Was waren die eindrucksvollsten Erlebnisse?
Emotional die höchsten Ausschläge gab es beim Start und im Ziel. Aber es ist natürlich fantastisch, wenn daneben ein Wal mitschwimmt, der drei Mal so groß ist wie das Boot. Das ist magisch. Diese Tiere sind sehr neugierig und schauen sich das sehr genau an, weil sonst ja nicht viel los ist.
Hatten Sie Angst?
Bei Stürmen oder bei hoher See kann man schon ein klammes Gefühl haben. Der Sturm ist ja nicht das Problem, aber die hohe See ...
Wie gefährlich war das Abenteuer?
Drei Mal war es echt knapp. Zwei Mal hatte ich einen Knockdown, das Boot war also mit dem Mast nach unten. Wenn sich das Boot dann wieder aufstellt, kann man damit rechnen, dass man keinen Mast mehr hat. Bei mir ist nichts passiert. Teilweise hat das mit guter Vorbereitung zu tun und mit dem defensiven Segeln.
Was waren die gravierendsten Probleme?
Ich hatte recht wenig Schäden. Ich habe aber auch viele Service-Arbeiten gemacht, um diese Schäden zu vermeiden. Es gab ein paar Kleinigkeiten mit meiner Selbststeueranlage, da habe ich eine Stunde gebraucht, das zu reparieren. Und das passiert gerade dann, wenn man sieben bis acht Meter hohe Wellen hat. Aber das war der einzige Defekt, den ich gleich beheben musste.
Wie ist es Ihnen körperlich gegangen?
Wenn man krank ist, macht man das gleiche wie daheim, muss aber weiter segeln. Ich war zwei Tage erkältet. Im Süden hat man vier Monate nasse Füße und Hände – die Finger und Fußnägel haben dann einen Pilz entwickelt. Wenn man von den Falkland-Inseln aus dem Süden Richtung Norden kommt, erhitzt sich die Kabine innerhalb von ein paar Tagen von 8 auf 40 Grad. Da fängt das ganze Boot an zu schimmeln. Beim Entfernen des Schimmels habe ich allergisch reagiert. Und am Schluss sind meine Konservendosen teilweise schlecht geworden, nachdem ich sie schon zwei Mal durch die Tropen geführt habe. Das hat zu Verdauungsproblemen geführt. Ich habe aber so viel Trocken-Nahrung mitgehabt, dass ich dann darauf umgestiegen bin.
Wie läuft das mit der Ernährung? Fangen Sie auch frischen Fisch?
Nein. Nuri-Sardinen war mein Sponsor, ich hatte also genug Fisch an Bord. Außerdem kann man kaum rasten, man hat keine Zeit zu kochen. Ich habe die ganze Nahrung mitgehabt. Für die ersten 40 Wochen habe ich sehr gut gegessen, ich hatte 40 Kisten mit Wochenrationen. Bei meiner Ankunft hatte ich noch immer hochwertiges Packerlessen für 120 Tage an Bord.
Trinkwasser muss man auch mitnehmen?
Ich hatte 450 Liter Wasser zum Start mit – habe aber noch einmal so viel mit Regenwasser gesammelt. Unterwegs habe ich mich aber einmal rationieren müssen, drei Wochen ist es etwas eng geworden. Dann kam zum Glück der nächste Regen, ein Tag und eine Nacht haben mir 350 Liter gebracht. Und sofort war alles wieder gut.
Welche Begegnungen hatten Sie unterwegs?
Gesehen habe ich Lanzarote, Cape Town, Tasmanien, die Stewart Inseln südlich von Neuseeland, Kap Hoorn, Trindade und die Azoren. Das heißt, ich hatte sieben Mal Land in Sicht, aber keinen Kontakt mit dem Land oder mit Menschen. Bei den Azoren war ich immerhin so nahe, dass ich Häuser gesehen habe ...
Was macht man bei Flaute?
Es regt sich immer alle paar Minuten der Wind. Da muss man durch, denn diese Hochdruck-Blasen stehen wochenlang. Das ist eigentlich sehr anstrengend, weil man um jeden Meter kämpft. Das ist fast Psychoterror. Schön war das Segeln dann, wenn der Wind gut und konstant aus einer Richtung kommt und das schon den dritten Tag. Das ist die Zeit, wo man eigentlich rastet. Da hat man ein stabiles Boot und kann auch Servicearbeiten durchführen.
Haben Sie es unterwegs bereut?
Nicht nur einmal! Es ist so lange, da kann man nicht lächelnd durchgehen. Man lebt jeden Tag fast alle Emotionen durch. Ich bin dann irgendwann dazu übergegangen, diese Emotionen einfach anzunehmen: „Okay, ich bin jetzt traurig, jetzt weine ich halt und ich weiß auch warum: Weil ich seit 200 Tagen keinen gesehen habe und weil ich grad lieber in einer Sauna sitzen würde, als in einem acht Grad kalten, nassen Boot.“ Aber darauf folgt eh gleich die nächste Emotion ... und plötzlich taucht der Wal auf.
Würden Sie es noch einmal machen?
Nein. Nein. Ich bin froh, dass ich es geschafft habe. Hätte ich es nicht geschafft, würde ich es vielleicht noch einmal probieren. Aber jetzt bin ich davon geheilt. Es ist eine tolle Erfahrung, wenn man seine Passion so leben kann und wenn man damit auch andere Menschen mitreißen kann. Ich kann der ganzen Welt empfehlen, für die Passion zu leben und sie mit anderen zu teilen.
Wie sehr hat Sie dieses Projekt als Mensch verändert?
Ich spüre mich jetzt viel besser als vorher. Ich kann besser mit meinen Stimmungen umgehen, auch anderen Menschen gegenüber. Ich würde sagen, das ist für mich das größte Plus. Und ich bin auf jeden Fall ein besserer Segler geworden.
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