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Fabiański: Polens geduldiger Schlussmann

Fabiański: Polens geduldiger Schlussmann
Goalie Łukasz Fabiański stand während seiner Karriere im Schatten Wojciech Szczęsny. Das könnte auch bei der WM so sein.

Marseille, Ende Juni 2016. Vor die Kameras des öffentlich-rechtlichen Senders TVP tritt Polens niedergeschlagener Tormann Łukasz Fabiański. Das Nationalteam verlor wenige Minuten zuvor das EM-Viertelfinale gegen den späteren Europameister Portugal nach Elfmeterschießen, muss alle Hoffnungen auf das Finale in Paris begraben. Fabiański hielt wie schon im Achtelfinalelfmeterschießen gegen die Schweiz keinen einzigen Strafstoß und übernahm im TV-Studio unter Tränen die Verantwortung: „Ich mache mir Vorwürfe, weil ich der Mannschaft nicht geholfen habe. In solchen Situationen zählt man auf den Goalie.“

Der emotionale Ausbruch brachte dem als ruhig geltenden Spieler von Swansea City, der mit West Ham United in Verbindung gebracht wird, zahlreiche Sympathien ein. Wenn Polen am Dienstag um 17 Uhr (live auf ORF eins) seine Auftaktpartie gegen den Senegal bestreitet, dürfte den 33-Jährigen, der als einziger Spieler im Kader WM-Erfahrung vorweisen kann, wie bei der Weltmeisterschaft 2006 und den Europameisterschaften 2008 und 2016 auf ein altbekanntes Schicksal ereilen: die Reservebank. Der extrovertierte und nie um einen Spruch verlegene Wojciech Szczęsny gilt als Favorit von Teamchef Adam Nawałka, obwohl er die letzte Saison die Nummer zwei hinter Gigi Buffon bei bestritt. Fabiański stieg mit Swansea ab, zeichnete sich aber mit den zweitmeisten abgewehrten Schüssen (136) in der Premier League aus und spielte neun Mal zu null.

Alte Rivalen

Die Karrieren beider kreuzten sich bereits früh in einer Sportschule, später bei Legia Warschau. Der fünf Jahre jüngere Szczęsny galt schon damals als großes Talent und wechselte 2006 in die U18 von Arsenal. Fabiański wagte folgte ihm kurze Zeit später auf die Insel - 2010 wurde er im Alter von 25 Jahren Stammtorhüter. 2012 kämpften beide nicht nur um Einsätze in Arsenals Tor, sondern auch in dem der „Reprezentacja“. Polnische Fans machten sich um die Besetzung des Gehäuses vor der Heim-EM im selben Jahr keine Sorgen, weil Arsène Wenger im Verein schon die richtige Wahl treffen würde.

 

Eine Verletzungen warfen „Fabian“ zurück, er verpasste das Turnier. Später fand er wegen groben Fehlern, die ihm den unrühmlichen Spitznamen "Flappyhandski" einbrachten, bei den „ Gunners“ keinen Anschluss mehr. 2014 folgte der Schritt nach Wales. London verließ er als Spieler, der sein Potenzial nicht abrufen konnte. In sieben Spielzeiten kam er wettbewerbsübergreifend nur auf 78 Einsätze. Szczęsny wurde die Nummer eins im Klub und im Team, ließ sich nach der Verpflichtung von Petr Cech 2015 aus Mangel an Perspektiven für zwei Jahre zur Roma verleihen, ehe Juventus ihn verpflichtete.

Die ewige Nummer zwei? 

2016 schlug bei der EM die große internationale Stunde Fabiański, nach Szczęsnys Verletzung im Auftaktspiel gegen Nordirland. „Ich war frustriert, dass Wojciech die Nummer eins wurde“, sagte er dem Onlineportal weszło. „Wir haben ein freundschaftliches Verhältnis auf dem Platz, im Team verstehen wir uns auch gut. Privat geht aber jeder seines Weges. Wir kennen uns aber so gut, dass wir offen über unsere Situation sprechen und über sie auch Scherze machen.“ 

In den folgenden Spielen machte er eine mehr als gute Figur, lediglich die beiden Elfmeterschießen ließen nicht nur bei ihm, sondern auch bei Experten die Frage aufkommen, ob nicht mehr zu erreichen gewesen wäre. Krzysztof Marczyk, Journalist bei Ekstraklasa Live Park, denkt, dass Fabiański mehr Einsätzen in der WM-Qualifikation wieder den Kürzeren ziehen wird: „Gegen den Senegal ist ein frecher Goalie die bessere Wahl. Beide sind auf der Linie gleich gut, aber Szczęsny hat Vorteile im Spielaufbau.“

Fabiański sieht der Entscheidung gelassen entgegen; „Ich hole jetzt alles aus meiner Karriere heraus, was ich noch kann und bleibe geduldig. Die Entscheidung, ob ich bei meinem letzten großen Turnier spielen werde, liegt nicht in meiner Hand.“ Für den Fall eines Elfmeterschießens nach der Vorrunde wäre er jedenfalls gewappnet. In den vergangenen zwei Jahren trainierte er vermehrt die Abwehr von Strafstößen. 

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