Warum der Protest der Europäer FIFA-Boss Gianni Infantino schaden wird

75th FIFA Congress
Weil er mit Donald Trump auf Golf-Reise unterwegs war, hatte sich Infantino beim FIFA-Kongress verspätet, Europa protestiert.

Zusammenfassung

  • UEFA-Delegierte protestierten gegen Gianni Infantino beim FIFA-Kongress wegen seiner Golf-Reise mit Donald Trump.
  • Der Protest symbolisierte das begrenzte Vertrauen der Europäer in Infantino.
  • Infantinos zukünftiges Krisenmanagement wird entscheidend für die Beziehung zu den europäischen Funktionären sein.

Lange schon ist Gianni Infantino vielen Fußballfans ein Dorn im Auge. Mit der umstrittenen Vergabe der Fußball-WM 2022 nach Katar hatte der aktuelle FIFA-Präsident zwar nicht direkt zu tun, schien aber jegliche Kritik an der Veranstaltung an sich abperlen zu lassen. Hinzu kommen seltsame Auftritte und enge Verbundenheit zu kritisierten Politikern. Zuletzt näherte sich der Schweizer mit dem US-Präsidenten Donald Trump an. 

Genau mit dem war er diese Woche am Golf - in Saudi-Arabien und Katar - unterwegs. Länder, die für Menschenrechtsvergehen kritisiert wurden, sich gleichzeitig in der Sportwelt mit Top-Veranstaltungen unter hervorragenden Bedingungen für die Sportler positionieren.

Die Reise kam allerdings Infantinos Auftritt beim FIFA-Kongress in Asunción in die Quere. Dort verspätete er sich am Donnerstag. Als er dann auftrat, gab es einen selten dagewesenen Protest. Nach der Kaffee-Pause blieben viele Plätze auf dem Podium leer. Gemeinsam verließen alle von der UEFA entsandten Council-Mitglieder den FIFA-Kongress vorzeitig. Die Aktion war geplant und hatte einen speziellen Grund. Das war passiert in der Hauptstadt Paraguays:

Warum haben die UEFA-Delegierten den FIFA-Kongress verlassen? 

Mit ihrer Aktion wollten UEFA-Präsident Aleksander Čeferin und Kollegen offenkundig ein Zeichen setzen, dass ihre Geduld mit Weltverbandschef Gianni Infantino begrenzt ist. 

Schon die Nahost-Reise des FIFA-Chefs als Begleiter von US-Präsident Trump war ihnen sauer aufgestoßen. Die Council-Sitzung musste deshalb verschoben werden, im Vorfeld des Kongresses fehlte Infantino bei vielen Pflichtterminen. 

Geltungssucht lautete ein unterschwellig geäußerter Vorwurf. Infantino habe den „inneren Kompass“ verloren, zitierte die englische Zeitung „The Times“ einen Kongress-Teilnehmer. 

Bis zur akuten Verspätung am Kongresstag wurden das Präsidentenverhalten zähneknirschend toleriert. Die Panne mit dem Timing des Privatjets lag wohl nicht im unmittelbaren Verantwortungsbereich von Infantino. Aber das Verspätungsrisiko für einen Ego-Trip an den Golf überhaupt in Kauf genommen zu haben, verübeln ihm Europas Funktionäre. 

Die Show des Schweizers im Trump-Tross können viele nicht ertragen. „Eine kurzfristige Änderung des Zeitplans, die scheinbar nur privaten politischen Interessen dient, tut dem Fußball keinen Gefallen und scheint seine Interessen hinten anzustellen“, hieß es von der UEFA.

Warum ist diese Aktion überhaupt von Bedeutung? 

Letztlich war die Absenz der Europäer für den FIFA-Kongress unbedeutend. Die Funktionäre sitzen eher zur Staffage auf dem Podium, ähnlich wie Politiker bei einem Parteitag. Infantino zog das Programm auch durch, als sei nichts passiert. 

Doch der Symbolcharakter ist entscheidend. Indirekt entzogen die Funktionäre dem FIFA-Boss das Vertrauen. Das signalisierte Motto: Wir machen bei deinen Spielchen nicht länger mit. Wir haben unsere eigene Agenda. „Wir alle stehen im Dienst des Fußballs - von der Straße bis zum Podium. Die UEFA-Mitglieder des FIFA-Rates sahen es als notwendig an, bei dieser Gelegenheit zu betonen, dass der Fußball an erster Stelle steht, und vom Kongress wie ursprünglich geplant abzureisen“, hieß es. Die Mitglieder gingen um jene Uhrzeit, zu der die Sitzung ohne die Infantino-Verspätung vorbei gewesen wäre. 

Der Protest fällt in eine Zeit, in der die schlimmsten Grabenkämpfe zwischen Infantino und den Europäern eigentlich beendet schienen. Ob Mammut-WM mit 48 Teilnehmern oder neue Klub-WM mit der Premiere in diesem Sommer in den USA. Alle Konfliktzonen schienen beseitigt. Wie brüchig der Burgfrieden sein kann, trat nun symbolkräftig zutage.

Wie geht es jetzt weiter zwischen den Fußball-Streithähnen? 

Viel hängt von Infantinos Krisenmanagement ab. 

Reagiert der FIFA-Boss pikiert oder beleidigt, könnte es zu dauerhaften Auseinandersetzungen kommen. Sein schönes FIFA-Motto, „Vereine die Welt durch den Fußball“, wurde jedenfalls ramponiert. 

Reagiert Infantino dennoch mit Nachsicht und Größe, kann er die Geschehnisse womöglich herunterspielen. Der Schweizer ist ein Machtmensch, er wird abwägen, was ihm in den kommenden Monaten mehr nützt. 

Bei der anstehenden Klub-WM werden gerade Europas Top-Klubs in den USA die Werbemaschine ankurbeln.

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