Bundesliga-Trainer: "Neymar hat das nicht nötig"

Trainer-Umfrage: Der KURIER befragte Österreichs zwölf Bundesliga-Trainer zur WM.

So lauteten unsere Fragen an die Trainer:

  1.  Was hat Sie an der WM in Russland überrascht?
  2. Welche Erkenntnisse haben Sie für Ihre Arbeit als Trainer gewonnen?
  3. Welcher Spieler oder Trainer ist Ihnen besonders aufgefallen?
  4. Hat der Videobeweis so überzeugt, dass er in der Bundesliga eingeführt werden sollte?

Marco Rose (Salzburg)

1. Es war eine sehr friedliche WM. Ich möchte da jetzt gar nicht von Überraschung sprechen, aber das ist mir positiv aufgefallen.

2. Keine Parallelen. Die Arbeit bei der WM ist mit der einer Klubmannschaft nicht zu vergleichen.

3. Wie Eden das Spiel der Belgier in die Hand nimmt und antreibt, finde ich bemerkenswert.

4. Der Videobeweis hat bei der WM viel besser funktioniert als in der deutschen Liga. Er kann Sinn ergeben, wenn man bereit ist, diesen Aufwand zu betreiben.

Heiko Vogel (Sturm Graz)

1. Das Abschneiden vieler Favoriten, die früh die Segel gestrichen haben. Das zeigt, dass die Fußballwelt enger zusammengerückt ist.

2. Das ist schwierig, weil man nur die Spielleistung der Teams, aber nicht die Arbeit beurteilen kann, die dahinter geleistet wird.

3. Sehr positiv Kylian Mbappé, bei seinem ersten großen Turnier so eine Leistung abzurufen. Die Willensleistung der Kroaten war beeindruckend. Dahinter kann nur ein Trainer stecken, der die Spieler auch erreicht.

4. Er ist sinnvoll, hat aber auch gezeigt, dass er nicht zu 100 Prozent wirkungsvoll eingesetzt werden kann. Etwa, als den Brasilianern bei ihrem Aus ein Elfmeter verwehrt wurde. In vielen Situationen ist er aber hilfreich.

Goran Djuricin (Rapid)

1. Ich wusste, dass die Kroaten gut sind. Aber so gut hätte ich sie nicht erwartet.

2. Variabilität und extrem gute Defensivarbeit sind 2018 entscheidend. Da können wir uns bei Rapid eine Scheibe abschneiden. Mir taugt, wie diszipliniert große Stars defensiv arbeiten.

3. Für mich war Eden Hazard der beste Spieler der WM. Ich liebe es, ihm zuzuschauen – er hat einfach alles.

4. Wenn es um die Fairness geht, ist die Antwort eindeutig: Ja! Aber das Prozedere ist noch umständlich, manchmal mühsam – und es kann die Spiele bremsen.

Oliver Glasner (LASK)

1. Es standen Teams im Halbfinale, die sich nicht über Einzelspieler definieren, sondern durch mannschaftliche Geschlossenheit. Es wurde so gut wie kein Angriffspressing gespielt, sondern meistens tief in der eigenen Hälfte verteidigt.

2. Keine neuen Erkenntnisse für die tägliche Arbeit.

3. Eden Hazard – arbeitet viel für die Mannschaft und ist im Eins gegen eins nicht zu stoppen.

4. Ja, unbedingt, schleunigst einführen in der Liga.

Ernst Baumeister (Admira)

1. Ich war überrascht, dass kaum Offensiv-Pressing gespielt wurde.

2. Für die tägliche Arbeit als Klubtrainer liefert eine WM kaum Erkenntnisse.

3. Negativ aufgefallen ist eindeutig mit seinen schauspielerischen Einlagen.

4. Die WM hat bestätigt, dass der Videobeweis noch viel besser ausgearbeitet oder konkretisiert werden muss.

Gerald Baumgartner (Mattersburg)

1. Dass so viele Topteams so früh ausscheiden und die vielen Tore aus Standards waren überraschend. Bei Taktik und oder den Spielsystemen gab es nicht viel Neues.

2. Auf alle Fälle bleibt viel gleich: Auf diesem Niveau sind die Schnelligkeit im Handeln und die Dynamik der einzelnen Spieler enorm wichtig. Auch die Spezialisten für die Standardsituationen.

