Rapids Burgstaller: "Ich denke schon länger übers Karriereende nach"

Guido Burgstaller spielte nach der Rückkehr aus Deutschland seine beste Saison für Rapid und hätte beinahe doch die Karriere beendet. Jetzt fällt der Torschützenkönig im auffallend intensiven Trainingslager wieder mit Einsatz und Klasse auf.
Im KURIER-Interview in Bad Tatzmannsdorf erklärt der 34-jährige Kapitän, wie sich seine Prioritäten verschoben haben.
KURIER: Beim Rapid-Training wurden Umfang und Intensität erhöht. Wie erleben Sie das mit Ihren 34 Jahren?
Guido Burgstaller: Die ersten Tage tun immer weh, zwei Wochen lang ist es zäh. Der Vorteil ist: Mittlerweile weiß ich, wann ich lieber in die Kraftkammer gehe statt auf den Rasen, weil etwas zwickt.
Sie waren selten verletzt. Haben Sie eine Schwachstelle an Ihrem Körper?
Natürlich. Aber über die würde ich nie in öffentlich reden (lacht). Darüber spreche ich mit dem Trainer, weil er weiß, dass ich meinen Körper sehr gut einschätzen kann.

Guido Burgstaller fiel ebenfalls negativ auf, entschuldigte sich danach.
Trainer Barisic hat den Einzug in die Meistergruppe als Zwischenziel ausgerufen. Für eine genaue Platzierung als Ziel hält er es noch zu früh. Wie sehen Sie das?
Auch so – reden wir im Winter wieder darüber. Klar ist, dass wir nach dem Höchsten streben. Realistisch gesehen werden wir nicht um den Titel mitspielen, aber wir wollen jedenfalls besser werden.
Sind Sie überrascht, wie sehr sich die Liga seit ihrem Abgang 2014 entwickelt hat?
Salzburg hatte damals mit Mané, Soriano und Kampl auch schon eine überragende Mannschaft. Es wird jetzt schneller gespielt und die Liga ist ausgeglichener. Sensationell ist, wie sich die Stadien entwickelt haben. Und dadurch schaut gleich der ganze Fußball besser aus.
Sie wurden Torschützenkönig, am Tormann kann es mit Hedl auch nicht gelegen sein. Haben Sie eine Erklärung für die Probleme dazwischen?
Wir reden von einem Mannschaftssport. Ohne meine Mitspieler wäre ich nicht Torschützenkönig geworden. Wir haben Probleme, ganz klar – und müssen in gewissen Regionen besser werden. Das betrifft auch die Offensive. Wir haben zum Beispiel viel zu wenig Tore aus Umschaltsituationen geschossen. Da haben wir nach Ballgewinnen sehr wenig rausgeholt.
Haben Sie eine Erklärung für die miese Derby-Bilanz?
Viele Mitspieler wissen ja nicht, welches Glücksgefühl das auslöst, wenn wir ein Derby gewinnen. Bis auf das 3:3 in Unterzahl war das gar nix. Es ist aber sicher nicht an fehlender Motivation gelegen. Eher an einer Hemmung – an dem, dass es für ein paar um zu viel gegangen ist.
Sie waren von Schalke einiges gewohnt, trotzdem: Haben Sie schon so eine turbulente Saison erlebt?
So eine Blamage wie Vaduz habe ich noch nicht erlebt, dazu war’s verdient. Im Rückblick hat uns das auch etwas stärker gemacht.
Wie meinen Sie das?
Ich weiß, wie das ist, wenn es Enttäuschungen und Fan-Aufstände gibt. Aber für viele Spieler war’s das erste Mal.

Und warum soll es heuer besser werden?
Aufgrund des Lerneffekts. Fußball ist nur Kopfsache. Ich will gar nicht wissen, wie viel Prozent der Leistung im Kopf entschieden werden. Vor allem wenn du bei einem Verein bist, der voller Emotionen ist. Da sind Leute, denen es nicht wurscht ist, wie wir spielen. Jene, die im Stadion sind, tun alles dafür, dass wir gewinnen. Viele andere gönnen uns den Misserfolg. Dazwischen gibt es für Rapid kaum etwas. Nicht so wie bei anderen Vereinen, die fast allen egal sind. Aber ...
Aber?
Wenn du das nicht kennst oder sehr jung bist, musst du damit erst einmal umgehen können. Möglichst schnell, sonst wird es sich bei Rapid für dich nicht ausgehen.

