Giro d'Italia: Verschiebung, Fahrer-Streik und ein Dopingfall

Wer sucht, der findet: Dopingfahndung im Labor
Nach extremen Etappen an den Tagen zuvor setzten sich die Radprofis mit ihrer Forderung nach einer verkürzten Freitag-Etappe durch

Als wären die Wirren der Corona-Pandemie nicht schon kompliziert genug, kommt nun auch wieder ein altbekanntes Problem auf die Tagesordnung des Giro d'Italia: Am Donnerstagabend wurde bekannt, dass es bei der 103. Italien-Rundfahrt einen Dopingfall gibt. Und dazu wurde auch noch gestreikt, aber dazu weiter unten mehr.

Für die Causa Prima sorgte Matteo Spreafico, 27 Jahre jung und beim italienischen Team Vini Zabù-KTM engagiert: Er lieferte zwei Dopingproben mit der verbotenen Substanz Enobosarm ab. Die Proben stammen vom 15. und 16. Oktober, der 127. der Gesamtwertung wurde vorläufig suspendiert.

Die beim Italiener gefundene Substanz ist auch als Ostarine bekannt. Dabei handelt es sich um ein Präparat, das ähnliche Wirkungen wie anabole Steroide hat, das aber - vor allem - nicht als Arzneimittel zugelassen ist. Gleichwohl wird das Mittel von meist chinesischen Herstellern in den USA und auch in Europa vertrieben; mögliche medizinische Anwendungen könnten die Behandlung von Muskelschwund und ähnlichen Erkrankungen sein, das Präparat wurde bislang aber nur an Tieren und nicht an Menschen getestet.

Der Fall Jim Wallhead

2017 wurde das Präparat erstmals einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, als der britische Kampfsportler Jim Wallhead positiv auf Ostarine getestet wurde. Er hatte zwei seiner Nahrungsergänzungsmittel kurz zuvor gewechselt, wurde nach dem Test provisorisch für 18 Monate suspendiert und von der US-Anti-Doping-Agentur kontaktiert, die zuständig ist für die Maßnahmen in der Ultimate Fighting Championship. "Ich schickte ihnen zwei originalverpackte Packungen der Produkte, dann habe ich einige Zeit nichts mehr gehört", sagt Wallhead.

Die Dopingfahnder fanden heraus, dass die Konzentration von Ostarine in einem der Produkte tatsächlich zu den bei Wallhead gefunden Werten passte. Daraufhin besorgten sie sich selbst ein weiteres Muster - und wurden auch dort fündig. "Offensichtlich hat es der Produzent absichtlich hinzugefügt", sagt Wallhead. Im Februar 2018 akzeptierte der inzwischen 36-Jährige schließlich eine neunmonatige Sperre.

Giro d'Italia: Verschiebung, Fahrer-Streik und ein Dopingfall

Genug ist genug, fand auch der Gesamtführende Wilco Kelderman

124,5 statt 258 Kilometer

Am Freitagvormittag überschlugen sich dann die Ereignisse. Nach 207 Kilometern mit 5.500 Höhenmetern am Vortag samt späten und frühen Transfers zum Startort Morbegno hatten die Fahrer genug. 258 Kilometer hätten sie nach Asti fahren sollen, schon am Donnerstagabend hatten manche deswegen den Kontakt zu Giro-Chef Mauro Vegni und den Verantwortlichen des Radsport-Weltverbandes UCI gesucht.

Nach acht Kilometern im strömenden Regen stoppte das Feld und wartete auf die Teambusse. Laut der RAI war ein Transfer nach Abbiategrasso vorgesehen, die Etappe wurde dann westlich von Mailand um 14.30 Uhr wieder aufgenommen - mit 124,5 Kilometern Distanz. Tourdirektor Mauro Vegni war sauer: „Der Kurs war lange bekannt. Da fehlt es einfach am nötigen Respekt.“

Giro d'Italia: Verschiebung, Fahrer-Streik und ein Dopingfall

Tschechischer Tag in Italien: Josef Cerny siegt in Asti

Ein kurzer Tag für Ausreißer

Als dann schließlich doch gefahren wurde, bildete sich bald eine 14-köpfige Ausreißergruppe. Bora-.hansgrohe versuchte rund 60 Kilometer lang, irgendwie wieder einen Zusammenschluss herbeizuführen und gab dann mangels Unterstützung der anderen Teams wegen Sinnlosigkeit auf. Schließlich muss am Samstag dreimal der Anstieg in die Skistation Sestriere erklommen werden, schließlich soll der siebente Gesamtrang von Patrick Konrad verteidigt werden. Und am Sonntag folgt ja noch das abschließende Einzelzeitfahren nach Mailand.

So durfte der Tscheche Josef Cerny seinen bislang größten Erfolg feiern, und den kann der CCC-Profi auch brauchen, denn a) läuft sein Vertrag mit Jahresende aus und b) löst sich das krisengeschüttelte Team auf. 2017 war der 27-Jährige bislang mit dem Gesamtsieg bei der Tschechien-Rundfahrt aufgefallen, seit 2019 ist er beim polnischen Rennstall. "Ein schönes Gefühl. Ich kann das noch gar nicht glauben."

Auf den Plätzen: der Belgier Victor Campenaerts (NTT/+18) und Jacopo Mosca (ITA/Trek-Segafredo/+26).

Giro d’Italia, 19. Etappe (Abbiategrasso–Asti, 124,5 km): 1.Cerny (CZE) CCC 2:30:40, 2. Campenaerts (BEL) NTT +18, 3. Mosca (ITA) Trek-Segafredo +26, 17. Geoghegan Hart (GBR) Ineos +11:43, 25. Hindley (AUS) Sunweb, 26. Konrad (AUT) Bora-hansgrohe, 27. Kelderman (NED) Sunweb, 58. Pernsteiner (AUT) Bahrain-McLaren, 131. Brändle (AUT) Israel alle gl. Zeit. – Gesamt: 1. Kelderman 80:29:19, 2. Hindley +12, 3. Geoghegan Hart +15, 7. Konrad +5:40, 11. Pernsteiner +7:43 (20 Sek. Zeitstrafe wegen Windschattenfahrens), 126. Brändle +5:06:27.

Vuelta, 4. Etappe (GarrayEjea de los Caballeros, 191,7 km): 1. S. Bennett (IRE) Deceuninck-Quick Step 3:53:29, 2. Philipsen (BEL) Emirates, 3. Mareczko (ITA) CCC alle gl. Zeit. – Gesamt: 1. Roglic (SLO) Jumbo-Visma 16:30:53, 2. D. Martin (IRE) Israel +5, 3. Carapaz (ECU) Ineos +13, 7. Großschartner (AUT) Bora-hansgrohe +1:17.

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