ÖFB-Rekordfrau Burger: "Bundesliga-Klubs müssen sich auch bemühen"

Nina Burger wuchs im Tullnerfeld auf. Die 34-Jährige machte nach der HAK die Polizeischule und arbeitete in Wien als Revierinspektorin. Sie ließ sich für ihre Auslandsengagements in den USA (Houston) und in Deutschland (Sand) karenzieren. Sie schoss 2017 das erste EM-Tor der österreichischen Frauenfußball-Geschichte.
Nach 109 Länderspielen und 53 Toren gab sie im April 2019 Karriereende bekannt. Burger ist sportliche Leiterin beim Frauen-Bundesligisten Vienna, betreut Frauenfußball-Projekte und war bei der EM 2022 als ORF-Expertin vor Ort.
KURIER: Wie sehen Sie die Entwicklung im Frauenfußball in den letzten Jahren?
Nina Burger: Bei den 16 Teams gibt es keine Spielerin mit einem großen Leistungsabfall. Es wird durchwegs taktischer gespielt und mir kommt vor, dass die Spielerinnen auch technisch besser sind. Aber allen voran gibt es in der Athletik eine große Steigerung.
Gibt es bei den Spitzennationen nicht immer schnellere Spielerinnen?
Es ist alles athletischer geworden und es wird tatsächlich schneller gespielt. Gemeinsam mit der besseren Technik ergibt es einen super anzusehenden Fußball, was mir auch von vielen Seiten immer wieder gesagt wird. Ich freu mich sehr über die gesamte Weiterentwicklung.

Woran liegt es, dass die Entwicklung so rasant ist?
Wenn die Spielerinnen Profis sind und sich auf den Sport konzentrieren können, geht körperlich insgesamt viel weiter. Aber auch bei vielen Klubs wird professioneller gearbeitet, werden die Möglichkeiten genutzt, die der Klub hat, können Trainer hauptberuflich mit den Frauenteams arbeiten.
Und deswegen sieht man bei einem professionellen Umfeld so schnell Ergebnisse?
Nehmen Sie Laura Wienroither her. Die war in Österreich schon eine athletische Spielerin, hat in Hoffenheim einen Schub gemacht, und sie hat bei Arsenal körperlich noch einen Schritt noch vorn gemacht. Um sich zu entwickeln, ist es auch wichtig, richtig zu regenerieren und sich richtig zu ernähren.
Wie würden Sie sich bei dieser EM schlagen?
Für mich ist das vorbei, da gibt es kein Wenn und Aber. Als Spielerin habe ich von meiner Athletik und meiner Schnelligkeit gelebt. Beides würde im aktuellen Zustand nicht reichen (lacht).
Also wären Ihre fußballerischen Stärken ideal gewesen für diese Entwicklung?
Ich denke gar nicht darüber nach. Aber schnelle Mit- und Gegenspielerinnen haben mich immer zusätzlich vorangetrieben.
Dann denken wir nach, wie es mit dem österreichischen Frauenfußball weiter geht?
Die EM in England ist eine Werbung für den Frauenfußball. Die Stadien, die Zuschauer, das ist eine andere Dimension. Und die Österreicherinnen konnten mitspielen. Ich hoffe, dass das die jungen Spielerinnen und Mädchen zusätzlich motiviert, wir in Österreich noch professionellere Strukturen schaffen und wir nachhaltig in der Liga einen großen Sprung machen.
Was stört Sie besonders an der Liga?
Es gehört ein Lizenzierungsverfahren durchgesetzt. Mich ärgert es, wenn ich sehe, dass nicht jeder Bundesligaverein Nachwuchsteams stellt. Ich will das bei der Vienna anders machen, wir haben aktuell vier Mädchenteams. Da kann jetzt einer sagen, die Wiener Klubs reden es sich leicht. Aber ich sage, dass man sich auch bemühen muss.
Die Titelkämpfe der Superlative gehen am Sonntag zu Ende. Es sind im Schnitt 3,07 Tore pro Spiel gefallen, es sind so viele Fans wie noch nie in den Stadien gewesen. Im Finale im Wembley-Stadion treffen um 18 Uhr MESZ England und Deutschland aufeinander. Das sind nicht nur die beiden Teams, die Österreich die einzigen Niederlagen bei zwei EM-Endrunden zugefügt haben. Das sind die zwei besten Teams des Turniers. Wobei auf beiden Teams sehr viel Druck lastet. England wartet auf den ersten Sieg bei einem großen Turnier seit dem WM-Erfolg der Männer im Jahr 1966. Und in Deutschland erwartet man nach acht EM-Titeln die Rückkehr auf den Thron.
Erstmals in der Geschichte der Frauen-EM gibt es eine Final-Show mit dem Liveauftritt einer Musikerin – Brit-Award-Gewinnerin Becky Hill.
Das Old-Trafford-Stadion war Schauplatz des Eröffnungsspiels zwischen England und Deutschland. Das Wembley-Stadion ist die große Bühne für den Schlusspfiff. Mit einem Fassungsvermögen von 87.000 Zuschauern gehört es zu den bekanntesten Arenen des Weltfußballs. Es ist natürlich ausverkauft.
In den bisherigen 30 Spielen waren 487.683 Zuschauer in den Stadien, mit dem Finale werden es mehr als eine halbe Million sein. Das sind mehr als doppelt so viele wie vor fünf Jahren in den Niederlanden, als 240.055 Zuschauer die 31 Spiele in den Stadien gesehen haben. 47 Prozent der Zuschauer waren Frauen, fast 100.000 waren Kinder.
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