Das ist aber leider die Realität. Aber nicht nur in Österreich. Wenn man die Kirche im Dorf lässt, in diesem Fall Wembley in London, schaut auch im EM-Land die Sache ernüchternder aus. Die Engländerinnen, die am Sonntag vor fast 90.000 Zuschauern gespielt haben, traten am 27. November 2021 in der WM- Qualifikation gegen Österreich an. Im Stadium of Light in Sunderland haben 49.000 Fans Platz, es kamen genau 9.159 – das war vor erst acht Monaten.
Krönung eines Rekord-Jahres
Eine EM ist sportlich wie emotional eine riesige Werbeveranstaltung für den Fußball. Aber man kann die Aufmerksamkeit nicht 1:1 umlegen auf den Fußball-Alltag. Österreichs Männer wurden wegen ihrer Leistung im Achtelfinale gegen den späteren Europameister Italien gefeiert. Etwas mehr als zwei Monate später kamen 18.000 Zuschauer gegen Schottland ins Ernst-Happel-Stadion. Zwei Monate später, zum zweiten Heimspiel nach der EM, kamen ins Wörthersee-Stadion nach Klagenfurt gegen Israel gar nur 4.300 Zuschauer, drei Tage später gegen die Republik Moldau waren es nur noch 1.800.
Die EM in England war mit mehr als einer halben Millionen Zuschauern die bis dato erfolgreichste Bühne für den Frauenfußball, die Krönung eines Jahres der Rekorde. In der Champions League schaffte es Barcelona zwei Mal den Besucher-Weltrekord für Frauenfußballspiele zu erhöhen. In Österreich steht der Rekord bei knapp unter 4.000 Zuschauern.
Man kann dem ÖFB nun vorwerfen, dass ein Spiel gegen die Europameisterinnen in einem Stadion, das nur 3.000 Zuschauer fasst, kein Zeichen ist, dass man den EM-Schwung mit aller Macht mitnehmen will.
Aber man darf sich keine Illusionen machen, dass jetzt nach einer EM Tausende zu den Länderspielen laufen (siehe Männer). Die Frage ist, was ernüchternder ist. Ein Spiel in einem vollen Stadion in Wr. Neustadt vor 3.000 Zuschauern. Oder 3.000 Zuschauer in einem Stadion, das 18.000 fasst.
Tatsache ist, dass gerade im Ballungsraum Wien ein Stadion mit der – momentan – idealen Größe fehlt. Hier schmerzt, dass sich die Modernisierung des Stadions des Wiener Sport-Clubs verzögert und wohl nur in einer Lightversion durchgeführt wird. Wenn überhaupt.
Realistisch betrachtet wäre ein 8.000er-Stadion in der Bundeshauptstadt wohl ideal, um sich an einen Rekord heranzuarbeiten ohne allzu sehr ernüchtert zu werden. Späte Anpfiffzeiten und weite Wege sind kontraproduktiv für ein großes Publikum beim Frauenfußball – Familien, Frauen und Kinder. So waren auch bei der EM fast die Hälfte der Zuschauer Frauen und rund 20 Prozent Kinder und Jugendliche.
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