Der 14. Juni verläuft völlig anders als im Fußball vorgesehen gewesen. Statt nach Bukarest, wo Österreichs EM-Auftaktspiel hätte stattfinden sollen, schaltet der ORF zum Liga-Match Rapid – Wolfsberg nach Hütteldorf. Und statt einer Vorschau auf die EM-Spiele der Konkurrenz drängt sich, was beliebt wurde während Corona, wieder ein bissel Fußball-Nostalgie auf.
Weil’s genau 30 Jahre sind, als nach Österreichs WM-Auftritten in Italien die Emotionen hochgingen. Nach einem 1:1 gegen Argentinien mit Diego Maradona und einem 3:2 im letzten Test gegen Europameister Niederlande hatten die KURIER-Sportler dem damaligen Blattmacher nur mit Mühe die Seite-1-Schlagzeile „Österreich WM-Favorit“ ausreden können.
Die öffentlichen Erwartungen waren unrealistisch hoch. Zudem wusste niemand, dass die A-Partie im Camp in der Toskana den Ersatzleuten stets unterlegen war, ja dass Teamchef Josef Hickersberger den fast 35-jährigen Herbert Prohaska zum Rücktritt vom Rücktritt überreden wollte.
Dabei war Prohaska (weil als Ex-Italien-Legionär populär und la lingua mächtig) nur als ÖFB-WM-Botschafter mitgereist. Dort aber, um Spielchen 11 gegen 11 zu ermöglichen, zum Trainingsgast geworden, der ständig in der siegenden B-Partie glänzte. Was Botschafter Prohaska, obwohl auch KURIER-Kolumnist, vornehm verschwieg.
30 Jahre später verrät Ex-ÖFB-General Alfred Ludwig: „Prohaska besaß noch einen gültigen Spielerpass. Der Hicke hat’s bis zum Meldeschluss beim Schneckerl versucht.“ Vergeblich.
Im römischen Olympiastadion, wo Prohaska 1983 mit AS Roma Meister geworden war, wurde zum Start von gegen Italien 0:1 verloren (siehe Video oben). Durch ein spätes Tor des kurz davor eingetauschten Toto Schillaci. Der danach vom Wechselspieler zum WM-Schützenkönig werden sollte, obwohl Italien das Finale verpasste. Nach einem weiteren 0:1 gegen die CSSR reichte ein 2:1 (mit Traumtor von Andreas Ogris, Video unten) gegen die USA nicht mehr zum Aufstieg.
Dass Andreas Herzog und Co. den (bis heute letzten) österreichischen WM-Sieg in Unterzahl (Ausschluss Peter Artner) errungen und dass sie das zweitjüngste Team aller WM-Starter gestellt hatten, stimmte das Fußballvolk nicht versöhnlich. Die Enttäuschung war zu groß. Auch bei Manfred Zsak, der, obwohl Kapitän gewesen, beim Auftakt von Hickersberger nicht aufgestellt worden war. Der aber heuer im April der erste WM-Spieler war, der als Gratulant seinen einstigen Coach zum 72. Geburtstag telefonisch erreichte. Auf dem Golfplatz sind Singlehandicapper Zsak und Hickersberger („Mein Handicap ist mein Alter“) gern Partner.
Einige der alten Größen aus dem WM-Kader müssen damit rechnen, im September erneut auf Fußball-Historisches angesprochen zu werden. Wenn mit ein bissel Häme 30 Jahre danach an das 0:1 gegen die Färöer erinnert werden wird.
Das wurde aus den ÖFB-Spielern der WM 1990:
Klaus Lindenberger (63, Teamtormanntrainer Israel)
Michael Konsel (58, Krone-Kolumnist)
Otto Konrad (55, Berater für Gesundheitseinrichtungen, bis 2018 Landesrat, erstellt aktuell Sportstättenatlas für Salzburg)
Ernst Aigner (53, Briefträger in Guntramsdorf)
Robert Pecl (54, beschäftigt im Vertrieb für Werbeartikel-Großhandel)
Anton Pfeffer (54, NÖ-Sportlandeskoordinator, Sky-Experte)
Peter Schöttel (53, Sportdirektor des ÖFB)
Kurt Russ (55, Kapfenberg-Trainer)
Michael Baur (51, U-16-Trainer BNZ Tirol, Gastronom in Westendorf)
Michael Streiter (54, Landesligatrainer Volders)
Manfred Zsak (55, ÖFB-Nachwuchscoach)
Peter Artner (54, Besitzer der Firma Artner Tableware und Glas Edition)
Manfred Linzmaier (Scout des deutschen Drittligisten Ingolstadt)
Alfred Hörtnagl (Sportdirektor Wacker Innsbruck)
Andreas Herzog (51, Teamchef Israel, Sky-Experte)
Christian Keglevits (59, am Flughafen Wien Ausbildungsleiter in Security-Schulungsabteilung, Coach der Rapid-Legendenmannschaft)
Andreas Reisinger (58, Stadtliga-Trainer Wienerberg)
Gerald Glatzmayer († 11. Jänner 2001, Autounfall)
Toni Polster (Regionalligatrainer Wiener Victoria)
Andreas Ogris (55, ORF-Dancing-Star)
Gerhard Rodax (55, Besitzer der Tennishalle Traiskirchen)
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