3. Belgiens Teamchef Roberto Martínez punkto Taktik, Coaching und Auftreten.

4. Einige Dinge sind noch nicht ganz ausgereift, aber es wird sich durchsetzen. Bei uns ist es eine Kostenfrage.

Thomas Letsch (Austria)

1. Ich hätte nicht gedacht, dass viele große Teams früh rausfliegen. Überraschend waren die vielen Tore aus Standardsituationen. Das spricht dafür, dass alle Teams sehr gut verteidigen.

2. Es zahlt sich immer aus, die unterschiedlichen Systeme zu studieren und darauf zu achten, wie der Gegner verteidigt. Und natürlich bleiben die Standards ein Thema. Wenn sich dieser Trend in der Liga fortsetzt, dann wird man noch mehr Zeit im Training dafür aufwenden.

3. Hazard und Mbappé haben mich begeistert.

4. Es gibt noch viele Ungereimtheiten. Der Videobeweis wird die Zukunft sein, wenn er letztlich alles gerechter macht.

Werner Grabherr (Altach)

1. Überrascht wurde ich nicht, da bereits Große wie Italien und die Niederlande nicht dabei waren.

2. Die vielen Spiele haben gezeigt, wie wichtig Taktik und Athletik geworden sind. Den Unterschied machen dann die jeweiligen Akteure, da kann bei einer WM immer ein starkes Gefälle beobachtet werden.

3. Japans Teamchef Akira Nishino. Er hat kurz vor der WM das Team übernommen und hätte beinahe Geschichte geschrieben.

4. Der Videobeweis war sehr positiv zu bewerten.

Christian Ilzer (WAC)

1. Das frühe Aus von Deutschland und der Rauswurf von Spaniens Teamchef Lopetegui. Das war eine Eitelkeit des Präsidenten, die es nie geben darf auf so einem Top-Niveau.

2. In Richtung Ausbildung braucht es Spieler, die im höchsten Tempo Eins-gegen-eins-Situationen lösen und Abwehrverbünde aushebeln können.

3. Negativ aufgefallen ist Neymar. Es passt nicht zum Fußball, wenn du bei jeder Berührung Theater machst. Gefallen hat mir Belgien-Coach Roberto Martínez, wie er Situationen im Spiel erkennt und darauf reagiert.

4. Der Videobeweis führt zu mehr Gerechtigkeit. Wenn man es schafft, dass man nur in absolut spielentscheidenden Situationen darauf zurückgreift, dann sollte man ihn einführen.

Dietmar Kühbauer (St. Pölten)

1. Die Defensivarbeit. Da war Frankreich am besten. Auch die Spieler für die Offensive und Spektakel wie Griezmann, Mbappé und Giroud mussten viel nach hinten arbeiten.

2. Man sieht, wie man super verteidigt. Auch die Standards sind ein Thema. Aber Nationalteam und Klub sind zwei Paar Schuhe.

3. Neymar im negativen Sinn, ein Spieler seiner Klasse hat diese Schauspieleinlagen nicht nötig. Modric im positiven Sinn, weil er so gut wie keinen Ball verloren hat.

4. Grundsätzlich war der Videobeweis nicht schlecht. Aber es wird immer strittige Situationen geben. Vor allem, wenn der Videoschiedsrichter bei den „Großen“ nicht eingreift.

Karl Daxbacher (Wacker Innsbruck)

1. Überrascht hat mich, dass Außenseiter immer größere Chancen haben.

2. Dass immer mehr auf Kompaktheit und enge Räume Wert gelegt wird. Raum- und Zeitdruck wird für die Spieler immer größer, es wird schwieriger, Chancen zu kreieren.

3. Superstars wie Messi oder Ronaldo haben es immer schwerer, sich durchzusetzen. Mbappé ist sicher ein neuer Superstar.

4. Ich bin skeptisch. Ich denke aber, dass das typische Anfangsprobleme waren. Der Videobeweis wird nicht aufzuhalten sein. Die Erfahrungen sollten genutzt werden, um den Videobeweis weiter zu verbessern.

Markus Schopp (Hartberg)

1. Die vielen Tore nach Standardsituationen.

2. Vermehrte Aufmerksamkeit auf Details bei Standardsituationen, sowohl offensiv, als auch defensiv.

3. Der belgische Coach Roberto Martínez.

4. Wann der Videobeweis angewandt wird und wann nicht, war nicht immer nachvollziehbar. Aber er sollte so schnell wie möglich in Österreich eingeführt werden.

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