Ex-Weltmeister Schmölzer: "Ich bin auch stempeln gegangen"
Er war vierfacher Weltmeister und ist doppelter Doktor. Vor dreißig Jahren hatte sich die gesamte internationale Ruder-Konkurrenz im Zweier-ohne-Bewerb erstmals am Wiener Christoph Schmölzer und dessen Pirat-Klubkollegen Walter Rantasa die Zähne ausgebissen. Mittlerweile sorgt Schmölzer, 56, in seiner Ottakringer Praxis dafür, dass Patienten deren Kauwerkzeuge gesund erhalten bleiben. Anlässlich der soeben in Linz eröffneten Ruder-Weltmeisterschaft ist’s angebracht, (dem am selben Tag aus den USA zurückgekehrten) DDr. Schmölzer auf den Zahn zu fühlen. Mit Fragen, die sich nicht nur auf seinen Lieblingssport beschränken.
Sie waren zehn Jahre Präsident von KADA (Karriere danach). Einer ehrenamtlichen Vereinigung, die verhindern soll, dass Sportler am Ende ihrer aktiven Laufbahn ohne Ausbildung ratlos dastehen. War der Zulauf groß?
Christoph Schmölzer: Er ist es noch immer.
Vermutlich wird KADA vor allem von Athleten kontaktiert, deren Sportarten bei Sponsoren und Medien nicht so gefragt sind?
Das hatte ich ursprünglich auch gedacht. Das Hauptklientel von KADA bilden jedoch Fußballer und auch Skifahrer.
Dabei läge doch die Vermutung nahe, dass Alpinstars und Kickerprofis das am wenigsten notwendig haben.
Im Topbereich ist die Versuchung sicher groß, dass man die Gedanken verdrängt, was in 30, 40 Jahren sein könnte. Aber es gibt Gegenbeispiele.
Nennen Sie bitte eines.
Sturm-Graz-Tormann Jörg Siebenhandl hat seinen Master absolviert. Und KADA von der Verpflichtung befreit, dies aus Datenschutzgründen zu verschweigen.
Als späterer Doppel-Doktor hatten Sie sicherlich schon während Ruderkarriere zu büffeln begonnen?
Um ehrlich zu sein, das, was ich damals dank der Erfolge im Rudersport verdiente, war mehr als das Anfangseinkommen eines jungen Arztes. Aber ich wollte mir nicht durch die paar tausend Schilling von Sporthilfe, Bundesheer usw. dazu verleiten lassen, mir die berufliche Zukunft zu verbauen. Ich bin nach der Facharztausbildung auch stempeln gegangen. Ich war beim AMS gemeldet.
Sie starteten in der Leichtgewichtsklasse. Hatten Sie nie klammheimlich damit spekuliert, mit Hilfe von Anabolika ein schwerer Bursche zu werden?
Nie. Abgesehen von ethnischen Gründen – als ein Gedopter, der irgendwann einmal bei einer Kontrolle auffliegt oder auch nur auf der Gerüchtebörse als Sünder gehandelt wird, wäre ich in meinem Beruf gänzlich unglaubwürdig gewesen.
Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem einstigen Goldpartner Walter Rantasa? Hat er ebenfalls einen akademischen Titel?
Zweimal Antwort Ja. Walter ist Magister und in Graz in leitender Position für einen Konzern tätig. Weil es in wenigen Tagen 30 Jahre her sein wird, seit wir im slowenischen Bled erstmals Weltmeister wurden, planen wir ein kleines Jubiläums-Treff mit unseren einstigen Helfern. Aber vorerst lass ich einmal die Eindrücke von einem US-Aufenthalt sacken.
Waren die Erkenntnisse denn so besonders im Trump-Land?
So landschaftlich schön die Ostküste ist – jedes Mal, wenn ich die US-Nachrichten in CNN und Fox gehört und geschaut habe, lernte ich Österreich noch mehr schätzen. Die Berichterstattung dieser amerikanischen Fernseh-Riesen empfand ich als bedenklich polarisierend. Und was New York betrifft, will ich bei allem Respekt vor dieser außergewöhnlichen Metropole festgehalten wissen: Verglichen mit New York ist die Qualität der öffentlichen Einrichtungen in Wien extrem hoch. Als Wiener weiß ich die Vorteile unserer Stadt sehr, sehr zu schätzen.
Zieht es Sie noch gelegentlich an die Alte Donau?
Natürlich. Dort staune ich immer wieder, wie gut ruderende 80-Jährige noch beinand sind. Es ist kein Zufall, dass man bei Senior-Meisterschaften die ältesten Starter im Rudern und Skilanglaufen sieht. Rudern ist wie Nordic Walking auf Wasser.
... und ein Ausgleich zur Zahnarzttätigkeit?
Einen Ausgleich haben wir Zahnärzte jedenfalls nötig. Ich habe ein Lektorat auf der Sigmund Freund-Universität, das uns erstmals mit Haltungsschäden und der Gesundheitsprävention in der Zahnheilkunde beschäftigt. Zahnärzte arbeiten den ganzen Tag in ungesunder Position. Ich möchte meine Pension gerade stehend erleben können.
Abschließend die vor jedem Großereignis unvermeidlichen Frage? Und zwar jene nach den österreichischen Medaillenchancen?
Unser heißestes Eisen ist Magdalena Lobnig. Obwohl ihr Trainer das Fach gewechselt hat und ins zivile Leben zurückgekehrt ist. In der olympische Klasse traue ich unserem Vierer ohne Steuermann vielleicht noch keine Medaille, aber eine Olympia-Qualifikation zu. Besondere Erwähnung verdienen unsere para-olympischen Boote einschließlich ihres Trainers Alexander Farkas. Ein einmaliger Idealist. Ohne ihn gebe es die Para-Boote nicht.
Porträt: Vom Doppel-Zweier zum Doppel-Doktor
Christoph Schmölzer (geboren 1962 in Wien) gewann bei Ruder–Weltmeisterschaften insgesamt sieben Medaillen, darunter vier Goldene. Ob im Doppel-Zweier oder im Doppelvierer - stets saß er mit seinem vier Jahre jüngere Klubkollegen Walter Rantasa von Pirat Wien in einem Boot. Die beiden ruderten in der Leichtgewichtsklasse.
Schmölzer erwarb den ersten seiner beiden Doktor-Titel noch während seiner Sportkarriere. Jahrelang engagierte er sich für eine Initiative, die Sportlern nach Ende ihrer aktiven Laufbahn den Einstieg ins Berufsleben erleichtern soll, Heuer hat der dreifache Vater und Zahnarzt das ehrenamtliche Präsidentenamt aus Zeitknappheit zurückgelegt.
28 Österreicher am Start, aber nur eine Medaillenhoffnung
Am Samstag wurden in Ottensheim die dritten Ruder-Weltmeisterschaften in österreichischen Gewässern eröffnet. 43 Jahre ist es her, dass es 1976 in Villach bzw. auf dem Ossiacher See die Premiere gegeben hat, 15 Jahre danach wurde auf der Neuen Donau in Wien um Medaillen gerudert. Insgesamt 29 Bewerbe werden ab Sonntag ausgetragen. Für Österreich gehen zwei Damen-Boote, sieben Herren-Boote und drei Para-Boote an den Start.
28 Österreicher sitzen in den zwölf Booten. Praktisch einzige Kandidatin auf eine Medaille ist Magdalena Lobnig. Die 29-jährige Kärntnerin hat bei den vergangenen beiden Weltmeisterschaften jeweils Bronze geholt.
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