Darts-Profi Mensur Suljovic und sein Problem mit dem Fokus
Mensur Suljovic hat sich als Nr. 30 der Weltrangliste für die Darts-WM qualifiziert. In seinem ersten Spiel in London am Donnerstag in der 2. Runde trifft der 50-jährige Wiener auf den 27-jährigen Belgier Mike De Decker.
KURIER: Wissen Sie überhaupt, das wievielte Mal sie bei der WM spielen?
Mensur Suljovic: Da muss ich überlegen. Es wird wohl das 15. Mal sein.
Richtig. Seit 2008 haben Sie nur einmal eine WM verpasst. Was wünschen Sie sich für diese Ausgabe?
Silvester in London zu verbringen wäre ein Wahnsinn.
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Dann würden Sie am 1. Jänner Viertelfinale spielen und hätten nach De Decker auch Michael van Gerwen, den dreifachen Weltmeister, geschlagen.
Auch wenn Van Gerwen nicht zu meinen Wunschgegnern gehört, habe ich ihn schon geschlagen. Die Bilanz ist nicht zu hundert Prozent auf seiner Seite. Auch er hatte diese Saison schon Ausreißer nach unten.
Sie erleben eine durchwachsene Saison, in der Sie etwa Gerwyn Price, die aktuelle Nummer 1 der Welt, geschlagen, aber auch gegen Nobodys verloren haben.
Ich verliere derzeit manchmal den Fokus, von einer Minute auf die andere. Da ziele ich auf den 20er und der Pfeil steckt im 12er. Dann muss ich kämpfen, dass ich mich wieder fokussiere.
Wie schaffen Sie das?
Ich trainiere viel und arbeite mit meinem Mentaltrainer.
Und das just vor der WM, die ohnehin nicht zu ihren Lieblingsturnieren zählt.
Manchmal gehe ich auf die Bühne und fühle mich, als wäre es das erste Mal. Ich habe es bei den Turnieren halt gerne ruhiger.
Da waren die Corona-Turniere für sie ideal, oder?
Mir taugt es ohne Zuschauer, aber die Weltmeisterschaft im Ally Pally ohne Zuschauer, das war doch schlimm. Die Atmosphäre dort ist einzigartig.
Zudem wird der Druck durch die jungen Spieler im größer.
Die wachsen ganz anders auf. Mittlerweile gibt es so hohe Preisgelder, dass sich ein guter junger Spieler schon früh voll auf Darts fokussieren kann.
Also werden die älteren Profis bald weg sein?
So ist es auch wieder nicht, wenn man sich anschaut, wie wenige Junge sich tatsächlich in den Top Ten festsetzen konnten. Sie sind vielleicht im Kopf ein bisschen stärker als wir, aber in unserem Sport ist Routine auch enorm wichtig.
Vermissen Sie vergangene Darts-Zeiten, war das Leben auf der Tour anders?
Früher mussten wir uns um alles kümmern, um Hotels, Reisen, die Anmeldung für die Turniere. Durch die höheren Preisgelder können sich viele ein Management leisten, das solche Dinge erledigt.
Nach drei Jahren ist wieder Stimmung bei der Darts-WM im Alexandra Palace
Erstmals seit 2019 ist im Alexandra Palace in London wieder volles Haus. 3.000 Fans pro Session machen bis zum Finale am 3. Jänner gewaltig Stimmung. 96 Spieler nehmen an der WM teil, 64 spielen in der 1. Runde und treffen in der 2. auf einen der besten 32 der Weltrangliste. Die haben manchmal Anlaufschwierigkeiten, in Turniermodus zu kommen. So gab am Montag Gerwyn Price, Nr. 1 der Welt, den ersten Satz gegen Woodhouse ab, siegte aber danach sicher mit 3:1.
Blickfang war bisher der 20-jährige Niederländer Danny Jansen, dessen Spitzname sich auf seine Frisur bezieht. „The Mullet“ wird Jansen genannt, weil er einen Mullethead hat, eine Vorne-kurz-hinten-lang-Frisur. Vokuhila, offenes Hemd, Halsketten – der Niederländer wirkte wie ein Rockstar aus den 80-er-Jahren. Eigentlich wollte Jansen Fußballer werden, spielte im Nachwuchs von Twente, zertrümmerte sich aber bei einem Unfall den Unterschenkel. Der lange Leidensweg führte ihn zum Darts und zur Nervenstärke. Jensen besiegte Paolo Nebrida 3:2, gewann den letzten Satz 3:0.
Mitten im Spiel flog eine Wespe auf den Rücken von David Cameron. Der 53-jährige Kanadier holte mit dem unerwarteten Glücksbringer gegen den Engländer Ritchie Edhouse ein 0:2 noch auf und gewann 3:2. Mittlerweile ist die Wespe, mit dem Namen „Ally-Pally-Wespe“, in der Darts-Szene ein fester Begriff. So hatten beispielsweise schon Jamie Lewis, Gary Anderson, Mensur Suljovic oder Ron Meulenkamp mit dem Insekt zu kämpfen.
Aber die engen Freunde von einst gibt es nicht mehr?
Früher war es freundschaftlicher. Wobei es echte Freunde auch damals nicht gegeben hat, denn letztlich schaut jeder auf sich selbst. Aber es stimmt schon, wir sind öfters zusammen gegessen, haben in denselben billigen Hotels gewohnt.
Sie wurde heuer 50. Wie lange wollen Sie noch spielen?
Es macht nach wie vor Spaß, gesundheitlich geht es mir besser. Und unseren Sport kann ich sicher noch ein paar Jahre machen. Raymond von Barneveld hat nach zwei Jahren Pause ein Comeback gegeben und hätte sich schon dieses Jahr als 32. für die WM qualifiziert. Auch Gary Anderson und Simon Whitlock sind schon über 50 und noch immer Weltklasse.
Die Weltrangliste ergibt sich durch die Preisgelder der letzten zwei Jahre. Da haben Sie nicht viel zu verteidigen.
Das ist mein Vorteil. Von März bis August 2020 habe ich kein einziges Turnier bestritten. Ich hoffe, dass ich gesund bleibe, der Rest kommt von alleine.
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