Wie große Fußball-Nationen ihre Krisen bewältigten

Gianluigi Buffon und seine Kollegen mussten gegen die Schweden die "Schmach des Jahrhunderts" hinnehmen.
Niederlande, Italien, nun Deutschland - irgendwann erwischt es jeden Giganten. Doch wie kommt man da wieder heraus?

Vor der schwierigen Auswärtsaufgabe am Dienstag (20.45 Uhr/ ARD) gegen Weltmeister Frankreich stehen der deutsche Teamchef Joachim Löw und die DFB-Elf unter Druck. Es gilt, nach dem 0:3 am Freitag in den Niederlanden den Abstieg aus der A-Liga der europäischen Nations League zu verhindern. Ähnlich ging es in der Vergangenheit auch anderen europäischen Top-Nationen. Wie gingen sie mit ihrem Scheitern bei vorangegangenen bedeutenden Turnieren um?

ENGLAND: Schlimmer als das WM-Vorrunden-Aus 2014 traf England zwei Jahre später das 1:2 im EM-Achtelfinale gegen Island. Trainer Roy Hodgson trat nach dieser Blamage zurück. Nachfolger Sam Allardyce musste schon nach nur einem Spiel gehen, weil er verdeckt recherchierenden Reportern Tipps zur Umgehung von Transferregeln gegeben hatte. Der damalige U21-Coach Gareth Southgate lehnte den Auswahl-Job erst ab, wurde Interims- und dann Cheftrainer. Southgate traf unbequeme Entscheidungen gegen Altgediente wie Wayne Rooney oder Joe Hart, setzte auf die Jugend und stärkte den Teamgeist.

Wie große Fußball-Nationen ihre Krisen bewältigten

Schmerzhaft: England scheiterte bei der EURO 2016 an Island. 

FRANKREICH: Mit dem WM-Vorrunden-Knockout 2002 ging die französische Erfolgsgeschichte nach den Triumphen bei der WM 1998 und der EM 2000 abrupt zu Ende. Das Scheitern wurde eher mit der Arroganz der Stars erklärt. Am guten Nachwuchssystem musste nichts verändert werden, das zeigten gute Resultate der Jugendmannschaften. Frankreich brachte sich eher durch Disziplinlosigkeiten seiner Top-Spieler wie beim Kopfstoß von Zidane im WM-Finale 2006 oder dem Eklat bei der Spielerrevolte 2010 in Südafrika um Erfolge. Didier Deschamps legt seit seinem Amtsantritt 2012 viel Wert auf Disziplin. Dazu kann Frankreich auf ein großes Reservoir an internationalen Topspielern wie Antoine Griezmann, Paul Pogba oder Kylian Mbappé zählen. Der WM-Titel von Russland macht den guten Weg mehr als deutlich.

ITALIEN: Der viermalige Weltmeister erlebte in seiner jüngeren Fußball-Geschichte mehrere Tiefpunkte. Bei den Weltturnieren 2010 und 2014 schieden die Italiener in der Vorrunde aus, 2010 als Weltmeister. Marcello Lippis Vertrag als Nationaltrainer lief 2010 aus, Cesare Prandelli zog 2014 die Konsequenzen und trat zurück. Ein Umbruch oder Neuaufbau wurde beide Male versäumt. Mit dem ersten Scheitern in einer WM-Qualifikation seit 60 Jahren erlebte Italien ein Desaster und war in Russland Zuschauer. Tiefgreifende Veränderungen an ihrer Nachwuchsförderung haben die Italiener trotz der Misserfolge nicht eingeleitet.

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Mit "Oranje" konnte Arjen Robben nichts gewinnen.

NIEDERLANDE: Das Verpassen der EM 2016 wurde zwei Jahre nach Platz drei bei der WM in Brasilien noch als Ausrutscher gewertet. Doch dass die Probleme im niederländischen Fußball grundlegender Natur waren, machte das Fehlen bei der WM 2018 deutlich. Eines ist das schwache Niveau in der heimischen Liga, durch das die Klubs auch international keine Rolle spielen. Hinzu kommt die augenscheinlich falsche Wahl von Bonds-Trainern wie van Gaal, Hiddink, Blind oder Advocaat. Aktuell ist es Ronald Koeman - und jetzt macht der Unterbau Hoffnung: Die U17 wurde Europameister.

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Unter Luis Enrique scheint es für die Spanier wieder nach oben zu gehen. 

SPANIEN: 2010 war Spanien Weltmeister, 2012 Europameister. 2014 gab es unter Nationaltrainer Vicente del Bosque das Vorrunden-Aus bei der WM. Del Bosque blieb noch zwei Jahre. Nach der Achtelfinal-Niederlage bei der EM 2016 gegen Italien war seine Ära beendet. Den Umbruch trieb sein Nachfolger Julen Lopetegui behutsam voran. Nach 20 Spielen ohne Niederlage unter seiner Regie musste er kurz vor Beginn der WM in Russland wegen des angekündigten Wechsels zu Real Madrid gehen. Mit dem jetzigen Coach Luis Enrique gewann Spanien in der Nations League in England (2:1) und gegen den WM-Zweiten Kroatien (6:0).

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