Erst dieser Tage wurden bei einer Auktion zugunsten von Leidtragenden der Corona-Pandemie für ein Trikot von Diego Maradona 55.000 Euro bezahlt. Der Argentinier, der am 30. Oktober 60 Jahre alt wird, ist eine Legende, einer der besten Fußballer der Welt. Vor 30 Jahren kam mit Diego Maradona der Superstar seiner Zeit nach Wien. Am 3. Mai 1990 spielte Österreich gegen Argentinien.
Diego Maradona reiste zwei Tage vor dem Spiel im Privatflieger aus Neapel an. Im Teamquartier der Argentinier, dem Scandic Crown am Handelskai, dem heutigen Hilton Danube, machte die Kunde von seiner Ankunft in Windeseile die Runde, weshalb sich eine Vernissage im Hotel schlagartig leerte. Der 2016 verstorbene Trainerexzentriker Adi Pinter hatte eine Ausstellung seiner Bilder eröffnet.
Laufbahn mit Diego
Maradona aber bekam keiner der Journalisten zu Gesicht. Das passierte erst am nächsten Tag. Hautnah. Denn damals durften Journalisten das Abschlusstraining noch auf der Laufbahn des Praterstadions verfolgen. Während seine Teamkollegen Standardsituationen übten, spazierte Maradona, den Ball spielerisch gaberlnd, über den Rasen.
Der Ball schien Teil seines Körpers zu sein, gehalten von einem unsichtbaren Band, immer wieder Maradona suchend. Dessen Kopf, Schulter, Nacken und natürlich immer wieder die Füße. Er machte keine Kunststücke mit dem Ball. Nein, Ball und Maradona waren eine Einheit. Hautnah erlebte man vor 30 Jahren den Beweis, warum da der beste Fußballer der Welt auf dem Wiener Rasen spazieren geht. Jener Kicker, der 1986 auf dem Weg zum WM-Titel das berühmteste Hand-Tor der Welt erzielt hatte.
1990 stand plötzlich ein anderer Weltmeister hinter den Journalisten. „Hola chicos“, sagte Mario Kempes, der 1978 Argentinien zum WM-Titel geschossen hatte. 1986 kam er mit 31 Jahren zur Vienna, 1987 bis 1990 spielte er in St. Pölten, danach zwei Jahre in Krems.
Als Maradona an diesem 2. Mai 1990 Kempes sah, hielt er inne, erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit fiel der Ball zu Boden. Maradona kam auf die Gruppe zu, breitete die Arme aus und umarmte Kempes innig. Die Verschlüsse der Kameras klickten, die Journalisten lauschten, wie die beiden Fußball-Helden Freundlichkeiten austauschten.
Heutzutage ist nicht nur die Laufbahn für Journalisten Sperrzone, nach 15 Minuten muss man sogar beim Abschlusstraining der österreichischen Nationalmannschaft das Stadion verlassen.
Baby-Weltmeister Bebeto
Dieser 2. Mai 1990 sollte aber nicht der letzte enge Kontakt mit einem Weltmeister werden. Vier Jahre später landete der spanische Klub La Coruna am 16. Oktober 1994 für ein Europacupspiel in Innsbruck, mit an Bord war der damals 30-jährige Stürmerstar Bebeto. Der Brasilianer war drei Monate davor nicht nur Weltmeister geworden, sondern hatte auch den berühmten, bis heute x-fach kopierten, Baby-Jubel kreiert. Weil seine Frau schwanger war, hatten seine Teamkollegen Romario und Mazinho seine Tore mit Wiegebewegungen gefeiert.
Würde heute WM-Sieger Griezmann mit seinem Klub nach Österreich kommen, gäbe es Tretgitter und Securitys vor dem Hotel. Vor 26 Jahren aber warteten nur ein KURIER-Journalist und Fotograf Andreas Fischer im „Hotel Europa“, Innsbrucks damals beste Adresse, an der Bar auf die Ankunft der Spanier. Diese kamen kurz vor 21 Uhr. „Senor Bebeto.“
Der Brasilianer blickte kurz auf, schien schon wortlos weiter zu wollen. Da tauchte sein Mitspieler und Landsmann Donato hinter ihm auf. „Hola“, sagte der. Warum sich die Frohnatur aus Rio an jemanden erinnern konnte, der ihm vier Jahre zuvor von Gerhard Rodax beim Training von Atletico Madrid vorgestellt wurde, war ein Rätsel. Aber ein erfreuliches, denn Bebeto nahm sich fast 20 Minuten für ein Interview Zeit, um dann direkt zum Abendessen zu verschwinden. Mit einem freundlichen Lächeln und einem „Hasta luego“.
Autogramm von Sanchez
Ein Jahr später konnte mit Hugo Sanchez der nächste Superstar zum Lachen gebracht werden. Mit einem Foto, das Andreas Fischer fünf Jahre davor in Madrid geschossen hatte. Am 24. Oktober 1990 zeigte Sanchez Klaus Lindenberger sechs Finger, der Tormann sollte noch drei weitere Treffer kassieren, FC Tirol verlor 1:9, Sanchez schoss vier davon.
Am 22. November 1995 spielte er im eiskalten Wattens, wurde beim 0:2 ausgewechselt, lachte aber herzlich als er das Foto sah und setzte sein Autogramm darauf. Sanchez spielte damals nicht mehr in Madrid und Barcelona, sondern in Metropolen wie Klingenbach, Wagna oder eben Wattens. Sanchez war einer der besten Stürmer seiner Zeit, wurde fünf Mal Meister in Spanien. Mit 37 Jahren kam der Mexikaner in der zweiten österreichischen Liga beim FC Linz an.
Dort zeigte Trainer Heinz Hochhauser dem fünffachen spanischen Torschützenkönig nach einem missglückten Volley die richtige Schusstechnik. „Yes coach“, sagte Sanchez. Und während eines ausgiebigen Lauftrainings, raunte Sanchez seinem Mitspieler Manfred Linzmaier zu: „Oh. I need my Ferrari“.
Den Hang zu Luxusautos haben auch heutige Fußballstars. Die Nähe zu Fans und Journalisten ist aber nur noch Nostalgie.
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