Als ob es nicht schon genug Kriege, Krisen und politisch bedingte Brandherde gibt, wird selbst im Sport Hass und Missgunst gesät. Leider auch in Wien. Wo nach verbalen Entgleisungen beim Derby und den dafür verhängten strengen Strafen in der Gedankenwelt von Hardcorefans eine Täter-Opfer-Umkehr erfolgt.
Per Fahndungsliste im Netz werden die Köpfe des Fußball-Strafsenats gefordert. Konträr zur Rapid-Vereinsführung und reumütigen Spielern ist man im Block West offensichtlich nicht an Deeskalation interessiert.
So gesehen ist’s gut, dass es – zumal die Austria ins untere Play-off abrutschte – in nächster Zeit zu keinem Derby kommt; und dass die Länderspielpause der ganzen Liga eine vorösterliche Nachdenkpause ermöglicht.
Teamchef Ralf Rangnick, der im Rapid-Stadion beleidigt wurde, übersiedelt mit seinen Auserwählten nach Marbella. Vor der südspanischen Haustür seines Vorvorvorvorgängers Josef Hickersberger wird vier Tage trainiert, ehe Samstag beim Freundschaftsmatch gegen die Slowakei erstmals für die EM geprobt wird.
Schauplatz ist Bratislava, die Heimatstadt des einstigen ÖFB-Bundestrainers Leopold Stastny, von dem die Prohaska-Hickersberger-Kreuz-Krankl-Generation auch posthum noch schwärmt. Ihm zu Ehren gibt es in David Alabas Heimatbezirk in Wien 22 den Stastny-Weg.
Stastny hatte trotz Widerstandes von Nachkriegs-Kickerhelden den für Trainer verpflichtenden Kurs eingeführt;
Stastny hatte Herbert Prohaska unter der Voraussetzung, dass sich der 19-Jährige von seinem Schnurrbart trenne („Weil du dich nicht künstlich älter machen sollst“), zum Länderspieldebüt verholfen.
Stastny hatte, ehe er altersbedingt zurücktrat, die Basis für die WM-Qualifikation 1978 (Stichwort Cordoba) gelegt.
Der Slowake beherrschte so gut Deutsch, dass er es genoss, Granden der Journaille auf grammatikalische Fehler aufmerksam zu machen.
Den Mann mit dem schlohweißen Haar zeichnete auch Selbstironie aus. So erzählte er uns Reporterlehrlingen einmal von einer Begebenheit auf der inneren Mariahilferstraße, die damals noch käuflichen Damen zum Kundenfang dienen durfte. Stastny befand sich auf dem abendlichen Heimweg vom ÖFB-Haus, als ihn eine Liebeswerberin ansprach mit den Worten: „Wie wär’s mit uns, weißer Prinz?“ Darauf Stastny laut Stastny: „Zu spät, zu spät.“ Darauf die Dame: „Warum, es ist ja erst Neun?“ Darauf Stastny: „Net um Stunden sondern um Jahre.“
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