Austria in der Krise: "Wir erfüllen den Anspruch nicht"
Ist die Austria noch zu retten? Die Violetten erleben in dieser Saison fast wöchentlich ihr blaues Wunder – und können immer noch ihr Ziel erreichen: einen Europacupplatz. Ein nahezu perverser Umstand bei sieben sieglosen Spielen in Folge. Der letzte Erfolg datiert vom 3. März, als man ein 4:2 daheim gegen Hartberg bejubelte.
Nach dem 2:2 gegen St. Pölten protestierten die frustrierten Fans und zwangen Spieler und Funktionäre zu Aussprachen. Sportdirektor Muhr und AG-Vorstand Kraetschmer hatten mit drei Fanklub-Capos noch zu später Stunde auf der Betreuerbank eine ausführliche Unterredung. In erster Linie ging es um die Beruhigung der Gemüter vor dem Gastspiel am Sonntag in St. Pölten. Wehe, man gewinnt nicht ...
Kurzfristig muss die Austria trachten, irgendwie noch eine Saison zu retten, die schon längst verloren ist. Was vor allem daheim angeboten wurde, gereicht keinem Austrianer zur Freude. „So ehrlich muss man sein – wir haben nur im Derby gegen Rapid letztlich so gespielt, wie wir das von der Austria erwarten. Bei 14 Heimspielen ist das halt ein bissl wenig“, gesteht auch Markus Kraetschmer ein. „Wir erfüllen einfach den Anspruch nicht.“
Die Trainerfrage
Viel wichtiger sind aber die mittel- und langfristigen Entscheidungen, die man demnächst wird treffen müssen. Bis Mitte Mai soll der Trainer für die kommende Saison feststehen. Ralf Muhr hat seine Kandidatenliste abgeschlossen und dem Aufsichtsrat vorgelegt, der soll vor allem den wirtschaftlichen Rahmen vorgeben. Dirk Schuster, ehemaliger Trainer von Darmstadt und Augsburg, soll ebenso darauf stehen wie Nestor El Maestro und Robert Ibertsberger.
Einen Fehlgriff darf man sich nicht mehr erlauben, wie Kraetschmer bestätigt: „Die vorzeitigen Trainerwechsel der letzten Jahre haben nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht. Wir haben schon viel probiert, sind damit aber nicht weitergekommen.“ Die ständige Unruhe bei der Austria kommt in erster Linie aus den eigenen Reihen, bis der Druck die Verantwortlichen zum – oft übereilten oder zu späten – Handeln veranlasst.
Die Kaderfrage
Die Austria braucht endlich Klarheit in ihren Aktionen, nicht nur auf dem Platz. Welcher Trainer passt zu dieser Mannschaft? Welche Mannschaft braucht der auserwählte Trainer? Welche Trainer lassen generell jenen Fußball spielen, den die Austria von sich selbst sehen möchte? Fragen, die in der Vergangenheit oftmals mangelhaft beantwortet wurden.
Die Austria muss im Sommer 2019 jedenfalls ähnliche Fragen beantworten wie im Sommer 2018, als man fast eine gesamte Mannschaft austauschte. „Es ist wie letztes Jahr, auch diesmal müssen wir die Qualität im Kader verbessern“, weiß Muhr um den Druck. Allerdings wird sein finanzieller Spielraum dabei sehr eingeschränkt sein. „Wir werden vielleicht nicht so gewohnte Wege gehen. Weniger Geld heißt aber nicht automatisch weniger Qualität.“ Effizienz ist von ihm somit gefragt.
Bei manchen Spielern besitzt die Austria die Möglichkeit, die Vertragsoption zu ziehen, wie beispielsweise bei Cuevas und Matic, die beide die Erwartungen nicht erfüllt haben. Ähnliches gilt für Jeggo oder Edomwonyi. Generell drängt sich mittlerweile die Frage auf, ob der aktuelle Kader einfach nicht besser ist als die Resultate, die er erbringt. „Diese Frage stellen wir uns intern ebenso, weil die Tabelle bekanntlich nicht lügt“, gibt Muhr zu. „Wir können uns einreden, was man im Training alles sieht, Fakt ist aber, dass man es im Spiel auf dem Platz dann nicht mehr sieht.“
Die Strukturfrage
Kraetschmer, aktuell für die Fans der Sündenbock für die Austria-Krise, weiß um die Notwendigkeit, die Vereinsstrukturen zu überdenken und einem Sportchef sämtliche Vollmachten zu übertragen, ganz ohne Einmischungen diverser Einflüsterer. Derzeit hat er über den wirtschaftlichen Bereich hinaus das Sagen bei der Austria. Mit mehr Klarheit in der Aufgabenverteilung würden sich bessere Ergebnisse erzielen lassen als zuletzt. Kraetschmer gibt zu: „Die Durchgängigkeit vom Nachwuchs in die Kampfmannschaft hat noch nicht funktioniert.“
Die Probleme der Austria sind vielschichtig – und daher nicht schnell zu lösen.
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