High Diving: Ein Sport will hoch hinaus

Yearender 2024 - TOP 100
Österreichs Ex-Springerin Marion Reiff ist Punktrichterin und erklärt, worauf es bei der spektakulären Disziplin ankommt.

Von Fabio Tartarotti

Von Donnerstag bis Sonntag finden bei der Schwimm-WM in Singapur die Wettkämpfe im High Diving statt. Der kleine (oder eher große?) Bruder des traditionellen Wassersprungs ist zwar seit 2013 Bestandteil der Weltmeisterschaften, kämpft aber weiterhin um den Olympia-Status. Der KURIER hat im Vorfeld mit der ehemaligen österreichischen Wasserspringerin Marion Reiff gesprochen, die mittlerweile als Punktrichterin bei High-Diving-Events tätig ist. Sie ist auch in Singapur im Einsatz und beantwortet Fragen zur jüngsten Disziplin der Schwimm-WM.

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Marion Reiff, ehemals erfolgreiche österreichische Wasserspringerin, ist in Singapur als Punktrichterin im High Diving im Einsatz.

Wie unterscheidet sich High Diving vom traditionellen Wassersprung? 

Der allergrößte Unterschied ist die Höhe. Männer springen aus 27, Frauen aus 20 Metern. Aber auch bei der Eintauchphase gibt es Unterschiede. Beim normalen Wasserspringen bis 10 Meter taucht man kopfwärts ein. Man dürfte Sprünge fußwärts zeigen, das wird aber international kaum gemacht, höchstens im Jugendbereich vom Ein-Meter-Brett. Beim High Diving darf man, aus Sicherheitsgründen, keinen Sprung zeigen, bei dem man mit dem Kopf eintaucht. Schultern und Nacken könnten das nicht aushalten. Wenn man fußwärts eintaucht, kann das die Hüfte abfangen, das Schultergelenk wäre hingegen sofort ausgekegelt.

Was braucht es, um High Diver zu werden?

Es ist eine sehr risikoreiche Sportart, die Gefahren mit sich bringt. Nicht jeder kann sagen: „Ich fange jetzt mit High Diving an“, so wie etwa beim Tischtennis – das ist überhaupt nicht der Fall. Wäre ich Mutter einer Sportlerin, hätte ich schon große Angst, wenn meine Tochter diese Sportart angehen würde. Aber es ist natürlich auch eine Frage der Herangehensweise ans Training. In diesem Bereich ist es schon sehr professionell geworden. Die Springer aus den Top-Bereichen, die jahrelang mitspringen, müssen körperlich in enorm guter Verfassung sein. Das ist für mich auch das Wunderbare an dieser Sportart. Die Athleten müssen in der Kraftkammer sein, sie müssen am Trampolin sein, sie müssen Akrobaten sein, Bodenturner sein, zum Teil sogar Ballett-Training machen. Es sind sehr viele unterschiedliche Faktoren, die es braucht, um den Körper so gut zu kräftigen und zu stabilisieren, damit man von 20 bzw. 27 Metern springen kann.

Wie sieht ein perfekter Sprung aus?

Es gibt drei Hauptphasen: den Absprung, die Flugphase und die Eintauchphase. Der Sprung beginnt, sobald der Springer steht. Dann muss man beachten: Steht er aufrecht? Springt er schön ab? Springt er hoch genug ab? Ist er zu weit weg vom Turm? Ist der Sprung geschleudert? Wie schön verläuft die Parabel der Flugkurve? Sind die Beine zusammen? Ist alles gespannt? Ist der Sprung früh genug oder erst knapp vorm Wasser fertig? Das alles gehört zur Ausführungsart der Flugphase. Und natürlich geht es auch um die Eintauchphase – da ist es genau wie beim Wasserspringen. Als Punktrichterin will ich das Eintauchen so vertikal und spritzerlos wie möglich sehen. Wenn das alles passt, dann bekommt man von mir eine Zehn. Aber da muss dann wirklich alles ganz genau passen. Das kommt nicht allzu oft vor. In meiner Karriere als Punkterichterin habe ich vielleicht fünfmal eine Zehn gezogen.

Wie steht es um High Diving in Österreich? In Singapur ist Österreich nicht vertreten. 

Wir haben in Österreich weder bei Frauen noch bei Männern High Diver. Leider. Dabei hätten wir eine optimale Sprunganlage zu Verfügung, in der Area 47 im Ötztal. Die wird auch immer wieder von den internationalen Sportlern als Trainingsanlage herangezogen. Aber es gibt leider generell wenige Wasserspringer in Österreich und erst recht weniger, die sagen, sie möchten High Diver werden. Zusätzlich dazu gibt es aktuell keine Trainer in Österreich, die das High Diving unterstützen können.

Was braucht es, um das große Ziel vom Olympia-Status zu erreichen? 

Ich hoffe, dass es aufgeht. Olympisch zu werden, ist das große Ziel. Das ist letztes Mal in Paris nicht gelungen, und das wird auch in Los Angeles nicht gelingen. Der Weltverband und die Nationen sind aber dahinter. Das Gute ist: wir sind keine neue Sportart, sondern nur eine neue Disziplin. Wir fallen unter den Sport Wasserspringen, die Disziplin High Diving ist eine neue. Das große Manko ist, dass noch mehrere Nationen fehlen und es mehr internationale Springer braucht – vor allem weibliche. Wichtig sind auch die Förderungen. Sobald das Geld da ist, kommen auch mehr Nationen dazu. Wir müssen einfach noch höher hinaus.

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