Red Bull verleiht Segel: Wie der Konzern den America's Cup gewinnen will

Red Bull verleiht Segel: Wie der Konzern den America's Cup gewinnen will
Red Bull nimmt erstmals am ältesten Sportbewerb der Welt teil. Mit der Segeljacht Alinghi will man 2024 vor Barcelona den großen Coup landen. Die Formel 1 spielt eine Schlüsselrolle.

Wer die derzeit größte Herausforderung im Segelsport sucht, der kommt an Christoph Kolumbus nicht vorbei. In sechzig Meter Höhe thront die Statue des Entdeckers am Eingang des Hafens von Barcelona, mit dem Finger weist sie den Weg hinaus aufs Mittelmeer. Im funkelnden Wasser der katalanischen Weltmetropole wird im Herbst 2024 die beste Segelcrew der Welt ermittelt, doch schon jetzt verändert die 37. Ausgabe des America’s Cup das Aussehen und den Alltag im Hafen von Barcelona.

Fünf Teams haben sich in den vergangenen Monaten breit gemacht in Port Vell, um Titelverteidiger Team New Zealand die älteste Sporttrophäe der Welt streitig zu machen. Seit der ersten Ausgabe der Regatta im Jahr 1851 ist es Usus, dass der Titelträger bei der nächsten Ausgabe sowohl den Schauplatz als auch das Regelwerk (mit)bestimmen darf. Üblicherweise ziehen die Sieger es vor, den Cup in heimischen Gewässern zu verteidigen.

 

Da die neuseeländische Crew aber die (finanzielle) Unterstützung der heimischen Regierung vermisste, ging man auf Reviersuche – und wurde in Barcelona fündig. Die 70-Millionen-Euro-Finanzspritze der Stadt dürfte bei der Entscheidungsfindung geholfen haben. Neben einer gehörigen Portion an internationalem Werbewert erhofft sich Barcelona auch, das ordentlich in die Jahre gekommene Hafenareal neu zu beleben.

Die Touristen, die im Stundentakt von Kreuzfahrtschiffen an Land gespült werden, trauen oft ihren Augen nicht, welche Bauten hier gerade entstehen. Zu bestaunen sind meterhohe Paläste, in denen die Segelteams ihr 23 Meter langes High-Tech-Boot für den America’s Cup designen und konstruieren.

Was drinnen tatsächlich vor sich geht, wissen nur die wenigsten. Die bedeutendste Segelregatta gleicht einem Versteckspiel, wie ein Besuch bei der Crew von Alinghi Red Bull zeigt. Der österreichische Konzern ist erstmals als Teammitbesitzer am Start. Die Schweizer Alinghi-Jacht, America’s-Cup-Sieger der Jahre 2003 und 2007, will es nach 13 Jahren Abwesenheit wieder wissen.

Insgesamt arbeiten 150 Personen an dem Projekt, im Boot sein werden gerade einmal acht Segler. Der Großteil der Arbeit betrifft Forschung, Entwicklung sowie Testfahrten. Allein vier Personen sitzen Tag für Tag vor einem Simulator und testen die vom Designbüro neu entwickelten Teile des Bootes zunächst virtuell, ehe sie ins Wasser gelassen werden.

Red Bull verleiht Segel: Wie der Konzern den America's Cup gewinnen will

Trainiert wird auch am Simulator

Duell mit Mercedes

Hier kommt Red Bull ins Spiel. Mit aerodynamischer Entwicklung hat das Unternehmen in der Formel 1 Maßstäbe gesetzt. Doch auch die Konkurrenz wusste sich zu helfen. Das Team von Ineos Britannia, das den America’s Cup erstmals ins Vereinigte Königreich holen will, vertraut in der Entwicklung auf die Expertise des Formel-1-Rennstalls von Mercedes. Dass es sich dabei um den Erzrivalen von Red Bull in der Königsklasse des Automobilrennsports handelt, macht den Wettbewerb zum Teil nur noch brisanter.

Den neuseeländischen Titelverteidiger herausfordern darf im Oktober 2024 freilich nur eine Segelcrew. Das Ausscheidungsrennen findet davor im August und September ebenfalls vor Barcelona statt. „Der Cup wird brutal werden“, sagt Nicolas Charbonnier, ein Segler vom Team Alinghi. Der Franzose meint damit nicht nur den technischen Konkurrenzkampf, sondern auch die Bedingungen im Segelrevier.

Selten zuvor fand der America’s Cup so nah an der Küste statt. Das ist gut für die Zuseher im TV – und den Fans vor Ort, denen auf den Tribünen ein Spektakel aus nächster Nähe geboten werden wird. Die eingesetzten Foiling-Boote, die sich dank ihrer Tragflächen bei idealen Bedingungen aus dem Meer erheben und regelrecht über das Wasser fliegen, bevorzugen glatte Oberflächen.

In der unberechenbaren und rauen Küstennähe sind sie hingegen schwer zu manövrieren. „Die Zuseher werden viel zu sehen bekommen“, ist Olympia-Medaillengewinner Charbonnier überzeugt. Er spricht von der „ultimativen Herausforderung“ im Segelsport.

Neben Ingenieurskunst und Navigationsfähigkeiten ist schiere Muskelkraft ein Schlüssel zum Erfolg. Und die findet sich in den Beinen. Für den Segeltrimm, also das Aufziehen und Einstellen der Segel, wird beim America’s Cup seit einigen Jahren auf Profi-Radfahrer und -Ruderer gesetzt. Um die Segel möglichst rasch zu justieren, sitzen die Landratten daher auf Rädern, die auf den Booten fixiert und mit dem Mast verbunden sind.

Nicht nur bei Alinghi sind deshalb Athleten mit an Bord, die schon bei Olympia um die Wette geradelt sind. Eine völlig neue Welt tut sich auf. So wie einst für Christoph Kolumbus.

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