große Aufgabe

Und Speed, die dritte Variante, ist dann ohnehin eine ganz andere Kletterwelt. Wenn die Speed-Enthusiasten ihre fix vorgegebene Route möglichst schnell meistern, dann wirkt es fast so, als würden sie nicht klettern, sondern die Steilwand empor sprinten.

Die Österreicher stehen dem Speedklettern in dieser Form seit jeher sehr kritisch gegenüber. Auch wenn sie nun alle, wohl oder übel, im Training ebenfalls aufs Tempo drücken müssen. Zumal auch bei der Heim-WM in Innsbruck (6. bis 16. September) Medaillen in der Kombination vergeben werden.

Dabei könnte Jakob Schubert tonangebend werden. Mit seinen drei Weltcupgesamtsiegen hat der Innsbrucker seine Allrounderqualitäten bereits nachhaltig unter Beweis gestellt, auch wenn Lead die eigentliche Paradedisziplin des 27-Jährigen ist. Aktuell liegt er in der Spezialwertung im Weltcup voran. Doch auch im Bouldern präsentiert sich Schubert schon in WM-Form. Bei der Generalprobe in München kraxelte er erstmals seit 2013 wieder aufs Podest und wurde Dritter. „Genial, dass es so kurz vor der Heim-WM jetzt auch im Bouldern so gut hinhaut. Ich weiß jetzt, dass bei der Weltmeisterschaft für mich alles möglich ist.“

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