Wird die Geduld der Fans für ein weiteres Umbruchjahr groß genug sein?
Ja. Die Fans haben Verständnis. Das Einzige, was immer da sein muss, ist unbändiger Einsatz. Das hört sich leicht gesagt an, aber es muss auch von allen so gelebt werden. Ich kenne das von Rapid und genauso von Schalke, St. Pauli oder Nürnberg: Wenn die Fans merken, dass du dein letztes Hemd gegeben hast, bekommst du Applaus – unabhängig vom Ergebnis.
Stimmt es, dass Sie nach einem Sieg im Cupfinale aufgehört hätten?
Darum haben wir ja verloren. (lacht) Ich hatte diesen Gedanken und das wäre eine schöne Geschichte gewesen. Das ist länger in meinem Kopf herumgeschwirrt.
Trainer Barisic meint, er hätte Sie zum Weitermachen überredet und zur Not zum Training abgeholt.
Da hätte er mich aber jeden Tag zum Training chauffieren müssen. (lacht) Tatsächlich weiß ich nicht, wann für mich Schluss ist. Ich habe Phasen, in denen ich mir mental schwertue.
Wann soll es zu Ende gehen?
Wenn ich meine Vorbildsituation verliere, wenn es mich nervt, oder wenn ich aus Leistungsgründen nur noch Ersatz bin. Ich bin sicher kein Spieler für die Bank.
2022/2023: Guido Burgstaller (Rapid/31 Einsätze) 21 Ligatore
2021/2022: Karim Adeyemi (Salzburg/29 Einsätze) und Giacomo Vrioni
(WSG Tirol/28 Einsätze) 19
2020/2021: Patson Daka (Salzburg/28 Einsätze) 27
2019/2020: Shon Weissmann (WAC/31 Einsätze) 30
2018/2019: Munas Dabbur (Salzburg/29 Einsätze) 20
2017/2018: Munas Dabbur (Salzburg/32 Einsätze) 22
2016/2017: Olarenwaju Kayode (Austria/33 Einsätze) 17
2015/2016: Jonatan Soriano (Salzburg/27 Einsätze) 21
2014/2015: Jonatan Soriano (Salzburg/32 Einsätze) 31
2013/2014: Jonatan Soriano (Salzburg/28 Einsätze) 31
2012/2013: Philipp Hosiner (Austria/36 Einsätze) 32
Hat Rapid eine Chance auf eine Vertragsverlängerung über 2024 hinaus?
Es wird nicht ums Geld gehen. Da geht es nur um mich und meine Motivation. So wie ich bin, werde ich das eines Tages entscheiden und dann Rapid bekannt geben.
Beraten Sie sich mit Kollegen in einem ähnlichen Alter über den optimalen Zeitpunkt des Abgangs?
Ja, und ich kann sagen, dass es schwierig ist. Ich denke schon länger über das Karriereende nach und habe viele Varianten dazu gehört. Vielleicht wird es mir mit dem Übergang in einen neuen Job leichter fallen.
Würde Sie das Trainergeschäft reizen?
Ich kann mir vorstellen, im Nachwuchsbereich als Stürmertrainer zu helfen. Aber ich werde sicher kein Cheftrainer auf Profiniveau.
Warum?
Weil ich so veranlagt bin, dass ich dann alles dafür tun und Gas geben würde. Ich will aber nicht mehr jedes Wochenende im Stadion sein, sondern Zeit für mich und die Familie haben. Das Private wird mir immer wichtiger.
Sind die verplanten Wochenenden der härteste Part für Sie am Profifußball?
Es klingt banal, aber ich war nie bei Hochzeiten, Familien- oder Geburtstagsfeiern dabei. Erst seit dem Rücktritt aus dem Nationalteam weiß ich, dass in der Länderspielpause im Herbst wahrscheinlich ein Sonntag frei sein wird. Mit 22 war mir das egal. Aber jetzt ist mir die Familie wichtiger als der Fußball.
Und wenn unter der Woche mal ein Tag frei ist ...
... ist für mich fix fußballfrei.
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