Lauf auf die Bergiselschanze: "Das Grauslichste, das ich erlebt habe"

Der Blick von der Bergiselschanze in Innsbruck ist für viele irritierend. Unweigerlich drängt sich der Wiltener Friedhof ins Auge, der unterhalb der Schanze liegt, und man stellt sich angesichts dieser Aussicht noch mehr die Frage: Wie, um alles in der Welt, kann sich da jemand mit dem Körper zwischen zwei dünnen Sprungskiern freiwillig hinunterstürzen?
Andererseits: Ist es nicht genauso wahnwitzig, so eine steile Sprungschanze nach oben zu laufen?
So abwegig kann diese Idee dann freilich gar nicht sein, sonst würden am Samstag nicht 1.500 Abenteurer und Ausdauersportler bei dieser Schlacht am Bergisel mitwirken. Runter kommen die Skispringer am Bergisel normalerweise, aber ob es bei diesem kuriosen Rennen gegen die Flugrichtung auch jeder Teilnehmer ganz nach oben schafft, ist ungewiss.
Ganz grauslich
"Das ist ganz was Wildes. Das Grauslichste, was ich gemacht habe", sagt Andreas Goldberger. Der ehemalige Skispringer ist Stammgast beim sogenannten Red Bull 400, wie diese Wettkampfserie offiziell heißt. "Du musst Vollgas laufen, weil wenn du stehen bleibst, dann purzelst du nach hinten, weil es dermaßen steil ist."
Der berühmte Bergisel stellt sich das erste Mal den Läufern in den Weg. "Es gibt keine Schanze, die nicht wehtut", sagt Andreas Berger. Österreichs Rekordhalter im 100-Meter-Sprint (10,15 sek) ist der Erfinder dieses Formats.
"Ich bin mit meiner Frau in Bad Mitterndorf an der Flugschanze vorbeigefahren und hab’ gesagt: Da rennen wir jetzt rauf. So ist das entstanden." Mittlerweile war Berger schon auf fast allen Sprungschanzen dieser Welt und konnte 150.000 Teilnehmer begrüßen.

Es ist eine richtige Plagerei, eine Schanze von unten nach oben zu bezwingen. Ein Skispringer hat seine Arbeit nach gut zehn Sekunden verrichtet. Die schnellsten Läufer werden am Samstag für die 130 Höhenmeter vom Auslauf bis zum Zitterbalken um die drei Minuten benötigen. Der berühmte K-Punkt wandert dabei nach oben, für Andreas Goldberger ist der Schanzentisch meist der kritische Punkt. "Da musst du über eine steile Rampe und hast plötzlich Stufen. Du bist eh schon fix und fertig und dann wartet noch der ganze Anlauf."

Wobei es für den Oberösterreicher nichts Ungewöhnliches ist, den Bergisel in die verkehrte Richtung zu erobern. Als Goldberger 1993 in Innsbruck den ersten seiner 20 Weltcupsiege gefeiert hatte, gab es noch keinen Schrägaufzug. "Wir sind zu Fuß mitten durch die Fans hinaufgegangen. Und wenn du nicht gut gesprungen bist, haben sie dich geschimpft."
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