Brasilien bis Marokko: Die acht WM-Viertelfinalisten im Leistungscheck
Die WM geht am Freitag in die heiße Phase. Was spricht für die Teams, wo gibt es Schwachstellen. Die acht Top-Nationen im Check der KURIER-Sportredaktion.
07.12.22, 18:30
Die Dominanz der Mannschaften aus Europa und Südamerika hat sich bei der laufenden WM fortgesetzt. Im Viertelfinale in Katar sind die Teams aus den beiden Kontinenten mit sieben Teilnehmern fast unter sich. Für die Ausnahme sorgte Marokko mit einem 3:0-Erfolg im Elferschießen über Spanien. Die Afrikaner sind damit erst das dritte Team - zuvor Ghana 2010 und Costa Rica 2014 - außerhalb von Europa und Südamerika, das seit der WM 2002 ein WM-Viertelfinale erreicht hat.
Europa ist mit fünf Nationen - Titelverteidiger Frankreich, Vize-Weltmeister Kroatien, Niederlande, England und Portugal die klare Nummer eins. Dazu kommen Rekord-Weltmeister Brasilien und Argentinien. 2018 in Russland hatten sechs europäische und zwei südamerikanische Mannschaften um den Einzug ins Halbfinale gekämpft.
Der KURIER hat einen Blick auf die verbleibenden acht Teams geworfen. Welche Stärken und Schwächen haben Brasilien, Frankreich und Co.?
Stärken: Der Vizeweltmeister aus dem Vier-Millionen-Einwohner-Land hat einen ausgeprägten Teamgeist und eine starke Defensive mit bisher nur zwei Gegentoren. Herausragend: Maskenmann Joško Gvardiol (20).
Schwächen: Die besten Stürmer sitzen auf der Bank: Mario Mandžukić und Ivica Olić sind bei dieser WM als Co-Trainer im Einsatz, während im Team ein richtiger Knipser fehlt. Hoffenheims Kramarić ist nicht der gewünschte Goalgetter, den es für einen WM-Titel wohl braucht.
Brasilien
Stärken: Neben der guten Stimmung und dem wiedergefundenen Ballzauber vertraut die Seleção einem großartigen Tormann: Einen wie Alisson Becker hatte Brasilien selbst bei den letzten WM-Titeln nicht.
Fragezeichen: Defensiv gefordert waren die Brasilianer bisher noch nicht in diesem Turnier. Damit sollte ab dem Viertelfinale Schluss sein. Was passiert, wenn das Team einmal nicht in Führung geht? Sind Thiago Silva und Co. sattelfest? Und was, wenn sich ein Star beim Jubeltanz verletzt?
Stärken: Die Oranje spielen bei dieser WM vor allem für einen: Teamchef Louis van Gaal, der trotz seiner Krebserkrankung die Niederländer zum Titel führen will, wirkt entspannt und gut gelaunt wie selten. Diese Stimmung im diesmal kompakten Team kann Flügel verleihen.
Fragezeichen: Den fehlenden Glanz konnten die Niederländer bisher mit Erfolgen wettmachen. Die Frage ist: Wie schneiden sie gegen ein Top-Team ab? Gegen so eines haben sie bei der WM noch nicht gespielt.
Argentinien
Stärken: Messi ist immer noch der Dreh- und Angelpunkt. Teamchef Scaloni machte aus dem Team eine Wohlfühloase für den Star, der zahlt es mit bisher drei Toren zurück.
Schwächen: Ein Offensivspektakel liefern die Argentinier nur selten. Zu oft fehlt die zündende Idee, gerade gegen tief stehende Gegner. Man kassierte zwar erst zwei Tore, agierte jedoch nicht immer sattelfest. Vor allem im Umschaltspiel ist man anfällig, da hilft auch der starke Rückhalt in Emiliano Martínez nur wenig.
Stärken: Die „Atlas-Löwen“ entschieden ihre Spiele bei dieser WM in der Defensive. Im Achtelfinale gegen Spanien war gut zu sehen, dass es bei dem engen Defensiv-Block kaum ein Durchkommen gab. Hinzu kommt individuelle Klasse etwa von Hakimi von Paris SG oder Elfmeterkiller Bounou im Tor, der erst einen Gegentreffer erhielt: ein Eigentor.
Fragezeichen: Innenverteidiger Aguerd und Saïss haben die Abwehrschlacht gegen Spanien nicht unbeschadet überstanden. Vor allem Aguerd ist fraglich.
Portugal
Stärken: Im Achtelfinale war klar zu sehen, welche Qualitäten die Portugiesen in ihrem Kader haben. Gonçalo Ramos ist mit drei Toren der neue Hoffnungsträger in der breit aufgestellten Starparade, die auch Ausfälle wegstecken können wird.
Gefahr: Cristiano Ronaldo wird vermutlich auch gegen Marokko auf der Bank sitzen. Wie lange geht das gut? Ist der Superstar hinter der Outlinie ähnlich geduldig, wenn es einmal nicht so läuft wie zuletzt? Oder droht die Stimmung zu kippen?
VIERTELFINALE 4: ENGLAND - FRANKREICH, Samstag, 20 Uhr
England
Stärken: Offensive ist Trumpf. Auffallend: Für die bisherigen zwölf Tore sind acht verschiedene Schützen verantwortlich. Ganz vorne hat Trainer Southgate mit Kane, Rashford, Foden und Saka die Qual der Wahl. Die Basis wird aber im Mittelfeld gelegt: Vor allem Bellingham und Rice spielen in Hochform.
Schwächen: Die Innenverteidigung ist nicht die schnellste (Maguire!). Frankreichs Mbappé am Flügel muss im Viertelfinale wohl von Außenverteidiger Walker gestoppt werden.
Frankreich
Stärken: Dass der Kader weltmeisterlich ist, war nie fraglich. Außerdem ist der Titelverteidiger noch hungrig. Selbst ein 36-Jähriger wie Giroud wirkt frisch, dazu kommt mit Mbappé der vielleicht Beste dieser WM. Eine traditionelle französische Schwäche – Eifersüchteleien – ist ohne den verletzten Mbappé-Rivalen Benzema nicht in Sicht.
Schwächen: Der Ernstfall konnte nicht geprobt werden: Kein Gegner war ähnlich stark wie die Engländer. Und: Es gibt bessere Torhüter als Lloris.
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