Dorfklub Elversberg: Kein Bahnhof, kein Balkon, aber ein Traum

Erfolgslauf: Elversberg kommt aus dem Jubeln nicht heraus, zuletzt gab es in der Liga acht Spiele ohne Niederlage.
Gut 15 Kilometer nordöstlich von Saarbrücken liegt Elversberg mit seinen 7.400 Einwohnern. Nützliches Wissen auch das: Es heißt die und nicht der SV Elversberg, weil es formal eine Spielvereinigung ist und kein Sportverein.
Für den Zweitliga-Dritten in Deutschland geht es am Donnerstag (20.30 Uhr/Sat.1 und Sky) zum Hinspiel nach Heidenheim, ehe am Montag der Dorfklub an der Kaiserlinde etwas perfekt machen könnte, woran vor drei Jahren beim Aufstieg aus der Regionalliga keiner geglaubt hat.
Die Ruhe in Person
Rund um Elversberg spielt alles verrückt dieser Tage, nur der Trainer ist die Ruhe selbst. „Die ganze Geschichte, so wie es jetzt gelaufen ist, ist schon ein Traum. Weil es so außergewöhnlich ist, weil wir mit wenig Möglichkeiten, die wir haben, eine Menge erreicht haben“, sagte Horst Steffen. „Wenn das i-Tüpfelchen draufkommt, dann freue ich mich. Aber ich träume jetzt nicht jeden Abend oder tagsüber erst recht nicht davon, dass wir in der Bundesliga spielen.“
Eine Aufstiegsfeier würde die Gemeinde vor eine große Herausforderung stellen. „Nein, es gibt keinen Rathausbalkon. Wir haben keinen, aber den würden wir auch anbauen. Wenn es sein sollte – glauben Sie mir –, schaffen wir das“, sagte Bürgermeister Bernd Huf. Auch der deutsche Vorjahresmeister Bayer Leverkusen habe ja keinen gehabt: „Von daher müssen wir uns nicht verstecken.“
Fehlende Infrastruktur
Auf Schienen können Auswärtsfans nicht bis nach Elversberg anreisen. „Aber wir haben Bahnhöfe in St. Ingbert, Neunkirchen und Friedrichsthal“, betont das Gemeindeoberhaupt. An der Infrastruktur müsse man natürlich noch arbeiten. „Aber das müssten wir auch dann tun, wenn wir in der 2. Liga bleiben.“ Die Kabinen für die Spieler sind in Containern untergebracht. Nach dem Umbau wird die Ursapharm-Arena 15.000 Zuschauer fassen, derzeit sind es 10.000.
Seit acht Zweitliga-Partien ist der Außenseiter ungeschlagen, bietet Fußball vom Feinsten: Tore mit der Ferse vorbereitet, sehenswerte Fernschüsse, traumhafte Kombinationen. Acht Profis gehörten schon in der Regionalliga zum Kader und haben eine erstaunliche Entwicklung genommen.
Trainer mit Herz
Leihspieler Muhammed Damar lobt „diese Menschlichkeit, die man spürt“ im Team. „Jeder ist glücklich, jeder hat ein warmes Herz.“ Das liegt auch und vor allem am Chefcoach. Horst Steffen, der einst für Uerdingen, Mönchengladbach und Duisburg in der Bundesliga auflief. Er ist für seinen Heidenheimer Kollegen Frank Schmidt „der Trainer des Jahres. Wie er es geschafft hat, so eine Mannschaft zusammenzustellen – großer Respekt!“
Angefangen hat der Aufschwung der SVE mit dem heutigen Aufsichtsratschef Frank Holzer, seit 35 Jahren in verantwortlichen Positionen im Klub und Chef der Ursapharm Arzneimittel GmbH. Als der heute 72-Jährige 1990 einstieg, kickte der Klub in der Landesliga und hatte 800.000 Mark Schulden. Sein Sohn Dominik übernahm 2011 den Vereinsvorsitz. 2013 stieg Elversberg erstmals in die 3. Liga auf, aber gleich wieder ab. 2023 folgte der Durchmarsch in Liga zwei. Jetzt darf Holzer senior als Bayern-Fan darauf hoffen, nächste Saison den Meister aus München zu empfangen.
Neben Steffen und Sportvorstand Nils-Ole Book gilt auch David Blacha, Leiter Lizenzbereich und Scouting, mit seinem Näschen für Talente als Erfolgsgarant. „Vielleicht ist das Unaufgeregte schon das Erfolgserlebnis. Das Saarland ist ein bisschen ab vom Schuss, wir haben mit Elversberg nicht den größten Namen“, sagt Book. Man habe das einfach umgedreht und überlegt, welche Vorteile man daraus ziehen könnte. „Man muss einfach sagen, dass wir sehr in Ruhe arbeiten können. Die Medien und Fans machen uns nicht beim kleinsten Anzeichen von Misserfolg die Hölle heiß. Das sind große Vorteile auch für junge Spieler.“
Mit der Ruhe ist es allerdings dieser Tage vorbei im 7.400-Einwohner-Dorf Elversberg.
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